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Liebesdienst

Liebesdienst

Titel: Liebesdienst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Jacobson
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schwach werden, Felix, sondern meine Brüste. Schwach und schlaff. So geht das im Leben. Und wenn das alles ist, dann hast du Glück gehabt. Dem musst du ins Auge sehen. Es kann alles Mögliche passieren. Was wird dann aus uns? Wie wird dir zumute sein, wenn die Chirurgen mit mir fertig sind?«
    Â»Sprich mir nicht von Chirurgen.«
    Â»Wie wird dir dann zumute sein, Felix?«
    Â»Ich werde um dich besorgt sein. Was sonst?«
    Sie zitterte, als wäre ein eisiger Sturm durch sie hindurchgefegt. »Das sagt sich so leicht. Aber für deine Bedürfnisse brauchst du mich unversehrt. Das ist für mich Tyrannei, Felix. Ich werde entschädigt, das will ich gar nicht leugnen. Und irgendwas muss es ja auch in mir ansprechen, sonst hätte ich dich längst sitzen lassen. Du hast mich zu stark beeinflusst. Das haben Männer immer. Da bin ich wie meine Mutter. Es ist nicht deine Schuld, Felix. Du hättest mich auf andere Weise beeinflussen können. Dir ein anderes Bild von mir zurechtlegen können. Als Mutter Teresa zum Beispiel, in der Rolle wäre ich aufgegangen. Aber was ich tue, das mache ich gründlich. Ich beklage mich nicht. Doch es wäre verrückt, wenn ich mir keine Sorgen machen würde, wo es enden wird.«
    Â»Jedenfalls nicht unterm Messer. Wünsch uns keine Chirurgen an den Hals.«
    Â»Siehst du! Wünsch uns keine Chirurgen an den Hals, sagst du. Dabei wäre ich diejenige, die sie aufschnippeln würden, nicht du. Aber schon siehst du dich als verstümmelt.«
    Â»Ich spreche von meinen Gefühlen für dich, Marisa.«
    Â»Das kann ja sein. Aber du denkst dabei auch an dein Begehren.«
    Â»Jeder Mann und jede Frau muss bedenken, was für Auswirkungen die Chirurgie auf das Begehren hat.«
    Â»Aber dein Begehren ist nicht typisch für einen Ehemann, Felix. Du würdest damit klarkommen müssen, welche Auswirkungen die Chirurgie auch auf das Begehren aller anderen Männer nach meinem Körper hat. Ich kann nicht behaupten, dass es manchmal nicht auch schmeichelhaft ist, in deinen Augen die Mätresse der ganzen Welt zu sein. Mit dieser Täuschung kann ich leben. Aber die Folge ist, dass ich am Ende als das Hutzelweib oder die Amputierte der ganzen Welt dastehe.«
    Â»Marisa, was soll das!? Du bist eine junge Frau. Bis dahin hat sich die Welt längst aufgelöst oder in die Luft gejagt.«
    Â»Bis dahin, Felix? Es könnte schon morgen sein.«
    Mittlerweile war ich müde geworden, wie abgefüllt von dem, was sie mir über ihren Nachmittag mit Marius berichtet hatte, ihre makellosen Gliedmaßen mit seinen verschlungen, ihre Augen kullernd wie die einer Bacchantin, ihre Brüste in kaltem quecksilbrigem Schweiß gebadet.
    Und jetzt bekam ich sie aus Rowlies Mund – die verdiente Strafe. Man beachte die Symmetrie und den Hohn: der kubanische Arzt, abermals an Marisas Bett, nur wetzte er diesmal das Skalpell eines Chirurgen. Aber – das ist das Problem bei verdienten Strafen – es war auch Marisas verdiente Strafe, eigentlich sogar viel eher Marisas als meine. Und was hatte sie verbrochen, um eine so schreckliche Vergeltung auf sich zu ziehen?
    Mehr konnte ich Rowlie nicht entlocken. Als Flops mit einem Haufen Taschen und Schachteln die Treppe herunterkam, würdigte sie mich keines Blickes. Ich ging hinter ihr her aus dem Haus und sah ihr zu, wie sie das Auto belud. »Was ist jetzt?«, fragte ich. »Was passiert jetzt als Nächstes?«
    Â»Sprichst du von dir?«, sagte sie in gebückter Haltung, den Kopf im Kofferraum.
    Â»Nein. Von Marisa. Marisa. Was passiert jetzt? Wie kann ich sie sehen?«
    Â»Gar nicht.«
    Â»Entschuldige bitte«, sagte ich, »sie ist meine Frau.«
    Ein hämisches Lachen war die Antwort. Ich bin mir absolut sicher, dass sie im Flüsterton schimpfte: »Und von wie vielen anderen Männern noch? Dank dir!«, aber es war nicht laut genug für eine scharfe Erwiderung meinerseits.
    Rowlie saß schon am Steuer. »Schick ihr eine SMS «, sagte er kumpelhaft, als wollte er uns dabei helfen durchzubrennen.
    Â» SMS ! Ich scheiß auf SMS !«
    Aber ich rief es schon dem abfahrenden Auto hinterher.
    Ich versuchte, Marisa über ihr Handy zu erreichen, aber es war abgeschaltet. Ich rief Flops’ Nummer zu Hause an; vielleicht war Marisa da, aber sie ging nicht ran. Ich überlegte, ob ich mit einem Taxi nach Richmond fahren sollte, nahm dann

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