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Lieber einmal mehr als mehrmals weniger

Lieber einmal mehr als mehrmals weniger

Titel: Lieber einmal mehr als mehrmals weniger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Moor
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Rand der Fensteröffnung.
    «Ach, du bist das», entfuhr es mir. «Tag, Krüpki.»
    «Ja, ich bin das», schrie er. «Hast mich nicht erkannt? Das ist nun schon das dritte Mal, dass ich hier langfahre, Mensch. Aber du kriegst ja wieder gar nüscht mit vom Rest der Welt, wa!»
    «’tschuldige, Krüpki, ich hab dich echt nicht erkannt. Wo ist denn dein rostroter Suzuki?»
    «Weggeschmissen, den Schrott. Det ist mein Neuer jetzt, sieht gut aus, wa?»
    «Na, ja … Aber so kann ich dich ja nicht erkennen, sonst hätte ich natürlich gegrüßt, ich schwöre.» Das kann doch nicht sein, dass der so sauer ist, bloß weil ich nicht gewunken habe, überlegte ich. Er kann manchmal schon ein wenig eigenartig sein, unser guter alter Krüpki!
    «Was haste denn mit deiner Grüßerei? Das ist mir doch piepegal, ob du grüßt oder nicht. Ich will wissen, und zwar auf der Stelle, warum du hier mitten auf der Straße rumstehst mit deiner Karre und vor dich hinstarrst wie ’n Totalverlust!»
    Ein leises schlechtes Gewissen befiel mich ob meines abweisenden Verhaltens von vorhin.
    «Das war nicht gegen dich, Krüpki, also nicht persönlich gegen dich, ich wusste ja nicht, dass du das bist. Ich wollte einfach nur für mich sein.»
    «So, für sich wollte er sein, der Herr, nur für sich, wa? Du lebst hier in einem Dorf, Mensch! In Amerika ist man nicht für sich alleine, da ist man auch für andere, da gibt’s nämlich so welche wie mich, die was schnallen, wenn was ist, verstehst de? Aber bitte, bitte, wenn de für dich alleene sein willst, bitte, dann geh nach Berlin zu die Buletten, da guckt keener auf dich, die sind auch alle nur für sich und sonst für keen’n!»
    «Ich will doch nicht
immer
für mich sein.» Langsam wurde mir das zu viel: So ein Aufstand wegen
einmal
nicht grüßen! «Ich wollte nur jetzt eben mal für ein paar Minuten für mich alleine sein, Mensch, Krüpki, das ist doch kein Verbrechen!»
    Er kniff seine Äuglein zusammen und sagte bedrohlich leise: «Kommt drauf an, mein Guter. Kommt ganz drauf an, wozu du für dich alleine sein wolltest. Und ob du was
für
dich alleine vorhast oder alleine was
gegen
dich, wa? Wat für ’ne verdammte Scheiße planst du da, alleine mitten auf der Landstraße, hä? Raus mit der Sprache, wat soll das werden am Ende, hä?»
    «Nichts», machte ich. Die klassische Antwort all derer, die sehr wohl was im Schilde führen. Und zwar nichts Gutes.
    «Himmel noch mal», brüllte Krüpki. «Willst du, dass ich aussteige und dir die Ohren langziehe? Verarschen kann ich mir selber. Warum stehste hier rum, will ich wissen, und starrst vor dich hin, wie ’n Gaul vorm Schlachthof?»
    «Wegen der Füchse.»
    «Wegen wem?»
    «Wegen der Füchse», wiederholte ich.
    «Was hast du mit welchen ‹Füchsen› zu schaffen und wer sind die, verflucht! Pfadfinder-Pimpfe, oder was? Nu lass dir doch die Würmer nicht einzeln aus der Nase ziehen!»
    «Na ja, ich war auf dem Nachhauseweg, und da sah ich die Füchse da drüben in der Wiese.» Ich deutete auf die Stelle hinter Krüpkis Auto.
    «Ach
so
’ne Füchse meinst du. Hör mal, das weiß ich selber, dass da wieder die Scheißfüchse rum sind. Und? Ist das ’n Grund, trübsinnig zu werden? Oder haste am Ende vielleicht einen totgefahren, dann geb ich mit Freude ’n Schnaps aus!»
    «Nein, ich hab sie beobachtet.»
    «Be-o-bach-tet?» Krüpki konnte es nicht fassen. «Wozu? Warum? Wieso? Biste unter die Jäger gegangen? Willste welche schießen, oder was? Warum beobachtest du in drei Teufels Namen die Scheißfüchse?»
    «Na, sie haben gespielt! Eine Füchsin mit drei Welpen, und ich hab ihnen dabei zugesehen …»
    «Was? Junge hat se jetzt, die Schlampe? Und du siehst da auch noch zu?»
    «Ich hab noch nie eine Fuchsfamilie … in freier Wildbahn und …»
    «Was sagt man denn dazu?» Krüpki hob verzweifelt beide Hände hoch und ließ sie schwer auf sein Lenkrad fallen. «Freut sich über Füchse in freier Wildbahn. Hör mal, die Scheißviecher haben mich letzten Monat fünf Hühner gekostet, sind eingebrochen ins Gehege, wa, haben sich unterm Maschendraht durchgegraben, und zack, fünf Legehennen! Kaputt, fünf Stück, die Drecksviecher.»
    «Na ja, tut mir leid, Krüpki, aber die Fähe hat ja drei Junge zu ernähren, und da muss sie eben …»
    «Was muss sie da?», unterbrach Krüpki, seine Lautstärke erreichte Sirenenpegel. «Meine Hühner muss sie da? MEI - NE Hühner?» Krüpki schaute mich an, als wäre ich vollkommen irre

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