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Lieblingsstücke

Lieblingsstücke

Titel: Lieblingsstücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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Albtraum in allen erdenklichen Mintschattierungen. Als hätte jemand eine Wollfabrik aus den Siebzigern geplündert und aus allen Mintresten irgendwas zusammengeklöppelt.
    »Ein absolut besonderes Stück«, sagte Tamara schwärmerisch und blickte versonnen auf ihr Strickmonster. So viel Ekstase zu zerstören kostete einen gewissen Mut, den ich dummerweise nicht aufbrachte.
    »Ja, durchaus«, hatte ich etwas verhalten geantwortet, schließlich konnte man wirklich sagen, dass diese Strickjacke besonders war, besonders hässlich nämlich, »ist aber nicht jedermanns Sache.«
    Ich hatte gehofft, sie würde die nett verpackte Botschaft kapieren. Hatte sie aber nicht.
    »Ja, da wird ja ordentlich was rüberkommen«, hatte sie gelacht und mich dann mit dem Krempel stehen gelassen. »Danke. Schon mal im Voraus. Finde ich toll, dass du das machst. Aber du hast ja gesagt, dass dir das Freude macht, diese Versteigerei. Also viel Spaß.«
    Und mit diesen Worten war sie durch die Tür. Schlau gemacht, das musste ich ihr lassen. Sie machte gerade so, als hätte sie mir einen Gefallen getan. Das hatte man davon, wenn man übertrieb und nicht gut nein sagen konnte. Nein-sagen-üben musste dringend auf meine Liste: »Dinge, die ich noch lernen muss.« Direkt unter die Hauptstädte der Welt. Ghana – Accra.
    Kaum war sie weg gewesen, hatte ich den Klamottenberg
einer genaueren Musterung unterzogen. Eine absolute Farbhölle. Zur mintgrünen Strickjacke kam ein neonpinkes Top, für dessen Betrachtung das Tragen einer Sonnenbrille nötig war, eine gelbe Weste und zwei Pullover, einer türkis mit Lochmuster und einer orange. Herrliche Klamotten, um im fiesen Herbstnebel sicher über die Straße zu kommen oder als Aushilfsglühwürmchen zu arbeiten. Leider war nicht ein einziges Teil von irgendeinem Designer. Ein Schildchen mit Escada, Prada, Dolce und Gabbana, Armani, Missoni, Hermes, Etro oder was auch immer sicherte ein gewisses weibliches Interesse und hätte mir meine Verkaufsargumentation extrem erleichtert.
    Egal, wie scheußlich etwas ist, steht ein Designername drin, fangen bestimmte Frauen an zu sabbern. Ich kenne dieses Phänomen leider ansatzweise auch von mir selbst. Es ist ein Gefühl von sozialem Aufstieg, ein solches Designerteilchen an sich zu spüren. Wir brauchen gar nicht darüber zu reden, dass das doof ist. Albern geradezu. Das wissen wir alle und können doch nicht über unseren Schatten springen.
    Und weil dieses Phänomen existiert, war mir klar, dass diese Farbschocker von Tamara schwer verkäuflich sein würden. Am liebsten hätte ich den Kram einfach wieder vor ihrer Tür abgeladen und gesagt: »Ich habe es mir anders überlegt. Das Zeug ist so dermaßen hässlich, bei mir stand schon die Stilpolizei vor der Haustür, bring es zum nächsten Altkleidercontainer und sei froh, wenn der es nicht wieder ausspuckt. Auch ein Container hat noch einen Rest an Anspruch und Würde.« Dafür hätte man allerdings einen gewissen Mut aufbringen müssen. Wer Tamara kennt, weiß, dass das in diesem bestimmten Fall schwer war. Tamara hat eine gewisse Dominanz. Und ich bin ein Schisser.
Eine ungünstige Paarung. Vor allem für mich. Außerdem – man wächst ja mit der Herausforderung. Ich beschloss, es zu probieren, und hatte mir die Lage damit schöngeredet, dass dieser Verkauf eine echte Herausforderung war. Wer das schaffte, konnte alles verticken.
    Wenn niemand den Farbgau hätte haben wollen, wofür ich vollstes Verständnis gehabt hätte, dann hätte ich immer noch mit Fug und Recht behaupten können, alles versucht zu haben.
    Als Erstes hatte ich einen Text geschrieben:
     
    »So kommt der Frühling jetzt schon zu Ihnen.
    Sie sind das ewige Schwarz leid? Sie wollen gute Laune ausstrahlen oder Ihre düstere Garderobe einfach nur ein wenig aufmotzen? Wer diese Oberteile trägt, signalisiert Fröhlichkeit und Individualität.
    Statt Johanniskraut – ein paar frische Farben. Stechen Sie aus der Masse raus, beweisen Sie Individualität und Modemut. Damit wird man bestimmt nicht übersehen! Diese Farben erregen garantiert Aufmerksamkeit, und wer die Modeschauen in Paris und Mailand gesehen hat, weiß, dass ohne gewagte Farbtupfer im nächsten Jahr nichts läuft!
    Mir sind diese wunderschönen Teile, echte Lieblingsstücke (siehe Fotos), leider zu klein geworden. Ich habe damit immer für Furore gesorgt und hoffe, dass Sie genauso viel Freude daran haben werden!
     
    »Papier ist geduldig« ist ein Spruch, den ich natürlich,

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