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Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Titel: Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeruya Shalev
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wenn du ihnen nicht glaubst, fragt Chani, und Ilana verkündet triumphierend, weil mich dieses Kind nicht interessiert, deshalb, es hat sich einfach bei mir eingeschlichen, ohne daß ich es wollte, und mir die Figur versaut, seinetwegen kann ich kein Model werden, und ich versuche, ein Grinsen zu unterdrücken, sie hat also endlich einen Sündenbock gefunden, aber Chani platzt damit heraus, du und Model? Mit deiner Figur und deinem Arschgesicht? Sie erstickt fast vor Lachen, klopft sich auf den Bauch, und Ilana schreit, halt’s Maul, du Schlampe, es wird dir noch leid tun, daß du mich ausgelacht hast.
    Ich dränge sie, hinaufzugehen zur Geburtsvorbereitung, und mache mich auf die Suche nach der Neuen, die gestern angekommen ist, ihre Eltern haben sie hergebracht, sie war grün und blau geschlagen, sie wollten nichts mehr von ihr hören, haben sie gebrüllt, nichts von ihr und nichts von dem arabischen Bankert in ihrem Bauch. Ich finde sie schlafend in ihrem Bett und betrachte sie traurig, die ersten Tage hier sind die schwersten, der Verlust der gewohnten Umgebung, das schmerzliche Ende des Ableugnens, manchmal denke ich, es wäre wirklich besser, sie herzubringen, wenn sie schlafen. Ich gehe hinauf zum Büro und erledige ein paar Schreibarbeiten, und langsam, ganz langsam senkt sich eine neue Gelassenheit über mich, es scheint, die Dinge haben sich ein wenig beruhigt, ich kann aufatmen. Schau an, ich kann mich konzentrieren, ich achte auf die richtige Distanz, was für ein Glück, daß Ja’el nicht gekommen ist, ihre Geschichte hat mich zu sehr mitgenommen, wer weiß, was ihr das Schicksal bringen wird, vielleicht ist der Mann schließlich doch zu ihr zurückgekommen und sie werden das Kind gemeinsam aufziehen, und schon treten mir Freudentränen in die Augen, ich spüre sogar einen gewissen Neid, wie gut sie es haben werden, wie gut wir es hatten, ausgestreckt auf dem Doppelbett und Noga zwischen uns, wir beugten uns über den kleinen Körper, knabberten an ihren Füßchen, weich und duftend wie zwei frische Weißbrotzöpfe für Schabbat, sie strampelte uns ins Gesicht, lachte und krähte vergnügt. Und als ich nach Hause komme, betrachte ich feindselig ihre Füße in den dicken Strümpfen und den Turnschuhen, und sie fragt sofort, wo ist Papa? Ich zucke mit den Schultern, keine Ahnung, bestimmt macht er einen Spaziergang. Von Zeit zu Zeit geht er ein wenig laufen, um seine Beine zu trainieren, immer seltener beklagt er sich über Schmerzen, es wird Zeit, daß ich Sohara anrufe, sie hat ihn tatsächlich gerettet. Als er später zurückkommt, sage ich zu ihm, komm, rufen wir Sohara an, um uns bei ihr zu bedanken, es ist nicht schön, daß wir uns nur melden, wenn wir sie brauchen, und er runzelt die Stirn, wofür sollen wir uns bei ihr bedanken? Ich bin erstaunt, was soll das heißen, wofür, schau doch, wieviel besser es dir geht, wie gut du laufen kannst, hast du schon vergessen, daß du wochenlang im Bett herumgelegen hast? Und er sagt kalt, aber das ist nicht wegen ihr, glaubst du, daß mir das geholfen hat, ihre Moralpredigten und die Segenssprüche des Dalai Lama?
    Seine Undankbarkeit ihr gegenüber weckt Abscheu in mir, ich hole das Telefon, wo ist ihre Nummer, sie war hier am Kühlschrank, aber ich glaube, ich weiß sie noch auswendig, zögernd wähle ich sie, Sohara, hier ist Na’ama, und sie antwortet, wie geht es dir, aber ihre Stimme klingt kühl und kurz angebunden, vielleicht ist sie gekränkt, weil ich erst jetzt anrufe. Uns geht es gut, teile ich ihr aufgeregt mit, ich wollte mich bei dir bedanken, Udi ist wieder ganz der Alte, und sofort weiß ich, was sie sagen wird, daß er nämlich nicht wieder ganz der Alte werden sollte, sondern sich ändern, aber sie schweigt, sie möchte das Gespräch nicht fortsetzen, das ist klar, nur ich klammere mich noch daran, es fällt mir schwer, auf sie zu verzichten. Wie geht’s der Kleinen, erkundige ich mich, und sie sagt, gut, alles in Ordnung, und ich schlage verlegen vor, vielleicht magst du mal mit ihr bei uns vorbeikommen, du hast versprochen, daß du uns mal zum Abendessen besuchst, und sie unterbricht mich fast rüde, wartet das Ende der Einladung kaum ab, ja, danke, ich komme bei Gelegenheit mal vorbei, und ich trenne mich enttäuscht vom Hörer, ich weiß nicht, wie ich ihre Kälte interpretieren soll.
    Ich habe dir ja gesagt, es bringt nichts, sie anzurufen, zischt Udi mich an, und ich reagiere gereizt, du bist wirklich kein Beispiel für höfliche

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