Liebesdienst
egal, oder?«
»Mir wäre das nicht egal. Ich würde ihm eine verpassen.«
»Wozu ihm eine verpassen? Er hat nichts getan, was Sie und ich nicht auch tun würden. Sie ist diejenige, die den Ãrger macht.«
Er sah zu ihr hinüber und schüttelte den Kopf. Gerade beugte sie sich wieder vor, ihre Brüste ruhten dabei auf der Tischplatte, und sie bot ihm ihren Mund wie ein Vogeljunges dar. »Und sie kann das machen, obwohl sie weiÃ, dass Sie sie beobachten?«
»Sie vergisst, dass ich da bin. Sagt sie jedenfalls.«
»Du liebe ScheiÃe!«
»Genau«, sagte ich und stand auf. »Manchmal fickt sie mit ihm auf dem Boden im Wohnzimmer, während ich fernsehe.«
»Mannomann!«
Ich zuckte die Achseln und reichte ihm zum Abschied die Hand. »Tut gut, mal mit jemandem zu reden«, sagte ich. »Danke für Ihre Hilfe.«
Eigentlich war es keine Hilfe, oder, anders gesagt, es wäre keine gewesen, wenn ich Hilfe gesucht hätte. Ich wusste gar nicht genau, was ich suchte. Wahrscheinlich das zusätzliche Quäntchen Demütigung. Einen weiteren Zeugen meiner Schande. Eine Person mehr, an der sich die Empörung ausprobieren lieÃ, die ich selbst nicht empfand. Immer noch etwas mehr und noch jemand anderen. Aber es funktionierte nicht. Die Frau mit den Brüsten auf dem Tisch war nicht Marisa, und ich konnte auch nicht so tun, als ob sie es wäre. Sie verhielt sich offensichtlich so, als wäre das ganz normal für sie. Sie musste sich nicht verstellen. Wenn ich dagegen an Marisa dachte, wie sie in den Armen von Marius lag, sah ich sie immer in ihrer besinnlichen Stimmung vor mir, ernst und distanziert, in Zwietracht mit ihrer eigenen Nacktheit, und deswegen â weil Sex immer schockierend sein musste, sonst konnte sie ihn nicht genieÃen â besonders verängstigt und verlassen wirkend.
Schade nur, dass ich den Mann aus Atlanta nicht zu mir nach Hause einladen konnte, um ihm das zu zeigen.
*
An drei Nachmittagen in der Woche kam er in mein Haus, der Liebhaber meiner Frau, und blieb von vier bis sieben. Drei Stunden, das passte beiden gut, emotional wie praktisch. Beide wollten die Sache nicht ausufern lassen. Von vier bis sieben, glaubte Marius, da bestünde keine Gefahr für ihn, den Verstand zu verlieren. Und Raub am helllichten Tag, diese Vorstellung sagte ihm zu. Wenn er das vor Jahren mit Elspeth genauso gemacht hätte, wäre sein Leben anders verlaufen. Wenn er zu dem Professor gegangen wäre, um sich die Benotung seines Essays abzuholen, und geblieben wäre, um sich die Frau des Professors auszuleihen. »Jetzt bin ich an der Reihe, Professor.« Was hätte es ihm für einen Spaà gemacht, das zu sagen. »Sie können Sie wiederhaben, wenn ich mit ihr fertig bin.«
Statt sie dann am Hals zu haben, während sie zu einer alten Dame wurde.
Was das Bild der Ãbergabe betrifft, tue ich ihm unrecht. Es stammte von mir, nicht von ihm.
Vieles, was ich Marius zuschrieb, hatte eher mit mir zu tun. Diese marodierenden Melancholiker nehmen einem die Frau weg, doch selten geben sie einem das unflätige Vokabular an die Hand, das man sich im Austausch dafür sehnlichst wünscht. Das rechtfertigte, wie ich fand, das gelegentliche Bauchreden. Einmal, als ich mir gerade den Mantel anzog, rutschte mir das Wort »Ãbergabe« heraus. »Pass auf«, warnte mich Marisa. »Wir spielen hier nicht. Der Plumpsack geht um, und ich bin nicht der Plumpsack.« Sie war richtig sauer. Ich versuchte, ihr begreiflich zu machen, dass schlieÃlich ich derjenige war, der hier übergeben wurde, der aus dem Haus geworfen wurde, während sich seine Frau von einem anderen Mann begatten lieÃ, und der danach, wenn es nichts mehr gab, was sie sich von ihm hätte wünschen können, wieder heimkehren durfte. Aber so leicht lieà sie sich nicht beschwichtigen. Jeder geringste Verdacht, ich könnte Spielchen mit Marius treiben, machte sie wütend. Was sie jetzt tat, tat sie ganz für sich allein. »Dich zufriedenstellen«, rief sie hinter mir her, als ich aus dem Haus ging, »das ist vorbei.« Ein erschreckender Gedanke, der mein unersättliches verdrehtes Cuckold-Herz wärmte, als ich durch die StraÃen spazierte.
Ansonsten fügte sich der Vier-Uhr-Termin sehr gut in Marisas andere Verpflichtungen. Ihre Stunden bei Oxfam wollte sie nicht umdisponieren, und ohne die übliche vorherige
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