Lieblingsstücke
als Redaktionsassistentin gearbeitet habe, weiß ich um diesen Mythos. Es regnet Geld, aber leider trifft dieser Regen nur wenige sehr Auserwählte und ansonsten wird gespart, dass die Schwarte kracht. Auch das weiß ich, denn schließlich hatte man damals sogar mich eingespart.
Dass ich Tamaras gesammelte Geschmacklosigkeiten so gut verkloppt hatte, sprach sich in Windeseile rum. In den Tagen danach klingelte die halbe Nachbarschaft und brachte mir diverse Gegenstände zum Versteigern. Innerhalb von drei Wochen hatte ich gemerkt, dass mein neues Hobby in wahre Arbeit ausgeartet war. Und eine Definition von Arbeit ist doch wohl, dass man dafür entlohnt wird. Da hatte es bei mir Klick gemacht. Eine Art Initialzündung. Warum nicht mit dem Verkaufen Geld verdienen? Ich erspare anderen die Arbeit und partizipiere dafür am Verkaufspreis, arbeite also quasi auf Provisionsbasis. Ich beschloss, es mit 25 % zu versuchen. Bei Freunden konnte ich ja noch über einen kleinen Nachlass,
einen Freundschaftsrabatt nachdenken. Ein Viertel des Gewinns, nach Abzug der eBay-Kosten, erschien mir fair. Ich meine, wenn man sich schon müht, sollte ja dabei auch was rumkommen. Als mein Plan feststand, hatte ich mit Christoph gesprochen und ihm mitgeteilt, dass ich mich selbständig machen wollte. Als Profi-Verkäuferin bei eBay. Er hatte mich angeschaut, als hätte ich ihm gesagt, ich würde ab sofort illegal Langhaargoldhamster züchten. »Was soll denn das?«, hatte er mit halboffenem Mund gefragt. Selbstverständlich war ich auf diese Art Frage ausreichend vorbereitet. Nach jahrelangem Zusammenleben ahnt man, was der Partner so zu sagen hat. Auch wenn man immer wieder hofft, etwas Überraschendes zu hören. Also hatte ich ihm die vermeintlichen Vorteile meines neuen Betätigungsfeldes aufgezählt.
»Ich kann von zu Hause aus arbeiten. Ich bin jederzeit für die Kinder da und absolut flexibel. Außerdem verdiene ich was, und es macht mir Spaß. Bestimmt mehr Spaß als mein letzter Job.«
Das war ein messerscharf kalkulierter Seitenhieb, denn meinen letzten Job hatte ich in Christophs Kanzlei. Am Empfang. An und für sich keine üble Arbeit, aber wenn der eigene Mann einen wie eine Angestellte behandelt und sich selbst aufführt wie der Kaiser Franz der Juristenbranche, dann vergeht einem der Spaß sehr schnell. Ich hatte das Gefühl, dass er mit jedem Tag mehr und mehr den Respekt vor mir verlor. Kein Bitte und kein Danke, und sein Verhalten setzte sich zu Hause nahtlos fort. Eine Rolle prägt, das muss man einfach wissen. Er hatte so einen latenten Kommandoton. »Wo bleibt mein Kaffee?«, war einer der Standardsätze. Vor allen Mitarbeitern der Kanzlei so behandelt zu werden, hatte mich rasend gemacht. Mord,
Scheidung oder Kündigung waren die Alternativen gewesen. Ich hatte mich für die Kündigung entschieden, schon weil Christoph die Problematik einfach nicht verstehen wollte. »Du übertreibst doch maßlos, Andrea. Hier muss es nun mal schnell gehen, das hat rein gar nichts mit dir zu tun. Keiner flötet hier den ganzen Tag rum. Und natürlich gibt es eine klare Hierarchie. Ich kann dich ja nicht anders behandeln, nur weil du meine Frau bist.«
Wieso eigentlich nicht? Natürlich sollte er mich anders behandeln, eben weil ich seine Frau bin. Davon mal abgesehen sollte man überhaupt niemanden so behandeln. Und dass er durchaus auch rumflöten kann, das konnte ich auch täglich erleben. Mit allen Frauen in der Kanzlei außer mit mir. Dabei kann man ja wohl erwarten, dass für mich als Ehefrau mindestens mal dieselben Regeln gelten wie für alle anderen auch. Mir ging es so wie den armen Lehrerkindern, die grundsätzlich strenger behandelt werden als die anderen Schüler, schon um dem Vorwurf der eventuellen Bevorzugung entgegenzuwirken. Möglicherweise war alles auch gar nicht so schlimm und ich nur ein wenig empfindlich. Ich tue mich mit Anweisungen sowieso schwer, und wenn sie von Christoph kommen, gleich doppelt. Er ist einfach keine Autoritätsperson für mich. Warum auch? Er ist mein Mann. Das schließt sich, jedenfalls für mich, definitiv aus.
Obwohl ich, wie ich fand, sehr geschickt argumentiert hatte, war Christoph von meiner brillanten Geschäftsidee nicht überzeugt. »Such dir doch lieber was Richtiges«, hatte er vorgeschlagen. Als hätte die internationale Geschäftswelt auf eine wie mich gewartet. Wäre schön, ist aber nicht wirklich realitätsnah.
Ich bin gelernte Speditionskauffrau, habe als
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