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Liebeskind

Liebeskind

Titel: Liebeskind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Westendorf
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schreckte Rainer aus seinen Gedanken hoch.
    „War alles in Ordnung?“
    Er starrte geistesabwesend in Elfis rundes Gesicht. Dann murmelte er: „Vorzüglich.“
    Elfi grinste.
    „Ja, ist das denn die Möglichkeit, Rainer! Rainer Herold; der bist du doch, oder?“
    Die Situation begann ihm lästig zu werden. Doch nun würde er sich wohl oder übel mit dem Schaf, wie Elfi früher in der Schule genannt worden war, beschäftigen müssen. Die anderen Gäste sahen schon zu ihnen herüber. Schnell reichte er ihr die Hand, zog sie auf einen der Plätze neben sich und hoffte, dass sie von nun an etwas leiser sprechen würde.
    „Ich war mir auch nicht ganz sicher, ob du es bist, ist schließlich ein paar Tage her. Wie geht’s denn so?“
    Elfi streckte ihre Beine unter dem Tisch aus und kramte ein Päckchen Zigaretten aus ihrer weißen Kellnerinnenschürzehervor. Ein Blick in die mittlerweile deutlich geleerte Gaststube zeigte Rainer, dass dieses Gespräch dauern konnte.
    „Muss ja.“ Elfi holte tief Luft. Wie es aussah, war sie im Begriff, ihm die letzten zwanzig Jahre ihres Lebens ausführlich schildern zu wollen. Rainer Herold musste etwas tun.
    „Hat mich gefreut, dich wiederzusehen“, sagte er so galant wie möglich in den ersten Schwall ihrer Worte hinein. Dann holte er seine Geldbörse heraus und tat, als zähle er seine Barschaft.
    Elfi wurde wieder zur Kellnerin. „Das macht dann 13 Euro und 25 Cent“, meinte sie.
    Großzügig gab er ihr zwei Zehnerscheine. „Stimmt so, mach’s gut.“
    Beleidigt schob Elfi daraufhin in Richtung Küche ab. Jetzt drehte er sich vorsichtig um und sah, dass die schöne Frau ihm zuzwinkerte. Rainer zog den Bauch ein, stand auf und kam dann mit dynamischem Schritt zu ihr herüber.
    „Hat das Essen geschmeckt?“, fragte ihn die Schöne, und ihre Augen strahlten. Ein kokettes Lächeln spielte um ihren Mund.
    Rainer spürte seinen Puls schneller gehen.
    „Ja, für mich war es etwas Besonderes.“ Seine Stimme nahm einen tieferen Ton an. Dann sagte er langsam und mit geheimnisvollem Blick: „Der Geschmack der Vergangenheit.“
    Er glitt auf den Hocker neben sie.
    „Sie sind nicht von hier?“ Wieder dieses Lächeln. „Nein. Eigentlich ja, ich bin hier aufgewachsen, lebe aber seit einigen Jahren in New York.“
    „Ach so.“

    Sie schien wenig beeindruckt zu sein. Rainer musste sich etwas anderes einfallen lassen, denn schon war sie im Begriff, sich wieder Alfred, dem Wirt, zuzuwenden.
    „Sie sind aber auch nicht aus dem Ort, oder?“
    Jetzt stellte er einen seiner Füße auf der Verstrebung ihres Hockers ab. Dabei berührte sein Knie ihr Bein.
    „Meinen Sie?“
    „Sie sehen nicht so aus, als ob Sie hierher gehörten.“
    „Wie sieht man denn aus, wenn man hier lebt?“
    „Anders eben“, sein Blick streifte ihren Körper. „Sie sind bestimmt auf der Durchreise oder vielleicht vom Weg abgekommen.“
    „Glauben Sie tatsächlich, dass ich mich verlaufen habe?“
    Ihre weißen, ebenmäßig gewachsenen Zähne blitzten.
    „Nein, Sie kommen mir alles andere als verloren vor.“
    Für einen Moment sah ihm die Frau ganz tief in die Augen, und Rainer drohte das Spiel auf einmal aus den Händen zu gleiten. Er fühlte sich von ihr ertappt und senkte den Blick.
    „Ich meine …“
    Die Schöne schaute ihn noch immer an. Freundlich und aufmerksam, so wie man ein exotisches Tier in seinem Käfig im Zoo betrachtete.
    „Ja?“
    „Ich meine, Sie sind eben anders.“
    „Wie denn?“
    Rainer versuchte, sich auf das Hirschgeweih hinter ihrem Kopf zu konzentrieren. Wenn nicht bald etwas geschah, würde er anfangen zu stottern.
    Endlich streckte sie Rainer ihre Hand entgegen.
    „Angela.“
    „Ich heiße Herold, Rainer Herold.“

    „Freut mich.“
    Schon sah sie wieder in eine andere Richtung, aber er durfte jetzt nicht nachlassen. Er musste eine Frage stellen, irgendeine. Auch auf die Gefahr hin, dass es nichts Originelles wäre. Hauptsache, sie blieb weiter hier sitzen und unterhielt sich mit ihm.
    „Sie haben mir noch immer nicht gesagt, was Sie hier tun.“
    Angela schaute auf ihre Armbanduhr. „Tut mir leid, aber ich muss jetzt gehen, wenn Sie jedoch möchten, können Sie mich gern noch ein Stück begleiten.“
    Wieder dieser tiefe Blick, der Rainer verunsicherte. Doch er würde sich die Chance nicht entgehen lassen. Er würde sie begleiten, egal wohin. Obwohl er sie gerade erst kennen gelernt hatte, war er sich in einem sicher; Angela könnte die Frau sein, nach der er

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