Lieblingsstücke
gibt da draußen in der bunten Promi-Welt ja oft genug Leute, die behaupten, dass ihre Arbeit ihr größtes Hobby sei. Wer’s glaubt, bitte schön!
Aber ehrlich gesagt, hat mein momentaner Job wirklich mal als eine Art Hobby begonnen. So vor etwa einem Jahr.
Ich hatte akuten Aufräumdrang. Eine Art Ausmistschub, der mich etwa halbjährig überkommt und von dem
ich mittlerweile überzeugt bin, dass er eindeutig hormonell begründet sein muss. Anders kann ich mir den verrückten Drang nach Ordnung und Klarheit bei meinem Naturell nicht erklären. Es ist geradezu zwanghaft. Ich muss es tun. Also habe ich es getan. Sich dagegen zu wehren, führt ja zu nichts. Man soll seinem Körper geben, wonach er verlangt. Wenigstens ab und zu. Und solange es sich um solch harmlose Begierden wie Ausmisten handelt, kann man allemal großzügig sein und froh darüber, dass es den Körper stattdessen nicht nach Koks oder Heroin verlangt. Noch dazu ist die Sucht nach Chaosbeseitigung wesentlich preiswerter zu befriedigen und man muss sich ja heutzutage schon Kohlenhydrate und andere herrliche Dinge verkneifen.
Ich war also am Ausmisten. Besonders gut bin ich darin, Dinge von anderen auszusortieren. Also beispielsweise Kindersachen. Wenn ein Kinderzimmer aussieht wie eine Zweigstelle von »Toys r us« nach einem Hurrikan bin ich in meinem Element. Meine Hauptutensilien beim Ausmisten sind riesige blaue Müllsäcke – waren riesige Müllsäcke. Bis Heike, meine Freundin, mich gefragt hat, ob ich denn völlig bescheuert sei. Schließlich könne man all die Dinge doch noch prima verscherbeln. Ich sah mich schon auf dem Flohmarkt stehen, bei leichtem Nieselregen und zwei Grad, mit anschließender Blasenentzündung und geschätzten sieben Euro Profit.
»Quatsch«, hat mich Heike, meine älteste Freundin, belehrt. »Heutzutage geht das doch kinderleicht. Du setzt den Kram ins Internet, und das Geld kommt auf dein Konto. Mach ich ständig. Ist leicht und effektiv. Vertick deinen Kram doch bei eBay.« Natürlich wusste ich schon vor Heikes Anruf was eBay ist. Nämlich eine Art Internetauktionshaus,
wo man etwas ersteigern und logischerweise auch versteigern kann. Ersteigert habe ich ab und an schon mal was. Meistens für viel zu viel Geld. Ich habe einen klitzekleinen Hang zur Raffgier, wenn ich mich mal für etwas entschieden habe, und sei es in einem Internetkaufhaus, dann will ich es auch haben. Ich kann mich schlimmer in etwas verbeißen als ein Terrier. Auch ein Charakterzug, an dem ich mal arbeiten könnte. Nachtragend und raffgierig – keine Eigenschaften, mit denen man sich sonderlich beliebt macht oder auf Partnersuchseiten als begehrenswerte Beute gilt. Aber zum Glück habe ich ja schon einen Partner und kann deshalb ganz offen zu meinen kleinen Fehlern stehen. Natürlich nicht vor Christoph – aber doch zumindest vor mir selbst.
Auf die Idee, etwas zu versteigern, war ich noch nicht gekommen. Ich hatte mich immer vor dem Aufwand gefürchtet.
»Ist doch gar kein Thema«, beruhigte mich Heike, »du machst ein Foto, schreibst einen malerischen Text, wartest auf die Angebote und dann verschickst du den Krempel nur noch. Und kassierst natürlich.«
Das klang sehr verlockend. Ich dachte mir, einen Versuch ist es allemal wert. Also hatte ich die Kinderzimmer durchforstet. Meinen ersten Versuch wollte ich mit einem wahren Objekt der Begierde unternehmen. Wenn ich mir schon all die Mühe mache, soll wenigstens was bei rumkommen, war mein Gedanke. Mein Einstieg sollte richtig erfolgreich sein.
Ich entschied mich für das alte Puppenhaus von Claudia. Schon aus Mitleid für das Teil. Es war seit Jahren nicht mehr bespielt worden und mittlerweile so staubig, dass es eine Art Milbenausflugsparadies geworden war. Dabei war
es ein wirklich gutes Stück. Eines meiner Lieblingsstücke. Kein schäbiges Plastikteil, sondern ein stabiles klassisches Holzhaus. Mit niedlichen Gardinen aus richtig schönem rot-weiß kariertem Baumwollstoff und herrlichen winzig kleinen Holzmöbeln. Detailgetreue Doppelstockbetten, ein Holzklo – alles, was die Puppenmutti mag. Ein winziger Herd, kleine Schemelchen, eine Plüschcouch und passende filigrane Kissen. Alles, einfach entzückend. Ich hätte als Kind für ein solches Traumpuppenhaus getötet. Als ich es damals im Laden gefunden hatte, war ich dermaßen euphorisiert, dass ich wirklich jedes erhältliche Zubehörteilchen gekauft habe. Wie im Rausch. Für die Gesamtrechnung hätte ich eine
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