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Liebesbrand

Liebesbrand

Titel: Liebesbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Feridun Zaimoglu
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somit das Problem aus der Welt geschafft.
    Wie wollen wir verbleiben? sagte Gabriel.
    Ich ruf’ dich an, wenn’s soweit ist, sagte der Händler und erhob sich, er verdeckte mit seinem Körper das Schild mit seinem
     Leitspruch, ich schüttelte ihm die Hand, Gabriel und ich stiegen in den Wagen und fuhren weg.
     
    Er will Baggeranhänger in sein Sortiment aufnehmen, sagte Gabriel, er weiß nicht, ob das eine gute Idee ist, deshalb ist er
     auch etwas verspannt.
    Man muß ihn auf höhere Dosis setzen, sagte ich, ich rechne immer damit, daß er mir die Nase bricht.
    Wieso sollte er das tun?
    Befedert die Pfeile, rief Gabriel plötzlich aus, denn es kommt der Wind auf, der die Feindesgesänge aus hundert mal hundert
     Lagern zu uns herbeiträgt!
    |156| Hör’ auf mit dem Blödsinn.
    Ich bin glücklich, bald habe ich mein eigenes Auto.
    Was soll ich tun?
    Mal’ dir einen Steckbrief über deine Traumfrau, sagte er.
    Sie ist es, glaube ich.
    Wie heißt sie eigentlich?
    Tyra, sagte ich, die weibliche Form von Thor.
    Interessant.
    Wieso?
    Die Frauen und ihre Namen, sagte Gabriel, sie können ja nichts dafür, ihre Eltern suchen sich möglichst originelle Namen aus.
     Aber mit der Zeit gleichen sich die Frauen ihren Namen an.
    Bei uns Männern ist es doch nicht anders, sagte ich.
    Stimmt schon.
    Und, wie klingt Tyra?
    Nicht spießig, sagte Gabriel, sie wird sich wohl selbst ihre Meinung bilden wollen, immer. Auch bei der Suche nach dem Nachfolger
     ihres Mannes. Na ja, ich bezweifle, daß du ganz oben auf ihrer Liste stehst.
    Sie hat keine Liste, sagte ich.
    Woher willst du das wissen? Du kennst sie doch gar nicht.
    Das hat sie mir in ähnlichen Worten auch gesagt.
    Und?
    Ich glaube, ich kenne sie besser, als sie wahrhaben will, sagte ich.
    So etwas Blödes habe ich schon lange nicht gehört, sagte Gabriel.
    Du hast dich doch auch in die Südländerin verliebt.
    Richtig. Und wer sitzt jetzt auf dem Beifahrersitz?
    Ich, sagte ich, und nicht sie. Ich verstehe schon. Es muß doch mal klappen, es muß doch ein einziges verdammtes Mal möglich
     sein. Ich habe mal abgerichtete |157| Flöhe gesehen, die auf Ameisen durch die Miniaturmanege geritten sind. Flöhe reiten Ameisen, stell’ dir das mal vor!
    Tu ich gerade, sagte Gabriel.
    Es wird gutgehen.
    Diese Tyra ist kein abgerichteter Floh, sagte Gabriel, ich bitte das zu bedenken.
    Er ließ das Gespräch einschlafen, natürlich, ich hätte gerne die Hand um eine scharfkantige Glasscherbe geschlossen und so
     lange gedrückt, bis das Blut durch die Finger gesickert wäre, es ging nicht vorwärts und nicht rückwärts, ich aß trank schlief,
     jeden Tag, ich sprach schwieg schluckte die Worte herunter, jeden Tag, die Worte, die ich mir zurechtgelegt hatte für den
     bestimmten Tag, fädelten sich zu immer länger werdenden Sätzen, und es ging doch nur um eine Frau unter vielen – die Zweifel
     fraßen mich auf. Wie seltsam, wie seltsam, ich sehnte mich nach meiner Liebe, ich sehnte mich danach, daß sich die Fährten
     endlich kreuzten, ich sehnte mich danach, daß die schäbigen Kulissen mir aus dem Blick rückten, Bühnenbilder, vor denen die
     Frauen und die Männer ihre Verweigerungs- und Entsagungstexte aufsagten. Wie hatte es ein Arbeitskollege von mir an der Börse
     genannt? Die Anästhesie des Moments. Genau. Er hatte seine frisch gewaschenen Hände unter den Trockner gehalten, und während
     noch das Wasser von seinen Fingern tropfte, hatte er den einzigen und wahren Grund angeführt, wieso wir alle uns in einen
     Traum einsiegelten: Man legt ein Sandkorn in die Muschel, und daraus wird eine Zuchtperle, und was fühlt das Sandkorn? Betäubt
     und selbstvergessen ist es, es fühlt nichts, die herrliche Blödheit hat es durchdrungen … Wir, mein Junge, hatte er mit einem
     Seitenblick auf mich gesagt, schöpfen Wert aus den Wunschträumen der Menschen. Im finsteren Wald macht der Förster |158| die armen Tiere kalt. Wer ist der Förster? Wer ist das arme Tier?…
    Aufwachen, sagte Gabriel laut, ich schreckte zusammen.
    Ich habe nicht geschlafen, sagte ich.
    Der Autohändler, mußt du wissen, hat früher nicht nur Kerle im Ring geprügelt, er hat auch noch nebenbei dafür gesorgt, daß
     die Kerle außerhalb des Rings gedacht haben: Der Mann vollführt keinen Eiertanz, er schlägt zu, und das war’s.
    Ein ehrlicher Faustkämpfer, sagte ich.
    So in etwa, fuhr Gabriel fort, wenn du denkst, jetzt kommt wieder eine Frauengeschichte, dann liegst du falsch. Er stellt
    

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