Liebe – wie im Maerchen
wiederholten Rede von Heirat immer noch nicht als die nächstliegende akzeptierte.
"Es heißt, dein Vater sei wieder krank", stellte sie fest, wobei sie die Dose mit Raschids Lieblingstee aus dem Schrank holte.
"Er muss sich einer Herzoperation unterziehen", bestätigte Raschid.
"Aber er weigert sich, dies zu tun, bevor ich nicht sicher verheiratet und offiziell als sein Nachfolger eingesetzt bin."
"Was nicht möglich ist, wenn du mich heiratest."
"Ich müsste lügen, wenn ich behauptete, man wird begeistert sein", räumte Raschid ernst ein. "Aber mit der Zeit wird man sich an den Gedanken gewöhnen. Wir alle", fügte er hinzu.
Mit anderen Worten, ich auch, dachte Evie. Sie stellte die Teekanne zurecht, eine kleine Silberkanne, die Asim ihr vor einem Jahr geschenkt hatte, als sie ihn überredet hatte, ihr die Zubereitung des Minzetees nach traditionell arabischer Art zu zeigen. Das Geschenk war eine nette, freundliche Geste gewesen. Aber selbst Asim, der sie sicherlich mochte, würde vor Entsetzen erstarren, wenn sein Herr und Meister sie tatsächlich heiraten würde.
"Ich werde dich nicht heiraten, Raschid", sagte sie und löffelte die hellgrünen Teeblätter in die Kanne. "Es wäre falsch für mich und eine Katastrophe für dich."
"Was meinst du mit Katastrophe?"
Evie seufzte. "Die Stabilität deines Landes basiert auf seinen muslimischen Wurzeln. Deine Heirat mit einer Christin würde diese Wurzeln schwächen. Genau deshalb hat ja die entfernte Cousine während der ganzen Zeit, die wir zusammen waren, immer im Hintergrund gedroht."
Raschid stritt es nicht ab, und Evie hätte am liebsten geweint. "Und nun erkläre mir bitte, warum es für dich falsch wäre."
Sie atmete tief ein. "Du würdest mich ersticken. Die ganze Situation würde mich ersticken. Einer muslimischen Ehefrau werden erhebliche Einschränkungen auferlegt - schon gar einer, die man missbilligt, wie es bei mir der Fall wäre. Ich könnte so nicht leben."
"Und was ist mit dem Kind? Was würde mit ihm geschehen, während du dich vor einer einengenden Ehe und mein Land vor dem Zusammenbruch schützt?" fragte Raschid gereizt. Ihre Darlegung gefiel ihm offensichtlich nicht, aber er konnte keine bessere vorweisen.
"Vielleicht ist es kein Er, sondern eine Sie", gab sie lächelnd zu bedenken. "Was kein so großes Problem wäre, oder?"
"Wir sind keine Barbaren, Evie", erwiderte er scharf.
"Freut mich zu hören." Sie goss das kochende Wasser in die Teekanne. "Sag, was würde dein Volk davon halten, dass nach unserer möglichen Heirat ein zur Hälfte englischer Junge vielleicht dein Erbe wäre?"
"Er wird mein Erbe sein, ob wir heiraten oder nicht", sagte Raschid so heftig, dass Evie entsetzt herumfuhr.
"Nein, Raschid!" protestierte sie. "Du ..."
"Pass auf!" rief er warnend.
Doch es war zu spät. Evie schrie auf, als ein furchtbarer Schmerz sie durchzuckte. Sie hatte nicht bedacht, dass sie immer noch die Teekanne in der Hand hielt. Ihre heftige Bewegung hatte ihr den kochend heißen Tee über den Arm schwappen lassen.
Raschid stand sofort neben ihr und schob sie energisch zur Spüle.
Im nächsten Moment rann eiskaltes Wasser über ihre verbrühte Haut.
Evie hatte die Augen geschlossen und zitterte am ganzen Körper.
Wenn Raschid sie nicht gehalten hätte, wäre sie wahrscheinlich zu Boden gesunken.
"Hast du dich noch irgendwo anders verbrüht?" fragte er schroff.
Sie schüttelte stumm den Kopf, überwältigt vom Schmerz und vom Schock.
"Du Närrin!" schimpfte Raschid, wobei er ihren Arm unbarmherzig weiter unter das eiskalte Wasser hielt. "Habe ich dich um Tee gebeten? Ich hätte es kommen sehen müssen! Immer wenn du die unnahbare Eisprinzessin spielst, hast du in Wirklichkeit große Mühe, Fassung zu bewahren."
Nun, ihre Fassung hatte sie jetzt restlos verloren! Ihr Arm schmerzte unerträglich und ihr Herz ebenso. "Ich ... werde dich nicht heiraten!" schluchzte sie.
Raschid hatte das Waschbecken voll laufen lassen, drückte ihren verbrühten Unterarm in das kalte Wasser und drehte den Wasserhahn zu. Evie beugte sich matt und zitternd über die Spüle. So verharrte sie, den Arm im Wasser, ein Häufchen Elend. Raschid ließ sie so stehen und eilte die Treppe hinauf. Einen Moment später war er wieder zurück mit dem Erste-Hilfe-Kasten aus dem Bad und einem weißen Handtuch. Beides warf er wütend auf die Ablage neben der Spüle.
Dann hob er vorsichtig Evies Arm aus dem Wasser und bettete ihn behutsam auf dem weißen Handtuch.
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