Lieblingsstücke
dröhnendes Lachen, »aber das wird sie schon noch wissen.«
Wie widerlich. Sie ist nicht die Hellste, sagt der hier vor einer Gruppe von mindestens fünfzehn Kollegen und deren Frauen. Warum ist hier niemand, der ihm dafür eine knallt? Immerhin sind einige der Anwesenden auch ein wenig beschämt. Helge scheint das allerdings nicht zu bemerken. Er macht munter weiter.
»Sprachlich ist es schwierig mit uns. Ihr Englisch ist schlimm und ihr Deutsch auch. Aber sie ist immer so gut gelaunt. Macht Freude.«
Das wird der Schlüssel sein. Die beiden reden nicht miteinander. Weniger reden, bessere Beziehung. Helge nicht zu verstehen, kann natürlich durchaus ein Vorteil sein.
»Man muss ja nicht immer reden. Die Weiber reden eh zu viel. Wir beschäftigen uns anderweitig.« Leider kann ich Helge sehr gut verstehen. Ich könnte mich spontan übergeben.
Ich habe neulich im Fernsehen eine Sendung verfolgt,
in der es um Teenager außer Kontrolle ging. Sie wurden nach Amerika verschickt und mussten wochenlang durch die Wüste stapfen, um dort ihr Verhalten zu überdenken und unter Anleitung von Therapeuten zu neuer Erkenntnis zu gelangen. Wäre das nicht auch mal eine schöne Idee für Männer? Männer außer Kontrolle. Ich könnte eine lange Liste von Männern aufstellen, die dort gut hinpassen würden. Helge gehört dazu. Helge, Dieter Bohlen, Boris Becker und Oliver Pocher – um nur einige zu nennen. Eine Traumtruppe. Alphatierchen unter sich.
Helge schickt Günther los, um seine Zaituni zu finden. »Soll ja nachher nicht heißen, ich hätte ihr vorgesagt!«
»Musste das sein«, rüffelt mich Christoph leise, kaum dass Günther die Runde verlassen hat, »ging’s nicht auch ’ne Nummer kleiner? Zehn Euro zum Beispiel.«
»Vertrau mir«, sage ich nur und bin ein wenig enttäuscht, dass er das nicht sowieso tut.
Zehn Minuten später ist Günther zurück. Im Schlepptau eine sehr niedliche, sehr sehr kleine, dunkelhäutige Frau. Was für ein zartes Geschöpf. An ihrer Seite fühle ich mich sofort wie ein Nilpferd neben einer Gazelle. Sie hat ein winziges Etwas an, ein Teil, das mehr freilässt als bedeckt. Aber – das muss der Neid ihr lassen – sie kann es tragen. Das Kleid ist scheußlich, geschmacklos geradezu, viel Glitter und extrem wenig Stoff, rückt aber unleugbare Vorzüge von Zaituni gekonnt in den Blickpunkt. Die braucht offensichtlich kein Klebeband. Helge zieht die kleine Zaituni an sich und tätschelt ihren Po. Mit Besitzerstolz blickt er in die Runde. Wundert mich, dass er nicht noch sagt: Guckt mal, Jungs, was ich da Scharfes habe. Wollt ihr mal anfassen?
»Häschen«, startet er dann die Befragung, »die Leute hier wollen wissen, wie die Hauptstadt von Tansania heißt. Das weißt du doch, gell?«
Zaituni reißt ihre großen dunkeln Augen auf, spitzt ihr Mündchen, zieht die Stirn hoch und sagt, nach einer effektvollen Pause: »Daressalam.«
Mein Gott. Die hat tatsächlich Daressalam gesagt. Das kann nicht sein. Ich lerne seit Wochen. Das ist unmöglich. Sie muss sich einfach täuschen. Christoph zischt mir »Ich hab doch gleich gesagt, du sollst es lassen« zu.
So leicht gebe ich mich nicht geschlagen. Während Helge schon nach den fünfhundert Euro verlangt, interessanterweise will er sie von Christoph, frage ich sicherheitshalber nochmal nach.
»Entschuldigung«, sage ich so höflich wie möglich, »aber ich glaube Daressalam war mal Hauptstadt, ist aber jetzt nur noch Regierungssitz. Dodoma ist die Hauptstadt von Tansania.«
Zaituni schaut mich an, überlegt und nickt dann. »Stimmt, Frau hat recht«, ist ihr Kommentar. »Hauptstadt Tansania – Dodoma.«
Welch ein Hochgefühl. Wo bleibt der Tusch, der Flitterregen wie bei
Wer wird Millionär?
Ich springe hoch und freue mich unbändig. Fast noch mehr, als wenn sie gleich Dodoma gesagt hätte. Ich liebe Zaituni.
Helges Gesicht verdunkelt sich. »He, Moment mal, das ist doch das Gleiche. Hauptstadt, Regierungssitz. Macht doch keinen Unterschied.«
»O doch«, kläre ich ihn auf. Ich muss mir Mühe geben, nicht zu sehr in den Oberlehrerinnenton zu verfallen, aber die Situation ist einfach gigantisch.
»Schau, Helge«, sage ich wie zu einem dummen Kind,
»nimm die Niederlande. Hauptstadt ist Amsterdam, Regierungssitz Den Haag.«
»Das ist doch kleinlich«, brummelt Helge, aber unser Publikum schlägt sich auf meine Seite. Mit kleinlich sein kennen sich die Juristen ja aus.
»Also gut«, gibt er schließlich klein bei, »die fünfhundert
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