Liebster Mitbewohner
erinnern.
„Hi Max, ich bin wieder da. Lust, auf ein Bier vorbeizukommen?“
Ich schob mich an Felix vorbei, Richtung Badezimmer. Würde das eben für mein Telefonat herhalten müssen.
„Wir könnten pokern“, hörte ich Daniel noch sagen. „ Max soll Bier mitbringen, sag ihm das. Wir haben keins mehr hier.“
Ich schloss die Badezimmertür hinter mir, setzte mich auf den Klodeckel und wählte Elenas Nummer. Noch während es tutete, musste ich plötzlich an Benni denken und bekam ein schlechtes Gewissen. Vorhin, während des Gespräches mit Felix, hatte ich mir gewünscht, Felix hätte seine Meinung geändert. Da gab es kein Schönreden. Ich wollte ihn, nicht Benni.
Nach dem siebten Tuten legte ich auf. Wahrscheinlich war Elena noch auf dem Nachhauseweg und spürte die Vibration ihres Handys nicht.
Ich zog die Beine an und legte nachdenklich das Kinn darauf. Hatte Daniel nicht eigentlich Recht, wenn er sagte, dass ich Benni nur ausnutzte? Ganz offensichtlich war mein Plan nicht aufgegangen. Meine Treffen mit Benni hatten nicht dazu geführt, dass meine Gefühle für Felix nachließen. Und jetzt, da er wieder in meinem Zimmer wohnte, schien mir genau das noch unwahrscheinlicher. Sollte ich das Ganze nicht lieber beenden, bevor es richtig anfing?
Ich seufzte. Benni wehzutun war das letzte, das ich tun wollte. Außerdem kam ich mir schrecklich schäbig vor.
Und selbst, wenn ich die Sache mit Benni beendete: Wie ging es dann weiter? Würde ich die nächsten Jahre mit Felix in diesem kleinen Zimmer zusammen wohnen, ständig darauf hoffend, dass er es sich irgendwann anders überlegte. Dass er sich endlich entschied, meine Gefühle zu erwidern? Wie erbärmlich das wäre. So ein Dasein wollte ich nun wirklich nicht fristen.
Plötzlich fühlte ich mich schrecklich niedergeschlagen. Die Freude über Felix‘ Rückkehr und seinen Wiedereinzug, über die Tatsache, dass er unsere Freundschaft nicht aufgegeben hatte, kehrte sich ins Gegenteil. Ich wollte keine Freundschaft, verdammt noch mal. Wieso hatte ich mir das nicht früher eingestehen können? Diese Gefühle würden nicht einfach weggehen, nur weil ich mich mit irgendeinem anderen Mann traf. Sie würden nicht weggehen, nur weil ich das gerne wollte. So lief das nicht. Wie naiv ich doch gewesen war!
Zeit, sich der Realit ät zu stellen. Doch wie sah die konkret aus?
Eigentlich kannte ich die Antwort: Ich musste gehen. Felix endgültig aus meinem Leben verbannen.
Doch dieser Gedanke war schlichtweg unerträglich. Es musste doch noch eine andere Möglichkeit geben. Ich richtete mich auf, streckte mich, machte mich so groß wie möglich. Einfach nicht aufgeben. Das konnte ich in ein, zwei Monaten immer noch tun.
Ja, Gefühle ließen sich nicht einfach abstellen. Aber meist verschwanden sie trotzdem von alleine, irgendwann. Wenn Felix und ich jetzt wieder nur Freunde waren; wenn wir das Zimmer teilten wie früher; wenn ich vielleicht doch eines Tages jemanden traf, der wieder Gefühle in mir auslöste. Vielleicht war Benni einfach nicht der Richtige gewesen.
Es klingelte an der Tür.
Ich trat ans Waschbecken und wusch mir mit kaltem Wasser das Gesicht. Das würde schon werden. Das würde schon alles irgendwie werden. Ich sah in den Spiegel. Fluchend wischte ich mir die Mascara-Streifen, die das Wasser unter meinen Augen hinterlassen hatte, aus dem Gesicht.
Ich trat aus dem Badezimmer und stieß beinahe mit einem nicht besonders großen , blonden, Brille tragenden jungen Mann zusammen.
„Hi“, sagte er, als ob wir alte Freunde wären , und umarmte mich kurz.
„Hi.“ Ich warf Felix, der Max folgte, einen verwirrten Blick zu. Ich war mir sicher, diesen Mann noch nie im Leben gesehen zu haben.
„Ist Johanna gar nicht hier?“ Max setzte seinen Weg in die Küche fort.
„Wer ist Johanna?“, fragte ich und lief ihm nach.
Max stellte den Sixpack Bier, den er mitgebracht hatte, auf dem Küchentisch ab.
Daniel, der gerade den Pokerkoffer hinter der Küchentür hervorkramte, nickte Max zu. „W ovon redet ihr?“, fragte er neugierig.
„Irgendeine Johanna sollte hier sein, ist e s aber nicht“, gab ich zurück. „Felix…?“ Ich drehte mich nach ihm um.
Er stand hinter mir, no ch halb im Flur. „Was?“, fragte er. Doch irgendwie hatte ich den Eindruck, dass er genau wusste, um was es ging.
„Na, Johanna“, grinste Max in Felix‘ Richtung. „Typisch von dir, kein Wort darüber zu verlieren. Wenn ich sie bei meinem Besuch letztens in München
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