Liebe Unerwuenscht
Sarah die Nacht zu Hause verbracht hatte? Jennifer versuchte es auf dem Handy. Das schaltete sofort um auf die Mailbox.
»Verdammt!« Und nun? Später noch mal versuchen.
Jennifer überbrückte die Wartezeit mit einer ausgiebigen Dusche, dem Ankleiden und einem, wie sie hoffte, beruhigendem Frühstück im Restaurant des Hotels. Zurück auf dem Zimmer war Jennifers erster Griff der zum Telefon. Erneut versuchte sie es bei Sarah zu Hause. Dann auf dem Handy. Mit demselben deprimierenden Ergebnis: Sie erreichte Sarah weder hier noch dort.
Seufzend wählte Jennifer Heilmanns Nummer. »Wann genau haben Sie mit Frau Wagner gesprochen?« begann sie ohne Umschweife das Gespräch.
»Frau Feiler! Wo sind Sie? Was machen Sie?« fragte der voller Aufregung. »Sie haben sich mit Ihrer Flucht keinen Gefallen erwiesen.«
Jennifer hörte gar nicht zu. »Finden Sie heraus, wo Sarah Wagner sich aufhält. Umgehend! Ich rufe Sie in zwei Stunden wieder an.«
»Aber . . .«
»Nichts aber. Sagen sie ihr, sie soll ihr Handy einschalten!«
Jennifer legte auf. Zwei Stunden , dachte sie. Eine lange Zeit, wenn man nichts anderes zu tun hatte als zu warten.
Schwester Inge fing Caroline ab, kaum dass sie durch die Tür der Station getreten war.
»Der Kommissar will, dass Sie noch einmal aufs Revier kommen. Er hat noch einige Fragen, sagte er.«
»Da muss er schon herkommen.«
»Soll ich ihn anrufen und das sagen?«
»Nein, nicht nötig. Er wird sich schon melden.«
»Er wird denken, ich habe Ihnen seine Nachricht nicht übermittelt«, befürchtete Schwester Inge.
»Was der Mann denkt, kann uns egal sein. Wir haben anderes zu tun, als nach seiner Pfeife zu tanzen. Gab es irgendwelche Vorfälle in der Spät- oder Nachtschicht?«
»Allerdings. Eine anaphylaktische Schockreaktion bei Frau Naumann, einem der drei Brandopfer, die in der Nacht reinkamen. Verbrennungen dritten Grades, fast vierzig Prozent. Wir wissen noch nicht, auf welches der Medikamente Frau Naumann so reagiert hat. Vorläufig wurden alle abgesetzt. So bekamen wir den ohnehin enorm geschwächten Kreislauf einigermaßen in Griff, aber die Frau hatte stärkste Schmerzen. Doktor Riest verordnete bis auf weiteres Morphin.«
»Bis zur ersten Hauttransplantation müssen wir wissen, was der Auslöser war«, sagte Caroline. »Allerdings wird das schwierig. Da die Frau durch den hohen Flüssigkeitsverlust ohnehin ständig schockgefährdet ist, wird es im Falle des Eintretens eines solchen schwer zu sagen, ob das getestete Medikament wirklich die Ursache war.«
»Deshalb meint Doktor Riest, wir sollten mit dem Test noch vierundzwanzig Stunden warten, ihr erst mehr Flüssigkeit zuführen.«
»Sehr gut. Informieren Sie mich, falls sich der Zustand der Frau verschlechtern sollte. Sonst noch was?«
»Ja.« Schwester Inge fuhr mit der nächsten Krankengeschichte fort. Und selbst wenn Caroline die Absicht gehabt hätte, Sasses Wunsch nachzukommen, ihn im Revier aufzusuchen, darüber hätte sie es vergessen.
Aber Sasse brachte sich in Erinnerung. Er tauchte unangemeldet im Krankenhaus auf. Caroline bot ihm an, in ihrem Büro zu warten, was er mit saurer Miene akzeptierte, um ihr eine halbe Stunde später vorzuwerfen: »Nicht nur, dass Sie die Verdächtige laufen lassen, jetzt weigern Sie sich auch noch, mit uns zusammenzuarbeiten.«
Caroline blieb die Ruhe selbst, setzte sich in ihren Stuhl, sah Sasse an. »Seit wann gehört es zu den Aufgaben eines Krankenhauses, Verdächtige festzuhalten? Zumal die Schuld Frau Feilers lange nicht bewiesen ist.«
»Die Indizien sind mehr als ausreichend. Was der Staatsanwalt auch so einschätzt. Sie hegen offenbar eine Sympathie für Frau Feiler. Davor kann ich nur warnen.«
»Was wollten Sie mich denn nun noch so Wichtiges fragen?« ging Caroline über Sasses Rat hinweg, der, wie sie ja wusste, nicht wohlgemeint, sondern lediglich dessen persönlicher Abneigung zu Jennifer geschuldet war.
»Wie ist Ihre Meinung als Ärztin? Kann Frau Feiler, mit der Verletzung die sie hat, so kurze Zeit nach der Operation ganz ohne medizinische Hilfe auskommen, ohne Medikamente? Oder muss sie einen Arzt aufsuchen?«
»Es wäre das beste für sie, sie täte es. Aber müssen – nein. Nicht sofort zumindest. Ich nehme an, Frau Feiler wird sich in einer der zahlreichen Apotheken der Stadt ein paar Schmerzmittel besorgen. Sehr aufwendig, die alle zu überwachen, nehme ich an.«
Sasse schaute zerknirscht drein. Caroline erriet, sie hatte den Nagel auf den
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