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Liebesdienst

Liebesdienst

Titel: Liebesdienst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Jacobson
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vorzuhalten, wie unlogisch diese Tränen waren, wenn es denn ehrliche Tränen der Reue waren. Aber es war uns beiden klar, dass ich an der Wunderlampe gerieben hatte, wohl wissend, was daraus hervorkommen würde, und dass ich den ersten, vielleicht sogar den zweiten meiner drei Wünsche gewährt bekommen hatte.
    Â»Du kannst jetzt nicht mehr zurück, Felix« – das sagte sie nicht, jedenfalls nicht so deutlich.
    Trotzdem hinterließ sie bei mir den Eindruck, dass es in dieser Sache kein Zurück mehr gab. »Ich habe dich vor mir gewarnt«, sagte sie, oder irgendwas in dem Sinn.
    Eigentlich gehörte Marisa nicht zu den Frauen, die als Ungeheuer sexueller Unbeständigkeit auftreten und die Männer warnen, sich vor der Unbescheidenheit ihres Herzens zu hüten. Dass sie es jetzt nachholte, beunruhigte mich. Wie sollte ich das verstehen? Dass sie liebeskrank war? Dass Marius jetzt für immer bleiben würde? Dass er für sie unverzichtbar geworden war?
    Â»Ich bitte dich nicht, auf ihn zu verzichten.« Auch etwas, das ich nicht sagte.
    Aber ich wurde wie ein Kind in den Armen gewiegt und spürte wie ein Kind all die grausamen Widersprüche des Lebens.
    Ich ergriff die Gelegenheit, während ich an ihrer Brust lag, ihr endlich von dem kubanischen Arzt zu erzählen. Vielleicht würde das etwas erklären oder mir mildernde Umstände geben.
    Sie lachte. »Was für ein geiler Sack«, sagte sie.
    Â»Wer? Er oder ich?«
    Â»Ihr beide.«
    Â»Deine Schuld, dass du einen so schönen Busen hast.«
    Â»Schöne Busen gibt es zuhauf, Felix.«
    Â»Schöne vielleicht, aber deiner ist nicht nur schön. Deiner ist eloquent. Er ist wie eine Ankündigung deiner Person. Dein Busen ist dein Prolog, Marisa.«
    Â»Ein Prolog wozu?«
    Â»Zu dir. Zu dem Rätsel deiner Person. Deswegen ist es jedes Mal ein Schock, dich anzusehen. Eigentlich müsstest du einen Raum rückwärts betreten. Von vorne betrachtet, versprichst du zu viel. Es schmerzt mir in den Augen, dich zu sehen. Schon immer.«
    Â»Dann mach die Augen zu.«
    Â»Das habe ich versucht. Aber ich sehe immer nur den Kubaner vor mir, der deinen Körper ergründet. Ein toller Anblick, Marisa! Die Hände eines anderen Mannes …«
    Â»Ruhig, Felix.«
    Â»Nein. Ich will nicht ruhig sein. Wenn man das einmal gesehen hat, kann man nicht mehr ruhig bleiben – bis man es wieder gesehen hat.«
    Â»Na, dann gebrauch deine Fantasie.«
    Irgendwie einigten wir uns darauf, bevor wir ins Bett gingen, dass Marius ab jetzt zu uns nach Hause kommen sollte, während ich im Geschäft war. Es sollte die ungeklärte Situation, unter der wir beide litten, entspannen. Er würde zu uns kommen, und wir beide hätten unseren Frieden. Nur müsste ich auch wirklich wissen, auf was ich mich einließe.
    Â»Auf was ich mich einlasse?«
    Â»Ja, Felix, du. Auf was du dich einlässt.«
    Â»Doch wohl eher du«, sagte ich. Was sie nach langer banger Pause als Ja interpretierte, ja, ich wisse, auf was ich mich einließe.
    Ob Marisa damit auch so etwas wie eine elterliche Beruhigung beabsichtigte, dass ich nicht alleingelassen würde, dass ich jederzeit wissen würde, wo sie wäre, dass sie meine Frau bleiben und weiter mit mir unter einem Dach leben würde, kann ich nicht mit Gewissheit sagen. Doch ich kam mir vor wie ein Kind, dem man die Trennung schonend beibringen wollte.
    Außerdem wollte sie mich – wenn auch zu ihren Bedingungen, ihren Einschränkungen unterworfen und innerhalb der von ihr gesetzten Grenzen des Erlaubten – regelmäßig, zu einer festgesetzten Zeit, mit einbeziehen und, soweit Sprache das zu leisten vermag, über die Entwicklung ihrer Gefühle Marius gegenüber und der seinen ihr gegenüber auf dem Laufenden halten. Künftig würde sie für Marius die Frau und für mich die Geschichtenerzählerin sein. Wir würden verheiratet bleiben, doch unser Ehestand würde beginnen und enden, wo ihre Erzählung begann und endete.
    Wir vergossen gemeinsam noch ein paar Tränen und kehrten uns dann den Rücken zu. Ich war nicht stolz auf mich, hatte ich mich doch keineswegs wie der Revolutionär der Sexualität aufgeführt, für den ich mich hielt. Aber manchmal heiligt der Zweck die Mittel. Alles in allem, fand ich, war es so gekommen, wie ich es mir gewünscht hatte. Gespannt, aber guten Mutes schlief

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