Liebeskind
es den anderen nicht gerade leicht gemacht. Du sollst eine ziemliche Zicke gewesen sein.“
„Als ob du das beurteilen könntest, du hattest ja viel zu viel damit zu tun, dich an Torsten ranzuschmeißen. Dabei ist er mein Freund gewesen, aber gegen dich, die langbeinige Schönheit aus der Parallelklasse, die zudem noch Zigarettenautomaten aufbrechen konnte, hatte ich natürlich keine Chance. Torsten hat mich wegen dir verlassen.“
„Das ist nicht wahr, Elsa. Außerdem habe ich dich damals doch überhaupt nicht gekannt. Und mit Torsten bin ich nie gegangen.“
„Klar hast du mich gekannt, aber eben wie alle anderen links liegen lassen. Und jetzt halt endlich still! Wenn das Seil nicht richtig sitzt, wird es länger dauern.“
„Elsa, nein!“
Anna nutzte das Geschrei aus dem Bodenraum unter sich, um in das Dachfenster zu schlüpfen. Jetzt hörte sie Paula weinen. Durch einen Spalt in der Holztür beobachtete sie, wie sich Paula auf dem Boden verbissen wehrte, während eine Frau mit langen dunkelroten Haaren versuchte, sie fortzuziehen. Das Seil um Paulas Hals lag mit seinem anderen Ende bereits über dem tragenden Holzbalken.
„Reichen die Tabletten etwa immer noch nicht? Muss ich dir noch eine verpassen, damit du endlich Ruhe gibst?“
Paula wehrte sich verzweifelt, während Elsa weiter auf sie einschlug. Als Paula endlich bewegungslos am Boden lag, zog Elsa das Seil um ihren Hals fest. Paula wimmerteund versuchte, mit ihren Händen, das Seil wieder zu lockern.
Plötzlich hörte Anna ein Krachen auf der Bodentreppe, danach einen lauten Schrei. Weber, dachte Anna und zögerte nicht länger. Sie entsicherte ihre Pistole und machte sich bereit, die Tür des Verschlages aufzutreten.
Elsa Hollstein sprang mit beiden Beinen noch einmal entschlossen auf die von Paula, dann ließ sie für einen Augenblick von ihr ab und lief ein paar Schritte auf die Dachluke zu, aus der ein lautes Poltern nach oben drang. In der einen Hand hielt sie ihr großes Messer, in der anderen das Pfefferspray. Sofort zielte Elsa damit in das Gesicht des Mannes, der soeben in der Luke aufgetaucht war, anschließend stieß sie ihn mit aller Kraft die Treppe hinunter. Im Fallen hatte Weber seine Waffe losgelassen, und Elsa Hollstein hatte sofort nach ihr gegriffen. Nachdem sie kontrolliert hatte, ob die Waffe geladen war, steckte sie das Messer ein und nahm die Pistole in die Hand.
Anna trat kraftvoll zu und stand im nächsten Moment im Raum. Sie konnte nicht wissen, dass Elsa bereits hinter der Tür auf ihren Angriff wartete. Noch bevor Anna die Situation richtig begriffen hatte, wurde ihr irgendetwas ins Gesicht gesprüht. Anna schloss die Augen, aber das Gift brannte bereits in ihnen. Sie hustete und würgte, als sie schemenhaft eine Frau auf sich zukommen sah. Wenn sie jetzt nicht handelte, würde die Lage hoffnungslos sein und Elsa Hollstein anstatt einer sogar zwei Geiseln haben sowie die Möglichkeit, mit ihnen zu tun, was immer sie wollte. Schließlich hatte sie nichts mehr zu verlieren, und Anna zweifelte nicht daran, dass Elsa, wenn sie schonsterben musste, so viele Menschen wie möglich in den Tod mitnehmen würde. Anna zielte mit letzter Kraft auf den Kopf der Frau und feuerte drei Schüsse ab, als sie plötzlich einen höllischen Schmerz in ihrer rechten Schulter spürte und zu Boden fiel.
Als Anna wieder zu sich kam, sah sie in Webers gerötetes Gesicht.
„Elsa Hollstein ist tot. Bitte verzeihen Sie mir, Anna. Ich habe mich wie ein Anfänger aufgeführt. Bleiben Sie ruhig liegen, der Krankenwagen ist gleich da.“
Anna versuchte etwas zu fragen, doch sie bekam keinen Ton heraus. Dann wurde es wieder dunkel um sie.
Elsa in Maschen, im Sommer 1987.
„Elsa komm raus!“
Als Elsa ihre Augen öffnete, sah sie, dass die Schuppentür halb offen stand und auch Torsten nicht mehr neben ihr lag.
„Worauf wartest du denn?“
Vorsichtig blinzelte Elsa aus der Tür von Torstens Schuppen, trat jetzt in das sie blendende Sonnenlicht. Vor ihr stand die gesamte Clique aus ihrer Klasse, diese ganzen coolen Leute, die sie sonst noch nie beachtet hatten. Diese ganzen coolen Leute, vor denen sie ihre Freundschaft mit Torsten immer hatte verbergen müssen. Vielmehr vor denen Torsten sich geschämt hatte zuzugeben, dass er mit Elsa befreundet war. Darüber hinaus waren auch noch ein paar Mitläufer gekommen, anscheinend gab es hier gerade etwas zu sehen. Elsa suchte Torsten in der Menge, und jetzt erst bemerkte sie, dass er es war,
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