Liebesvergessen (German Edition)
vertrauen. Außerdem musste ich mir eingestehen, dass mir seine Berührung Nähe und Geborgenheit vermittelte. Durch seine Größe und vertraute Distanzlosigkeit fühlte ich mich sicher in seiner Gegenwart, auf sonderbare Art und Weise.
Die Tür ging auf und die frisch operierte Oma Klein wurde ins Zimmer gerollt. Sie schlief noch. Agnes stellte sie ab und sagte: „Wenn die wach wird, können Sie ja mal nach mir klingeln, ja?“ Sie verließ das Zimmer und Oma Klein rührte sich nicht die Bohne. Ich wusste, wie neugierig sie war, also traute ich dem schlafenden Frieden nicht.
„Der Chefarzt sagt, ich muss noch mindestens ein, vielleicht zwei Wochen in der Klinik bleiben, bevor ich hier raus darf. Ist das in Ordnung für dich? Was ist, wenn das ganze hier länger dauert? Ich glaube, Frakturen brauchen sechs Wochen zum Ausheilen. Und frag mich bitte nicht, woher ich das weiß, ich scheine von allem gefährliches Halbwissen in mir zu tragen.“
Im Nachbarbett drehte sich Oma Klein um. Sie murmelte leise: „Aua, mein Arschloch“, woraufhin sie anfing zu schnarchen.
Lauthals fingen Georg und ich an zu prusten und einmal mehr zeigte mir mein linker Rippenbogen, wer hier der Herr im Hause war.
„Die ist ja obszön. Da hast du dir ja die richtige Bettnachbarin ausgesucht, was?“, zwinkerte mir Georg zu, bevor er aufstand.
„Und wenn es länger als sechs Wochen dauert, ist das auch egal. Wie gesagt, kümmere du dich jetzt erst mal in Ruhe um dich selbst und versuche, dein Gedächtnis wieder auf Vordermann zu bringen. Da gibt es nämlich so einiges, an das du dich erinnern solltest. Außerdem hoffe ich, dass du deinen eigenwilligen Humor nicht verloren hast. Ich liebe ihn nämlich.“ Er beugte sich über mich und sah mir tief in die Augen. Ich war nervös und konnte ihn nur anstarren. Er kam näher und drückte mir einen warmen, trockenen Kuss auf die Lippen. Zum Abschied streichelte er sanft meine Wange. Ich merkte, wie mir Röte ins Gesicht schoss. Ich war sprachlos. Georg setzte an zu gehen.
„Die Geschäfte rufen mein Schatz, ich muss los, aber ich komm dich bald wieder besuchen.“ Georg war gegangen und Oma Klein drehte sich wirsch in ihrem Bett. Sie furzte und schlief weiter.
Was war das denn? War das ein Küsschen unter Kollegen? Oder war das ein Hoffentlich-erinnerst-du-dich-bald-wieder-an-uns-Kuss? Der Kuss dauerte genau so lange, wie man auch eine gute Freundin küssen konnte, aber irgendwie fühlte ich auch, dass irgendetwas in der Luft lag. Liebe vielleicht?
Beste Freundinnen
Nachdem ich Mittag gegessen hatte, Oma Klein aus ihrem OP-Koma erwacht war und ich mich langsam mit dem Zustand arrangierte, mich an nichts mehr erinnern zu können, kamen meine beiden besten Freundinnen zu Besuch.
Was freute ich mich, als sie das Zimmer betraten, wo ich doch so viele Fragen hatte. Als erstes ließ ich Vera unter das Bett krabbeln, damit sie mir meinen Stift aufhob.
„Oh mein Gott, du musst so schnell wie möglich hier raus. Das ist ja keine Atmosphäre für uns und wonach riecht es hier überhaupt?“ Isa hielt ihre Nase in die Luft. Ich war mir zu hundert Prozent sicher, wonach es hier roch. Oma Klein hatte keinen Hehl aus ihrer Flatulenz gemacht und ließ schon den ganzen Nachmittag der Natur ihren Lauf. Infolgedessen ließ jetzt nicht nur die Natur ihren Kopf hängen. Vera öffnete das Fenster.
„Für gewöhnlich treffen wir uns bei dir zu Hause und klönen unten in der Küche zu Prosecco und Häppchen. Schon allein, um Tom das Leben schwer zu machen.“ Isa streifte sich schwarze Handschuhe von den Fingern.
Kein Wunder, dass Tom so sauertöpfisch ist, wenn ihm die böse Ex- Gattin Cruela, samt ihrer Gespielinnen ständig das Leben zur Hölle macht.
Vera setzte sich auf einen der Besucherstühle, während Isa sich ihre Pumps von den Füßen streifte und es sich an meinem Fußende bequem machte.
„Hab ich eigentlich Geschwister?“, fragte ich in die Runde.
„Nein, du bist verwöhntes Einzelkind. Aber im Grunde genommen sind wir wie Geschwister“, beteuerte Vera, während sie in ihrer Handtasche kramte.
„Ihr werdet es nicht glauben, was mir heute passiert ist. Ich weiß ja, es sollte nur um dich gehen, Penny, aber ihr würdet mich beide meucheln, wenn ich euch das vorenthalten würde. Vor allem du Isa. Du liegst vor Lachen bestimmt gleich unter Pennys Bett.“ Sie
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