Liebesintrige im Herrenhaus
in diesem Moment zweifellos wie eine Frau aus, die im Begriff stand, ihm eine sehr heftige Szene zu machen.
Sie betrat den Raum und winkte mit einem Bündel Papiere, bei dessen Anblick sich plötzlich der ganze Raum um Elizabeth zu drehen schien.
„Ich denke, es wäre für alle Anwesenden interessant, sich das hier anzusehen!“ Triumphierend lächelte sie Elizabeth an, die die verblassten blauen Briefumschläge in Amandas perfekt manikürten Händen natürlich sofort erkannt hatte.
„Sie haben kein Recht …“
„Oh, alle hier werden mir zustimmen, dass ich jedes Recht habe, ihnen die Augen über Sie zu öffnen! Und ich frage mich, warum Sie so lange damit hinter dem Berg gehalten haben. Hielten Sie es vielleicht für besser, dem alten Herrn erst eine Weile Honig um den Bart zu schmieren, bevor Sie Ihre Anrechte anmelden?“ Amanda sah sie spöttisch an, offensichtlich sehr zufrieden mit ihrer Rache. „Nun, ich wünsche Ihnen viel Glück.“
Nach diesen Worten machte sie anmutig kehrt, als wollte sie ihrem Exfreund noch einmal eindrucksvoll vor Augen führen, was ihm in Zukunft entgehen würde. Die Briefe ließ sie im Vorbeigehen achtlos auf den antiken Mahagonitisch fallen.
Wie erstarrt saß Elizabeth da, den Blick angstvoll auf das Bündel gerichtet. In ihrem Innern erwachte der Drang aufzuspringen, die verräterischen Briefe an sich zu nehmen und damit davonzulaufen, in dem fatalistischen Wunsch, den Dingen einfach ihren Lauf zu lassen.
Ihr wurde bewusst, dass James und Andreas sie erwartungsvoll anblickten. Andreas brach als Erster das Schweigen.
„Würdest du uns freundlicherweise erklären, was das soll?“
„Darf ich vielleicht mit James unter vier Augen sprechen?“, bat Elizabeth, doch Andreas fassungsloser Blick ließ sie diese Möglichkeit sofort verwerfen.
„Nun, dann soll es also so sein …“ Sie nahm die Briefe und reichte sie James. „Erinnern Sie sich an eine Frau namens Phyllis? Sie haben sie vor über fünfundzwanzig Jahren kennengelernt. Sie war damals zweiunddreißig und sehr verliebt in Sie, allerdings wusste sie nicht, dass Sie zu der Zeit bereits verheiratet waren.“
James atmete hörbar ein und griff mit zittriger Hand nach den Briefen. „Ja, ich erinnere mich gut“, sagte er dann ruhig. „Ich nannte sie meinen Vanille-Shake, weil sie so hellblond war und so viel Süße und Freude in mein Leben brachte.“ Er rieb sich die feuchten Augen. „Sie hatte eine niedliche Stupsnase, deiner nicht unähnlich, mein Kind. Ich … fürchte, ich schaffe es nicht, die hier sofort zu lesen. Darf ich sie eine Weile behalten?“
„Ich wollte es dir eher sagen.“ Elizabeth ging zu ihm, hockte sich neben ihn und senkte den Kopf. „Ich habe mir so sehr gewünscht, dass du es weißt. Aber als ich feststellte, dass du krank warst und ein schwaches Herz hattest … Ich habe es immer wieder aufgeschoben, bis ich mich nicht mehr getraut habe.“
Liebevoll legte James eine Hand auf ihr Haar, und sie seufzte erleichtert. All die Anspannung der letzten Monate machte sich in Tränen Luft, denen sie nun freien Lauf ließ. Gleichzeitig spürte sie, dass Andreas sie intensiv beobachtete. Was mochte er jetzt denken? Elizabeth redete sich ein, dass es ihr gleichgültig war. Für sie war nur wichtig, dass ihr Vater sie akzeptierte.
„Es … tut mir leid“, schluchzte sie.
„Mir auch, mein Liebes. Aber Reue ist Zeitverschwendung. Halten wir uns also nicht damit auf. Andreas, mein Junge, lässt du uns bitte eine Weile allein? Wir haben viel zu besprechen.“
Es dauerte zwei Stunden, bis Elizabeth das Wohnzimmer verließ. James hatte es immer noch nicht über sich gebracht, die Briefe ihrer Mutter zu lesen. Wahrscheinlich würde er es später tun, allein in seinem Zimmer. Und vielleicht würde er verlorenen Chancen nachtrauern. Sie selbst wiederum fühlte sich erschöpft, aber zum ersten Mal ganz im Frieden mit sich.
James hatte sich nach oben zurückgezogen, das Bündel Briefe fest an die Brust gedrückt.
Tief in Gedanken versunken ging Elizabeth in die Küche auf der Suche nach einer belebenden Tasse Kaffee. Ein flüchtiger Blick durch das hohe, bleiverglaste Seitenfenster in der Eingangshalle verriet ihr, dass der rote Sportwagen mitsamt seiner Besitzerin verschwunden war. Welche Ironie, dass Amanda mit ihrer geplanten Rache letztlich alles zum Guten gewendet hatte.
Auf der Schwelle zur Küche blieb sie wie angewurzelt stehen, denn Andreas schien dort mit einem Drink in der Hand auf sie
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