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Lieblingsstücke

Lieblingsstücke

Titel: Lieblingsstücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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wie alle Populärweisheiten, von meinem Vater kenne. Bisher habe ich diese Aussage milde belächelt, jetzt erst wird mir die Bedeutung klar. Mit dem Text war ich total zufrieden. Besonders gelungen fand ich die Stelle mit den Modeschauen.
So was machte immer Eindruck. Wer wollte nicht endlich mal Trendsetterin sein?
    Ich hoffte, dass Tamara meine eBay-Prosa nicht lesen würde. Mit der Passage »mir sind die Teile leider zu klein« hätte sie garantiert ein Problem gehabt. Aber schließlich sollte man schon begründen, warum man etwas, was angeblich so fabelhaft war, nicht mehr behalten wollte. Davon mal abgesehen, hätte sie auch wirklich nicht mehr reingepasst. Tamara ist nicht richtig dick, aber im besten Sinne drall.
    Das wirkliche Problem waren allerdings die Fotos. Bei allen herrlichen Umschreibungen – wer diese Teile sah, würde denken, dass nur eine Wahnsinnige im LSD -Rausch sie verfasst haben konnte. Aber gut, die Welt da draußen war voll mit Verrückten, und die Kleidungsstücke sahen ja auch aus, als wären sie die Folge eines Einkaufs unter LSD -Einfluss. Das Schlauste wären natürlich Schwarz-Weiß Fotos gewesen, aber wer hätte mir geglaubt, dass meine Kamera so alt war, dass sie keine Farbbilder machte?
    Außerdem, irgendwo im eBay-Universum musste doch eine sein, die einen so beschissenen Geschmack hatte, dass sie sich erbarmen würde. Und wenn nicht, hatte ich mein Bestes gegeben, und Tamara bekam den Kram zurück und konnte einen Stand auf der Jahrestagung der Farbenblinden machen.
    Ich dekorierte alles auf Schwarz. Auf meinem schwarzen Satinbetttuch, das ich sowieso nie benutze. Hatte ich mal gekauft, weil in einer Frauenzeitschrift stand, dass Bettwäsche ein Zeichen sei und Schwarz für verrucht stehe. Verrucht und aufregend. »Ziehen Sie die Bettwäsche auf, und Ihr Schlafzimmer wird zu einer wahren Lasterhöhle.« Bei mir hatte es nicht funktioniert. Christoph meinte, er
fühle sich wie in einer Gruft oder wahlweise wie in einem billigen Softpornostreifen. Beides schafft nicht unbedingt eine leidenschaftliche Atmosphäre. Außerdem knistert Satinbettwäsche, und ein Frotteeschlafanzug passt auch nicht wirklich dazu. So ist das oft. Eine kleine Veränderung zieht einen Rattenschwanz an Folgeveränderungen nach sich. Das hatte mich genervt. Nur wegen der Bettwäsche noch ein Negligé anzuschaffen ging dann doch zu weit. Trotzdem – jetzt zahlte sich meine Ich-hebe-es-mal-auf-denn-irgendwann-kann-man-es-sicher-mal-brauchen-und-es-ist-ja-noch-völlig-in-Ordnung-Mentalität aus. Auf dem Schwarz knallten die Farben richtig schön raus. Verbergen konnte ich sie eh nicht. Also ab in die Farboffensive.
    Nur so viel – es hatte funktioniert. Nach zwei Tagen kamen die ersten Gebote. Zwei Bieterinnen lieferten sich eine richtiggehende Schlacht. Nach sieben Tagen gewann Filmtussi gegen Buntspecht und erhielt mit einhundertfünfundsiebzig Euro den Zuschlag. Unglaublich. Das waren fünfunddreißig Euro pro Teil. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Scheußlichkeiten jemals so viel gekostet hatten. Vor allem waren fast alle Teile zu mehr als 50 % aus Polyacryl. Das hieß, man müffelte blitzschnell schlimmer als ein toter Iltis und durfte sich außerdem nicht in der Nähe einer offenen Feuerstelle aufhalten. Das Schöne an dieser Auktion war: Weder Buntspecht noch Filmtussi hatten irgendwelche Fragen. Die Klamotten waren anscheinend so aussagekräftig, dass sich jede Frage erübrigte. Nur ich war etwas ratlos. Was wollte eine Person namens Filmtussi mit diesen Klamotten? Als ich ihr per E-Mail zur gewonnenen Auktion gratulierte, hatte ich nachgefragt. Die Antwort war überraschend und doch so naheliegend. Filmtussi war Ausstatterin. Film- und Fernsehausstatterin.
Und demnächst würden Tamaras Klamotten in einer Retroshow rund um die Achtziger bei Pro Sieben auftauchen. Das erklärte einiges. Ich hatte sie noch gebeten, mir Bescheid zu geben, wann »meine« Klamotten (auch ein wenig peinlich, dass Menschen dachten, ich hätte diesen Krempel angehabt) ihren großen Auftritt haben würden. Und sie hatte es mir versprochen. Großartig. Tamara war nicht ganz so begeistert gewesen wie ich.
    »Ich hatte mir doch noch ein wenig mehr erhofft«, aber als ich ihr das Geld überreichte, hat sie sich immerhin zu einem Danke durchgerungen. Dass ihre Kleidung es ins Fernsehen schaffen würde, hatte ich ihr allerdings verschwiegen. Bei Fernsehen denken die Leute immer, es müsste Geld regnen. Da ich mal eine Weile

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