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Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Titel: Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeruya Shalev
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nimmt eine glatte Brust aus ihrem Ausschnitt, eine braune Brust mit einer schwarzen Warze, absichtlich schaue ich hin, ohne mich zu genieren, erschrecke vor dieser Schwärze, aus der ein weißer Strahl bricht, und auch er betrachtet sie wie hypnotisiert, als habe er noch nie im Leben eine stillende Frau gesehen, sogar Noga schaut zu, alle drei beobachten wir sie konzentriert und ohne Scham, wie im Theater, wo man nicht versucht, unauffällig hinzuschauen, sondern so intensiv wie möglich, und sie sitzt auf der Bühne des Sofas als Amazone, den Träger ihres Kleids hinuntergeschoben, eine einzige muskulöse Brust entblößt, den Blick auf den Babymund gerichtet, die glänzende Stirn mit Schweißtropfen bedeckt. Du hast doch bestimmt Durst, sage ich zu Sohara und hole ihr ein Glas kaltes Wasser, sie trinkt schweigend, und wieder empfinde ich Mitleid für sie, wie durstig ist sie gewesen und hat nicht gewagt, um Wasser zu bitten, dabei habe ich sie doch eingeladen, sie ist gekommen, um uns zu helfen, und das hat sie wohl auch getan, Udi macht jedenfalls einen gefestigten Eindruck. Sie legt das Kind über ihre Schulter, lächelt mich entschuldigend an, die Behandlung braucht so viele Energien, ich mußte mich ausruhen, ich konnte mich fast nicht mehr auf den Beinen halten, und ich bin sofort auf ihrer Seite, mein ganzer Groll ist wie weggewischt, natürlich, Sohara, du brauchst dich nicht zu entschuldigen, ich bin dir so dankbar dafür, daß du uns hilfst, und sie schaut ihn an, du fühlst dich doch besser, Ehud, nicht wahr? Er strahlt, ja, sehr viel besser.
    Später, als ich sie an der Tür stehen sehe, den Korb auf der Schulter, habe ich Angst, sie könnte schon aus unserem Leben verschwinden, ich versuche, sie zurückzuhalten, möchtest du nicht zum Abendessen bleiben, schlage ich vor, obwohl es bis zum Abend noch lange hin ist, und sie sagt, ich habe es jetzt sehr eilig, vielleicht ein andermal, und nun kommt auch Udi zur Tür und schaut sie mit einem sanften, dankbaren Blick an. Sie lächelt, werde ja nicht zu schnell gesund, vergiß nicht, daß deine Krankheit einen Sinn hat, man darf sie nicht vorantreiben, und ich schaue ihr nach, wie sie die Treppe hinuntergeht, und kann mich nicht zurückhalten, wann kommst du wieder, frage ich, und sie antwortet, nächste Woche, aber die nächste Woche geht vorbei, ohne daß sie kommt, auch eine weitere Woche, Hilflosigkeit packt mich, wenn ich an ihr Wegbleiben denke, als habe mir jemand ein Rätsel aufgegeben und würde mich zum Narren halten.

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    14
    Als ich morgens hinausgehe, klebt die Hitze an mir wie ein enger Pelzmantel, den ich nicht ausziehen kann, und erinnert mich an Nogas Hasenkostüm, das sie an einer Purimfeier von der Fußsohle bis zum Kopf eingehüllt hatte, und als ich sie nach der Feier auszuziehen versuchte, erwies sich, daß der Reißverschluß kaputt war, sie war dazu verurteilt, ihr Leben lang ein kleiner Hase zu bleiben, sie tobte herum, ich bin kein Hase, ich bin ein Mädchen, ich will wieder ein Mädchen sein, bis ihre Haare schweißnaß waren und ich schließlich das geliebte Kostüm aufschneiden mußte, die Pelzstücke fielen vor unsere Füße wie die Fellteile eines erbeuteten Tieres. Aber die dicke Luft um mich herum läßt sich nicht aufschneiden, ich hänge abends Wäsche auf und nehme sie morgens glühendheiß ab, Udis Unterhosen brennen mir in den Händen, ebenso seine Hemden und seine Hosen, und plötzlich fällt mir auf, daß die meisten Wäschestücke ihm gehören, nachdem er wochenlang die Kleidung nicht gewechselt und nicht zugelassen hat, daß ich seine Sachen wasche, hat ihn jetzt ein Anfall von Reinlichkeit gepackt, und die Waschmaschine füllt sich Tag für Tag, als wäre ein neues Baby im Haus, ich wasche gern, es gibt kein ermutigenderes Geräusch als das Rattern der Waschmaschine, ein intensives Gebet der Reinheit und Sauberkeit, durchgewalgte gute Absichten.
    Abends setze ich mich auf den Balkon, zwischen die Wäsche, ab und zu streicht mir ein glattes Laken oder der Zipfel eines Kleides im leichten Wind über die Haare und begleitet meine Einsamkeit, denn Udi schläft schon, jeden Tag geht er früher ins Bett, gleich nach Noga, beide sammeln sie ihre Sorgen ein und verschwinden in ihren Zimmern.
    Schweigend essen wir zu Abend, kalte Joghurtsuppe und Salat, dazu hartgekochte Eier aus dem Kühlschrank, sogar auf die Toasts habe ich verzichtet, um die Hitze nicht noch schlimmer zu machen. Wie kann man bei dieser Hitze essen, klagt

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