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Liebesbrand

Liebesbrand

Titel: Liebesbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Feridun Zaimoglu
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gelöscht, und ich sah im Dunkeln, daß sie mir Kissen und Decke auf das Sofa gelegt hatte, durch den Spalt, den
     die Gardinen freiließen, fiel ein Streifen Licht auf das Fußende des Bettes, in dem sie lag.
    Kannst du mit häßlichen Frauen schlafen? sagte sie.
    Ach, du schläfst noch nicht, sagte ich.
    Sei nicht dumm. So schnell kann doch kein Mensch einschlafen … Also, kannst du oder kannst du nicht?
    Schwierige Frage.
    Es ist die perfekte Zugewandtheit, sagte sie leise, man folgt seiner Eingebung, läßt es einfach geschehen. Du weißt nicht,
     wovon ich rede, stimmt’s?
    Nein, sagte ich.
    Man hofft, ohne zu sehen. Man erwartet, ohne seinen Augen zu trauen. Man bekennt, voller Angst und ohne zu erkennen.
    Das ist aber sehr viel auf einmal, sagte ich.
    Das Gefäß muß gefüllt werden, sagte sie und verwirrte mich, ich wußte wieder einmal nicht, woran sie wirklich dachte, wenn
     sie in eigenartigen Worten sprach, die sich wie Glaubensbekenntnisse anhörten, wie Leitsätze und Prinzipien, denen sie bereit
     war zu folgen, ein paar Tage, ein paar Wochen, bis eine neue kleine Wahrheit sie andere eigenartige Worte sprechen ließ.
    Bist du eingeschlafen?
    Nein, sagte ich.
    Überlegst du nachts vor dem Schlafengehen, was du morgens anziehst? Ich lege meine Kleider immer auf den Sessel.
    |228| Ich entscheide mich am nächsten Tag.
    Du greifst wahllos in den Garderobenschrank? sagte sie.
    Das nicht, sagte ich, Hemd, Pullover, Hose – über mehr muß ich nicht nachdenken.
    Schade, flüsterte sie.
    Wieso?
    Ich dachte, du bist ein überlegter Ästhet.
    Darüber mußte ich lachen, ich konnte mich nicht beherrschen, und bestimmt funkelte sie mich jetzt an oder überlegte sich die
     nächste verwirrende Frage, ich drehte mich auf dem Sofa auf die Seite und schaute in ihre Richtung, ich konnte erkennen, daß
     sie auf dem Rücken lag und die Decke bis zum Hals hochgezogen hatte, sie drehte mit den Fingern Locken in ihr Haar.
    Es gibt da einen Mann, sagte sie, der hört sich an wie diese Männer nach einer Kehlkopfoperation, ich meine, er spricht, als
     hätte er sich den Krebs im Hals wegmachen lassen. Sie hat ihn kennengelernt …
    Wer?
    Meine Freundin, die den Männern Lust verschafft und damit ihren Lebensunterhalt verdient, sagte sie, sie hat ihn kennengelernt,
     sie fand ihn und vor allem seine rauhe Stimme exotisch, und sie sagte sich: Ich habe nichts dagegen, mit ihm ins Bett … zu
     steigen. Sagt man es so?
    Man sagt es so.
    Sie tut es also. Eine normale Sache. Es fällt ihr auf, daß er nicht eifersüchtig ist. Daß er sie nicht gängelt. Das hätte
     sie eigentlich mißtrauisch stimmen sollen. Sie empfand keine große Liebe für ihn. Immer große Liebe, bei jedem Mann, kann
     schädlich sein. Dann hat er sie gefragt, ob sie viel Geld verdienen wollte? Sie wollte.
    Ist es jetzt ein gutes oder ein böses Ende? sagte ich.
    |229| Ich sah, wie sie sich im Bett aufrichtete, statt einer Antwort schüttelte sie ihr Kissen auf und stopfte es sich hinter den
     Rücken, und ich fragte mich, ob ich zu weit gegangen war, man konnte nie wissen, der geringste Zweifel an einer kleinen Wahrheit
     könnte mir als Fehltritt ausgelegt werden.
    Es ist ein Anfang, sagte sie, meine gewesene beste Freundin, das muß ich zugeben, ist kein sehr netter Mensch. Ich weiß nicht,
     ob ich davon erzählen soll …
    Wie du willst, sagte ich.
    Ich will, sagte sie, aber erst will ich folgendes: Du schläfst auch in diesem Bett. Du schmiegst dich an mich. Du legst den
     Arm um mich. Du umfaßt meine rechte Brust.
    Oh, sagte ich.
    So kann ich am besten einschlafen, sagte sie.
    Ich stand auf, tastete mich um das große Bett herum, sie lüpfte die Decke, und ich legte mich auf die linke Seite, sofort
     schob sie sich an mich heran, ich formte mit meinem Körper eine Kuhle, in die sie sich einschmiegte, dann faßte sie mich am
     Handgelenk, führte meine Hand unter ihr enges Oberteil, und meine Hand umschloß ihre Brust.
    Ist es angenehm? sagte sie.
    Ja, flüsterte ich.
    Mehr Intimität werde ich nicht zulassen, sagte sie bestimmt.
    Gut.
    Du darfst nicht mit meiner Brustwarze spielen, du darfst sie nicht streicheln. Das ist intim.
    Gut, wiederholte ich.
    Ich hörte ihre Armbanduhr, die sie neben die Sonnenbrille auf den Boden gelegt hatte, in den Nebenzimmern war es still, kein
     eingeschalteter Fernseher, kein Radio, keine aufgedrehte Dusche, die Hotelgäste saßen |230| in dieser Sommernacht auf den Caféterrassen, und ich hörte auch nicht den

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