Lied des Schicksals
Möglichkeit, es Louisa zu sagen, ohne dass es sie zu tief erschüttert. Liebst du sie aufrichtig?«
»Ich liebe Louisa, aber ohne groÃe Leidenschaft.«
»Wie sehr liebt Louisa dich?«
»Zu sehr. Hätten wir beide aus ähnlichen Gründen diese Ehe eingehen wollen, könnten wir uns jetzt leichter darauf einigen, getrennte Wege zu gehen. Ich hasse den Gedanken, ihr wehzutun. Sie ist ein so liebes und sanftes Wesen.«
»Louisa ist im Aussehen und im Charakter genau so, wie ihre leibliche Mutter war. Doch Jenny hat eine innere Kraft und Stärke bewiesen, die uns alle überraschte. Ich glaube, dass Louisa zu der gleichen Stärke fähig sein wird.«
»Ich hoffe, dass du recht hast, Tante Meggan.«
»Das hoffe ich auch. Nun entschuldige mich bitte, Darcy. Ich werde zurzeit schnell müde. Es wird Zeit, dass ich mich zum Schlafen zurückziehe. Du kannst diese Nacht Ruans Zimmer benutzen. Er ist in Ballarat und kommt erst in ein bis zwei Tagen zurück.«
»Wenn es dir recht ist, Tante Meggan, würde ich lieber in Boneys altem Cottage schlafen, wenn es frei ist.«
»Ja, schon. Das benutzt niemand. Aber hättest du es im Haus denn nicht bequemer?«
»Das Cottage reicht mir.«
»Wie du möchtest. Lass dir von Mrs Clancy alles geben, was du brauchst.«
Drinnen im Cottage war es ein bisschen staubig, und es roch muffig. Ansonsten aber war alles sauber. Darcy warf die Decken, die Mrs Clancy ihm gegeben hatte, auf das Bett und machte Feuer. Dann lehnte er sich gegen den Rahmen der offenen Tür und blickte zu dem Farmhaus hinüber, in dem Etty schlief. Wenn sie nicht zu Hause gewesen wäre, hätte er Ruans Zimmer genommen. Doch er war auf gar keinen Fall in der Lage gewesen, mit ihr unter einem Dach zu schlafen. Er hasste sie beinahe, wünschte, sie wäre in Europa geblieben. Heute Abend war sie vor einem Gespräch mit ihm davongelaufen. Wie würde sie sich morgen verhalten?
20
F ür Etty war an Schlaf nicht zu denken. Nachdem sie sich in ihr Zimmer geflüchtet hatte, hatte sie sich auf die Bettkante gesetzt. Da saà sie nun, die Hände fest ineinander verschränkt gegen das Kinn gedrückt und die Arme seitlich an sich gepresst, um das furchtbare Zittern zu unterdrücken, das sie ergriffen hatte. In ihrem Kopf herrschte ein derartiger Aufruhr, dass sie nicht denken, sich nicht bewegen, überhaupt nichts tun konnte.
Vielleicht hätte sie die ganze Nacht so dagesessen, wenn ihre Mutter nicht an die Tür geklopft hätte und unaufgefordert eingetreten wäre. Meggan sah ihre Tochter an und machte leise die Tür hinter sich zu.
»Es ist wegen Darcy, nicht wahr? Du hast gar keine Kopfschmerzen.«
»Hast du ihn hierhergebeten, um mich zu überraschen, Mama? Wenn ja, dann ist dir das zweifellos gelungen.«
»Ganz ruhig, mein Liebes. Es hat dir offensichtlich einen groÃen Schock versetzt, Darcy zu sehen. Aber glaub mir, Etty, wir hatten keine Ahnung, dass er plötzlich auf Langsdale auftauchen würde.«
»Warum ist er denn gekommen? Hat er gewusst, dass ich hier bin?«
»Etty, sei doch vernünftig. Du bist doch erst seit gestern hier. Und wir hatten auch nicht gewusst, dass du nach Hause kommen würdest.«
»Tut mir leid, Mama. Doch dass Darcy einen Tag nach mir hier ankommt, schien mir ein zu groÃer Zufall, als dass es nicht geplant gewesen wäre.«
»Ich kann dir versichern, dass es nicht geplant war. Doch nun sag mir, warum dich seine Anwesenheit so aufgeregt hat, nachdem du fast zweieinhalb Jahre fort warst und Darcy kein einziges Mal in deinen Briefen erwähnt hast. Bist du mit Darcy im Unfrieden auseinandergegangen?«
»Ja. Das letzte Mal, als ich ihn in Melbourne gesehen habe, kurz bevor ich nach Ãbersee gegangen bin. Seit damals habe ich nichts mehr von ihm gehört.«
»Hast du ihm denn geschrieben und dich bei ihm entschuldigt, weil du dich im Unfrieden von ihm getrennt hast?«
» Ich war nicht wütend auf ihn. Er war wütend auf mich. Und ich habe ihm tatsächlich geschrieben, Mama, aber er hat mir nie geantwortet.«
»Worüber habt ihr euch denn gestritten, dass du nach so langer Zeit immer noch verbittert bist?«
Etty stand auf und ging zum Fenster. Dort schob sie den Vorhang zur Seite und starrte hinaus in die Dunkelheit. »Darüber möchte ich nicht reden, Mutter.«
»Na schön. Ich werde dich nicht
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