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Lieber Feind

Lieber Feind

Titel: Lieber Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Webster
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Dir etwas zu klatschen.
    Erinnerst Du Dich an die Erdnüsse, die Gordon Hallock geschickt hat? Ich war, als ich mich dafür bedankte, so liebenswürdig, daß ich ihn zu neuen Leistungen anstachelte. Er hat sich offenbar in einen Spielzeugladen und ohne Vorbehalt in die Hand eines zielbewußten Verkäufers begeben. Gestern setzten zwei kräftige Dienstmänner in unserer vorderen Halle eine Expreßkiste ab, die voller teurer Wolltiere war, — bestimmt, von den Kindern reicher Leute verbraucht zu werden. Sie sind nicht gerade das, was ich gekauft hätte, wenn ich ein Vermögen hätte ausgehen können, aber meine Kinder finden sie zum Lieben. Die Kleinen nehmen nun Löwen, Elefanten, Bären und Giraffen mit ins Bett. Ich weiß nicht, was für eine psychologische Wirkung das haben wird. Glaubst Du, sie werden, wenn sie groß sind, alle zum Zirkus wollen? 0 je, hier ist Miß Snaith, um einen gesellschaftlichen Besuch zu machen.
    Adieu
    S.

    PS. Der verlorene Sohn ist zurückgekehrt. Er schickt seinen gehorsamsten Diener und ein dreifaches Schwanzwedeln.

John-Grier-Heim,
    7. April.
    Meine liebe Judy!
    Ich habe gerade eine Denkschrift über handwerkliche Ausbildung für Mädchen gelesen, und eine zweite über die richtige Diät für Anstalten, — das richtige Verhältnis von Proteinen, Fett, Stärke usw. Bei der heutigen wissenschaftlich fundierten Wohltätigkeit, wo jede Frage eingeordnet ist, kann man eine Anstalt nach der Tabelle führen. Ich verstehe nicht, wie Mrs. Lippett alle die Fehler machte, vorausgesetzt natürlich, daß sie lesen konnte. Aber es gibt einen wichtigen Zweig der Anstaltsarbeit, der noch nicht behandelt wurde. Zu dem trage ich persönlich das Material zusammen. Eines Tages werde ich eine Denkschrift herausgeben über „Leitung und Kontrolle von Aufsichtsräten“.
    Ich muß Dir einen Witz über meinen Feind erzählen, nicht über den ehrenwerten Cy, sondern über meinen ersten, meinen ursprünglichen Feind. Er hat ein neues Betätigungsfeld entdeckt. Er sagt in vollem Ernst (alles, was er sagt, ist ernst; er hat noch nie gelächelt), daß er mich seit meiner Ankunft genau beobachtet hat, und obwohl ich keine Ausbildung habe, und töricht und schnippisch bin (sic), glaubt er nicht, daß ich wirklich so oberflächlich bin, wie ich zuerst wirkte. Ich habe eine fast männliche Fähigkeit, eine Frage in ihrem ganzen Umfang zu erfassen und geradeswegs aufs Ziel zuzugehen.
    Sind Männer nicht komisch? Wenn sie einem das größtmögliche Kompliment machen wollen, sagen sie ganz naiv, man habe einen männlichen Geist. Übrigens gibt es ein Kompliment, das ich ihm nie machen werde. Ich kann nicht ehrlich behaupten, daß er eine geradezu weibliche Schnelligkeit der Auffassung hat.
    Obwohl also Sandy meine Fehler genau sieht, glaubt er doch, daß einige sich korrigieren lassen, deshalb hat er beschlossen, meine Ausbildung von da wieder aufzunehmen, wo das College sie liegen ließ. Eine Person in meiner Stellung sollte sich in Biologie, Physiologie, Psychologie, Soziologie und Eugenik auskennen; sie sollte die Wirkung von Irrsinn, Idiotie und Alkoholismus auf die Vererbung kennen, sollte fähig sein, den Binet Test anzuwenden und sollte das Nervensystem eines Frosches verstehen. In Verfolg welcher Ansicht er seine Bibliothek, umfassend viertausend Bände, zu meiner Verfügung gestellt hat. Er bringt mir nicht nur die Bücher, von denen er wünscht, daß ich sie lese, sondern er stellt Fragen, um sicher zu sein, daß ich nichts überspringe.
    Die letzte Woche haben wir dem Leben und den Briefen der Familie Jukes gewidmet. Margaret, die Mutter von Verbrechern, war vor sechs Generationen die erste einer fruchtbaren Linie. Ihre Nachkommen, die sich meist im Gefängnis befinden, zählen jetzt zwölf hundert. Moral: beobachtet die Kinder mit schlechter Erbanlage so sorgfältig, daß keines je die Ausrede haben kann, zu einem Jukes zu werden.
    Sobald wir also jetzt unseren Tee getrunken haben, holen Sandy und ich unser Buch vom jüngsten Gericht heraus und brüten über den Seiten auf der Suche nach alkoholischen Eltern. Es ist ein erheiterndes kleines Spiel, um die Dämmerstunde nach der Tagesarbeit zu verbringen.
    Quelle vie! Komm bald zurück und hole mich fort. Ich sehne mich nach Deinem Anblick.
    Sallie.

J.G.H.,
    Donnerstag morgen .
    Meine liebe Familie Pendleton!
    Ich habe Euren Brief bekommen und ergreife meine Feder, um Euch Einhalt zu gebieten. Ich wünsche nicht, abgelöst zu werden. Ich nehme es zurück.

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