Liebesintrige im Herrenhaus
ein dunkler, bedrohlicher Raubvogel, der vom Himmel herabstieß. Diesmal jedoch war er mit dem Wagen gekommen. Elizabeth hatte den schnittigen Ferrari auf dem Weg zum Arbeitszimmer im Hof stehen sehen. Dennoch sah Andreas in der hellen Sommerhose und dem blassblauen Seidenhemd, das seine gebräunte Haut betonte, nicht wie ein Mann aus, der eine stundenlange Autofahrt hinter sich hatte. Er wirkte so kühl und abgeklärt wie nur möglich.
Energisch riss sie den Blick von den offenen Kragenknöpfen seines Hemds los und ließ ihn stattdessen zu den muskulösen Unterarmen und der eleganten Golduhr am linken Handgelenk schweifen. Eine mega-teure Uhr für einen mega-reichen Mann – was sie wieder auf den Grund seines Erscheinens brachte. Die Reichen schützten ihresgleichen, und es war nicht angenehm, in die Rolle des Eindringlings gedrängt zu werden.
„Wenn James seine Mittagsruhe hält, kümmere ich mich in der Regel um meine E-Mails. Manchmal entspanne ich mich auch bei einem Spaziergang im Garten.“
„Ja, ich weiß. James hat mir schon von Ihrem rührenden Interesse an der Gärtnerei berichtet. E-Mails an wen?“
„Freunde.“
„Gibt es einen Freund?“
Sie errötete. „Nein. Ist das wichtig?“
Obwohl er sich eingestand, dass das Fehlen eines Mannes in ihrem Leben ihn neugierig machte, schwieg Andreas. Wahrscheinlich lag es einfach daran, dass sie insgesamt so wenig von sich preisgab. Obwohl er zumindest ahnte, dass sich unter den nichtssagenden Kleidchen, die sie immer trug, ein ansehnlicher Körper verbarg.
Unwillkürlich richtete sich sein Blick auf ihre vollen Brüste, und er versuchte, sich auszumalen, wie sie wohl aussähen … Gänzlich unangemessene Gedanken, die er sich augenblicklich verbot.
„Alles ist wichtig“, antwortete er knapp. „An den Vormittagen überlasse ich Sie gern James, aber an den Nachmittagen werden Sie zwischen zwei und fünf für mich arbeiten. Gelegentlich werden Sie auch Überstunden machen müssen. Aber das klären wir, wenn es dazu kommt. Die Wochenenden stehen Ihnen zu Ihrer freien Verfügung. Seien wir ehrlich, Sie machen ein gutes Geschäft dabei.“
Für einen Moment hielt er inne. „Ich weiß zwar nicht genau, warum Sie hergekommen sind und kann im Moment nicht viel daran ändern … aber jetzt sind Sie nun mal hier und haben sich nach meiner Ansicht in ein warmes und bequemes Nest gesetzt. Sie verdienen grob geschätzt doppelt so viel wie in ihrem alten Job in London und haben nur die Hälfte Stress. Und sobald Sie für mich arbeiten, wird Ihnen das natürlich zusätzlich vergütet.“ Er nannte ihr eine Summe, die ihr die Sprache verschlug.
„Das … kann ich nicht annehmen. Es ist zu viel!“, protestierte sie fast erschrocken.
Als er sie prüfend ansah, war ihr Blick offen und ehrlich. „Sie wollen das Geld nicht, weil Sie sich für überbezahlt halten? Aber das ist doch verrückt!“ Irgendwie glaubte er nicht, dass sie ihm etwas vormachte.
Überhaupt musste er sich in Elizabeths Gegenwart immer wieder dazu ermahnen, nichts und niemandem blind zu vertrauen. James Greystone besaß ein beträchtliches Vermögen, und obwohl Andreas auf nicht einen Penny davon Anspruch hatte, weil sein Pate ihn auf eigenen Wunsch schon vor vielen Jahren aus dem Testament gestrichen hatte, fühlte er sich doch verantwortlich dafür, dass dieses Vermögen nicht in falsche Hände geriet.
Aber gab es eine weniger wahrscheinlichere Kandidatin für eine mögliche Erbschleicherei als diese Frau, die gerade versucht hatte, eine Gehaltserhöhung abzulehnen?
„Ich würde auch ohne Bezahlung bei James bleiben“, versicherte sie nun aufrichtig. Tatsächlich zahlte sie den größten Teil ihres Gehalts auf ein separates Konto ein, das sie an einem ihrer freien Tage eröffnet hatte. Sie wusste selbst nicht genau, warum sie das tat. Aber zumindest besänftigte es ihre Schuldgefühle, dass sie sich überhaupt bezahlen ließ, wenn sie so wenig wie möglich von dem Geld anrührte.
Vielleicht würde sie ihm das ganze Geld als symbolische Geste zurückzahlen, wenn sie ihm irgendwann die Wahrheit sagte. Im Moment verdrängte sie diese Gedanken jedoch möglichst. Aber je länger sie blieb, desto höher wuchs der Berg, den sie überwinden musste. Wie würde ihr Vater reagieren? Auch wenn er tagtäglich sichtlich kräftiger wurde, schob sie das Unvermeidliche immer weiter hinaus und redete sich ein, der richtige Zeitpunkt wäre noch nicht gekommen.
„Geben Sie mir nicht noch mehr
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