Liebesvergessen (German Edition)
sich keine Mühe und setzen Sie sich selbst nicht unter Druck, das hemmt meistens mehr, als dass es nützt. Wie ich sehe, haben Sie schon Besuch von zwei Freundinnen. Lassen Sie sich einfach auf die Sprünge helfen. Vielleicht fällt Ihnen das eine oder andere ja wieder ein. Welches Datum haben wir heute?“
„15. November 2012“, gab ich streberhaft die fehlerfreie Antwort.
Doktor Faselt erhob sich selbstzufrieden von meiner Bettkante und bat Vera und Isa wieder ins Zimmer. Im Schlepptau ein weiteres fremdes Gesicht. Männlich! Sehr männlich!
„Das ist Tom, dein Ex“, stellte Vera ihn gallig vor, während Isa Tom mit Blicken verschlang. Tom zeigte sich davon unbeeindruckt. Ein gut aussehender, Moment(!), ein blendend aussehender Mann kam nun näher und starrte mich aus himmelblauen Augen an. Sein Blick wanderte über meine Bettdecke, von oben nach unten und zurück. Ich taxierte ihn ebenso. Himmel, sieht der gut aus. Hölle! Was bin ich für ein miserabler Anblick?!
„Argh, das muss weh tun“, stellte mein Ex-Mann fest. Er verzog das Gesicht als würde er in eine Zitrone beißen und kratzte seinen hübschen braunen Lockenkopf. Auf seinem markanten Gesicht wuchs ein lässiger Dreitagebart, der ihm ausgezeichnet stand. Man sah ihm an, dass er wenig Zeit auf sein Äußeres verwandte, einerseits hatte er das nicht nötig, andererseits war ich mir sicher, dass er genau das wusste. Unter seinem Sakko trug er lediglich ein schlichtes weißes T-Shirt mit V-Ausschnitt, dazu eine Jeans, sehr salopp. Das war also mein Ex. Das war das Arschloch in meinem Handy. Er sah so sympathisch aus. Wieso war er ein Arschloch? Er musterte mich weiterhin kritisch und ich fühlte mich unwohl unter seinen forschenden Blicken. Man hatte mich in ein Nachthemd gesteckt, welches am Hintern offen war. Nicht, dass er das sehen konnte, aber es genügte, dass ich das wusste. Abgesehen davon guckte ich ihn aus geschwollenen Augen, mit matschiger Nase und Tampons in den Nüstern an. Nicht sehr attraktiv. Tom trat noch einen Schritt näher und stellte eine Tasche auf das Fußende meines Bettes.
„Und? Wie sieht der andere aus?“, fragte er scherzend. Ich zog eine Grimasse.
„Ich hab dir zwei Nachthemden eingepackt und deine Hausschlappen, zwei Jogginganzüge, Unterwäsche und einen Bademantel.“ Isa ging zur Tasche und öffnete sie. Sie holte den Bademantel hervor und hielt ihn hoch.
„Das ist nicht dein Ernst , Tom! Du hast doch nicht etwa das alte rote Tier mitgebracht“, funkelte sie Tom zornig an. Sie hielt einen roten alten Frotteebademantel in die Luft, der überall kleine Knötchen aufwies. „Das hast du doch extra gemacht. Du Miststück!“ Tom grinste und hüllte sich in Schweigen.
„Ist ja widerlich“, blies Vera in Isas Sprachrohr.
„Wieso? Das ist unser Bademantel, wir haben nur den einen“, verteidigte sich Tom und schaute mich belustigt an.
Oh Gott, diese blauen Augen! Der Hammer! Mit dem war ich verheiratet? Aber warum schleppt der hier einen Bademantel an, mit dem ich nicht mal mehr den Boden feudeln würde?
Ich fand meine Sprache wieder. „Ich kann nicht beurteilen, ob wir im Besitz nur eines Bademantels sind, ich bin amnestisch!“ Ich versuchte die Arme zu verschränken und entsann mich meines Armgipses. Isa brachte den Rest meiner Sachen zum Vorschein, der mir auf den ersten Blick nicht alt und hässlich erschien. Sie stapelte meine Garderobe fein säuberlich in meinen Nachtschrank und ließ die Schlappen auf den Boden fallen. Die würde ich wahrscheinlich nie oder erst in ein paar Wochen gebrauchen können. Ich wusste, dass Frakturen für gewöhnlich eine Dauer von sechs Wochen beanspruchten, um auszuheilen.
„Ich habe Georg angerufen. E r und Gerome übernehmen erst mal alle deine Termine. Ich soll dir gute Besserung ausrichten. Wenn es dir besser geht, rufst du Georg vielleicht noch mal an und sagst ihm, dass das hier länger dauern wird. So wie du aussiehst...“, sagte Tom nun mit banger Miene.
„Ich kenne ihn doch gar nicht, kannst du ihm das nicht sagen?“, fragte ich.
„Ach! So kenn ich dich ja gar nicht, wo ist denn unser selbstbewusstes Pennylein hin? Ausgeflogen?“ Ich blickte scharf zu Luisa Klein.
Noch einmal „Retrograde Amnesie“ und ich würde sie eigenhändig mit dem alten roten Tier erwürgen. Sie äugte ängstlich zu mir hinüber und würgte ihren Kommentar hinunter.
„Tom! Hör auf damit. Du siehst doch, dass es Penny schlecht geht, kannst du nicht einmal aufhören und
Weitere Kostenlose Bücher