Liebesintrige im Herrenhaus
zu warten. Sein eisiger Blick verhieß nichts Gutes, doch sie war nicht bereit, sich einschüchtern zu lassen. Was konnte ihr das Urteil eines Mannes bedeuten, der die Frauen anscheinend gewissenlos benutzte und wegwarf, wie es ihm passte? War es nicht sogar unfair, Amanda ihr Verhalten zu verübeln, wenn der eigentliche Bösewicht vor ihr stand?
Darum entschied sie, dass Angriff ihre beste Verteidigung wäre. „Du hast mir nie gesagt, dass du eine Freundin hast! Mit keinem Wort! Wenn ich mich entschieden hätte, dich nach London zu begleiten – was natürlich zu keiner Zeit zur Debatte stand –, was hättest du dann mit Amanda gemacht? Sie in irgendeinem Schrank versteckt? Oder wolltest du uns beide behalten? Du behandelst andere Menschen, als hätten sie keine Gefühle, Andreas!“
„Du wagst es, mir Vorhaltungen zu machen?“, fuhr er auf. „Bevor du dich moralisch auf ein so hohes Ross setzt, darf ich dich daran erinnern, dass du eine Lügnerin bist – und wahrscheinlich sogar eine Goldgräberin, wie ich es von Anfang an vermutet hatte.“
Andreas war unbeschreiblich wütend auf sich selbst, weil er sich von ihr hatte einwickeln lassen. Hatte ihm sein Bauchgefühl nicht vom ersten Moment an zur Vorsicht geraten? Doch anstatt darauf zu hören, hatte er sich zum ersten Mal in seinem Leben völlig von seinen leidenschaftlichen Gefühlen mitreißen lassen. Bildete sie sich jetzt ein, sie könne ihn damit überrumpeln, dass sie ihn wegen Amanda zur Rede stellte?
„Hast du mit ihr geschlafen, während du schon geplant hast, mich zu verführen?“
Schuldbewusst wich er ihrem Blick aus. Aus der geplanten Verführung war eine so starke Anziehung geworden, dass er ihr nicht hatte widerstehen können, was ihn jetzt in maßlose Wut versetzte. „Derartige Fragen muss ich wohl kaum beantworten.“
„Warum sollte ich mich dann deinen Fragen stellen?“, entgegnete sie unbeirrt.
Es fiel ihm schwer, in ihr das schüchterne Mädchen wiederzuerkennen, das sich ursprünglich in James’ Leben eingeschlichen hatte. In das Leben ihres Vaters rief er sich verächtlich ins Gedächtnis. Vermutlich war ein schüchternes Auftreten dafür genau die richtige Taktik gewesen.
„Du hast dich hier im Haus unter dem Deckmäntelchen einer Betreuerin eingeschlichen, um die Lage zu erkunden“, warf er ihr eisig vor. „Und da wagst du es, mir zu sagen, du müsstest mir nicht Rede und Antwort stehen? Das ist wirklich stark! Hast du dich hier unter Vorspiegelung falscher Angaben eingeschlichen oder nicht? Woher soll ich wissen, dass du wirklich diejenige bist, die du behauptest zu sein?“
Mit ihrem Zorn schwand auch Elizabeths Kampfgeist. Ob sie es wollte oder nicht, dies war der Mann, den sie liebte, und sie ertrug es nicht, dass er schlecht von ihr dachte. „Frag James. Es gibt Details über meine Mum, die er weiß und die nur ich als ihre Tochter auch wissen kann. Die falschen Angaben tun mir wirklich leid. Ich hätte ja viel früher etwas gesagt, aber …“
„Aber?“ Andreas zweifelte nicht ernsthaft daran, dass sie die Wahrheit sagte. Das war genauso unübersehbar wie die Tatsache, dass er sich fürchterlich zum Narren gemacht hatte.
„Zuerst wollte ich James nicht aufregen. Und dann … wurde es einfach zu kompliziert.“
„Es fällt mir schwer zu glauben, dass es so schrecklich kompliziert gewesen sein soll, deine wahre Identität zu enthüllen … angesichts des beachtlichen Erbes, das für dich damit verbunden sein wird.“
Sie wurde blass und wich zurück, als hätte er sie geschlagen. Wie schnell glühende Leidenschaft doch in eiskalte Vorwürfe und tiefe Abscheu umschlagen konnte! Für Andreas gab es nur Schwarz und Weiß. Sie hatte ihn getäuscht und damit eine unverzeihliche Sünde begangen. „Ich bin nicht hergekommen, um abzusahnen, und es ist schlimm, dass du das auch nur in Betracht ziehst. Aber es dürfte mich eigentlich nicht wundern!“
Wider Willen traf ihn der Ausdruck tiefer Kränkung in ihren schönen grünen Augen mehr, als er sich eingestehen wollte. War er nicht gerade dafür gefürchtet und bewundert, dass er die Dinge leidenschaftslos und distanziert betrachtete? „Was willst du damit sagen?“, fragte er dennoch und verabscheute sich sofort wegen seiner Schwäche. „Vergiss es. Es interessiert mich nicht.“
„Ich erkläre es dir trotzdem“, blieb sie hartnäckig. „Weil du dir immer das Recht herausnimmst zu sagen, was du willst, ohne Rücksicht auf die Konsequenzen. Du hast von
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