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Liebesdienst

Liebesdienst

Titel: Liebesdienst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Jacobson
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ein Recht dazu –, dass Sie weniger darauf achten sollten, was Sie von ihr hören wollen, als auf das, was sie Ihnen sagen möchte.«
    Â»Was soll das heißen?«
    Er nahm meine Hand und hielt sie länger als nötig fest. Schockierend, wie ich fand. Ich hielt die Luft an. So also fühlte sich Marius an. Würde er mich als Nächstes küssen? War er in ironischer Absicht gekommen, um mir die wenigen Informationen über ihn nachzuliefern, die ich noch nicht kannte, Marisa jedoch schon? Zum Beispiel das Gefühl seiner Körperlichkeit?
    Doch wenn ja, dann war das alles, was er mir nachzuliefern gedachte. Die Antwort auf meine Frage blieb er mir schuldig.
    Â»Worte täuschen«, wiederholte er. Dann war er fort.
    Ich blieb noch lange sitzen und überlegte, was er eigentlich von mir gewollt hatte.
    Das nächste Mal trafen wir uns – um es mal pathetisch auszudrücken – auf einem Friedhof.
    *
    Am Nachmittag darauf – den Zeitpunkt schrieb ich dem Zufall zu – rief Flops aus Richmond an, sie und Rowlie seien unterwegs zu mir, um ein paar Sachen von Marisa zu holen, ob ich es so einrichten könne, dass ich dann zu Hause sei.
    Â»Dann ist sie also bei euch«, sagte ich. »Geht es ihr gut?«
    Â»Wir reden nachher miteinander, Felix, wenn wir uns sehen.«
    Â»Geht es ihr denn gut?«, wiederholte ich meine Frage, als ich den beiden die Tür öffnete.
    Rowlie wich meinem Blick aus, Flops dagegen starrte mich an, als könnte sie mich nicht ausstehen. »Natürlich geht es ihr nicht gut«, sagte sie.
    Ich nahm das als Hinweis auf den Kummer, für den ich der Grund war und der sich ihrer Halbschwester mitgeteilt haben musste. Wenn erst mal die Familie involviert ist, kann der Wunsch nach sexueller Ekstase, in welcher Form auch immer, nicht mehr plausibel vermittelt werden. Perversion ist kein Thema für Verwandte.
    Â»Gut, dann packe ich mal ein paar Sachen für sie zusammen«, sagte ich etwas beschämt.
    Â»Nein, Felix. Sie hat mich darum gebeten. Bitte, mach es nicht noch schwieriger für uns alle.«
    Â»Uns alle?«
    Â»Sie hat mir aufgeschrieben, was sie haben will und wo die Sachen liegen. Sie sagte, du würdest nichts dagegen haben.«
    Â»Dagegen? Natürlich habe ich nichts dagegen. Für wen haltet ihr mich?«
    Sie gab keine Antwort.
    Rowlie blieb mit mir in der Küche. Wir sprachen kaum miteinander. Fast hatte ich den Eindruck, er sollte auf mich aufpassen, damit ich es für sie alle nicht noch schwieriger machte. Ich bot ihm Tee an. Er schüttelte den Kopf.
    Â»Was Stärkeres?«
    Â»Ich muss noch fahren.«
    Und dann, als hätte der Klang der eigenen Stimme ihm Mut gemacht, sagte er: »Es steht nicht gut.«
    Â»Was steht nicht gut?«
    Â»Um Marisa.«
    Â»Was ist mit Marisa?«
    Â»Sie ist krank.« Er legte eine Hand auf meine Schulter. »Es tut mir leid.«
    Und so erfuhr ich, dass die Ärzte einen bösartigen Tumor in Marisas Brust entdeckt hatten.

    Sie hatte es mir mal vorausgesagt, kurz nachdem ich ihr die Sache mit dem kubanischen Arzt eröffnet hatte. Wir waren beide erschöpft, nach einer Nacht, in der sie mir ihre Geschichten erzählt hatte – ich erschöpft vor Seligkeit, sie vor grauen Reuegedanken so erschöpft, dass sie nicht schlafen konnte.
    Â»Was soll aus uns werden?«, sagte sie.
    Â»Wir werden alt werden und uns ewig lieben.«
    Â»Wirklich? Auch wenn mein Körper Falten wirft und meine Knie kaputt sind?«
    Â»Ich bin nicht wie er. Der alternde Körper stößt mich nicht ab.«
    Â»Noch nicht.«
    Â»Niemals.«
    Â»Woher willst du das wissen?«
    Â»Ich bin kein Mensch, der seine Meinung wie sein Hemd wechselt.«
    Â»Genau das macht mir Angst, Felix. Du wirst immer noch derselbe sein, im Bett liegen und darauf warten, dass ich frühmorgens nach Hause gehinkt komme, mit Geschichten über Männer, die mir zu Füßen liegen. Aber ich werde nicht mehr dieselbe sein. Die Männer werden mir nicht mehr zu Füßen liegen, Felix.«
    Â»Sie werden dir immer zu Füßen liegen, Marisa. Du besitzt das Geheimnis ewiger Schönheit.«
    Â»Nein!«, rief sie und richtete sich im Bett auf. Ȇberhaupt kein Geheimnis besitze ich.« Sie nahm ihre Brüste in die Hand, genauso wie damals meine Tante Agatha, um alle Männer zu beschämen, die den Namen Quinn trugen. »Nicht die Männer werden

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