Liebesvergessen (German Edition)
Prachtstück scheiden.“ Sie lachte wie eine Hexe und schüttelte fassungslos den Kopf.
Da bin ich mal ganz ihrer Meinung.
Verdrossen schloss ich die Augen. Mich quälten noch so viele Fragen. Und ich war hier ans Bett gefesselt. Ich war dermaßen müde, dass ich mich ohne Gegenwehr der bleiernen Schwere hingab. Erschöpft machte ich den Rest des Tages zur Nacht und schlief durch bis zum nächsten Morgen.
Ich nippte an meinem Sekt. Er schmeckte trocken, für meinen Geschmack zu trocken. Ich befand mich auf einer Party und ertrug hämmernde Kopfschmerzen. Zusammen mit dem Sekt schluckte ich eine Kopfschmerztablette hinunter, wohlwissend dass der Beipackzettel das gar nicht gut hieß. Im Halbdunkel , unter einer sich fortwährend drehenden Discokugel, bewegten sich tanzende Paare zur Musik, ihre Körper zuckten rhythmisch zu den Bässen, während von hinten eine Hand meinen Rücken berührte. Ein wohliges Prickeln durchfuhr meinen Körper. Ich drehte mich um und schaute in ein hübsches Männergesicht, gebräunte Haut, tiefe Grübchen, blonde Haare, weißer Anzug…
„Wartest du schon lange?“, fragte mich der Fremde.
„Nein, aber ich geh auch gleich wieder, ich habe wahnsinnige Kopfschmerzen“, ließ ich ihn wissen, während ich mir an die pochenden Schläfen fasste…
„Früüüüüh-stüüüüück!!!“ Mit einem lauten „Guten Morgääään“ donnerte Schwester Agnes ein Tablett auf meinen Nachttisch, während die Kopfschmerzen aus meinem Traum krude Realität wurden. Ich orientierte mich. Während der Nacht wurde ich immer wieder von abstrusen Träumen heimgesucht, aus denen ich schweißgebadet hochgeschreckt war, wie auch jetzt. Meistens spielten Isa, Vera und Tom eine Rolle und jedes Mal war ich erleichtert, wenn ich erwacht war und feststellte, dass es sich nur um einen Traum gehandelt hatte. In einem der Träume rollten sich Tom und Isa halbnackt durch weiße Laken und lachten mich schallend aus. Als nächstes schmiss Vera mit einem Tablett voller Kaffeebecher nach Isa und im darauffolgenden Traum setzte Tom an, mich zu küssen. Dieser Traum war wahrscheinlich der mit Abstand Abwegigste, aber auch der Beeindruckendste. Den letzten Traum allerdings, kurz bevor Agnes ihr Unwesen trieb, konnte ich gar nicht deuten, da der Mann, der mich offensichtlich ganz selbstverständlich am Rücken berührt hatte, ein Fremder war.
„Hopp Hopp, jetzt mal schnell frühstücken. Gleich kommt die Visite und für Sie, Frau Klein, habe ich heute leider kein Frühstück. Sie bleiben nüchtern und werden nachher zur OP abgeholt.“ Gelb vor Neid beäugte Oma Klein mein Frühstück, welches aus zwei Scheiben Graubrot, einem Frühstücksei, zwei Scheiben Käse und zwei Scheiben Salami bestand. Außerdem hatte man mir eine kleine Kanne Kaffee zugestanden. Ich wusste gar nicht, ob ich Kaffee mochte, aber er duftete herrlich. Ich schenkte mir eine Tasse voll und verbrannte mir die Lippen am ersten Schluck. Er schmeckte trotzdem vertraut und gut.
„Was wird eigentlich bei Ihnen operiert?“, fragte ich Frau Klein, währen d sie mir offenkundig mein Frühstück missgönnte.
Höhnisch grinsend sagte sie: „Analfistel“. Mir blieb ein Bissen im Hals stecken.
„Tut das doll weh?“, erkundigte ich mich kauend und mit einer gewissen Schadenfreude zurück.
„Ja schon, aber wenigstens funktioniert mein Hippocampus noch, was man nicht von jedem hier im Zimmer behaupten kann.“ Oma Klein stand auf und schlurfte verdrossen ins Badezimmer. Sie war bestimmt siebzig Jahre alt. „Analfistel“, ging es mir durch den Kopf. Nein, wollte ich auch nicht haben, dann lieber einen kaputten Hippocampus.
Ich widmete mich meinem Frühstück und war erstaunt, dass ich alles aufaß , und zwar mit Appetit. Während die ängstliche Oma Klein zur Operation abgeholt wurde, machten sich in meinem Zimmer dieselben Ärzte wie am Tag zuvor breit. Ein Halbkreis formierte sich um mein Schlaflager. Visite.
„Na, Frau Plage, wie geht es Ihnen denn heute?“, fragte mich die Ringelnatter. Bevor ich antworten konnte, löste Herr Doktor Faselt ihn ab. „Ist Ihnen denn schon eingefallen, wer Sie sind? Oder haben Sie immer noch keine Erinnerungen?“ Erwartungsvoll starrten mich alle an.
„Mir geht es ganz gut. Aber leider weiß ich immer noch nicht, wer ich bin“, informierte ich wahrheitsgemäß.
„Wann kann ich denn mal aufstehen? Und wann komm ich denn hier raus? Ich kann ja nicht den ganzen Tag die Hände in den Schoß legen
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