Life - Richards, K: Life - Life
wäre ein Notgenerator angesprungen, bloß dass dein Erinnerungsvermögen und Hirn aussetzen. Über diese Nächte hätte mein Freund Freddie Sessler so einiges erzählen können. Möge er in Frieden ruhen.
Eine bestimmte Erinnerung, die man unter »Gerade so davongekommen« abspeichern könnte, hat tatsächlich mit einem Kronleuchter zu tun. Dieses Erlebnis habe ich in meinem Notizbuch verewigt, Überschrift: »Eine himmlische Schrotflinte«.
Eine (namenlose) Lady, die ich auf meine Kosten unterhalten hatte, bestand aus übergroßer Dankbarkeit darauf, nun ihrerseits mich zu unterhalten. Sie zog sich bis auf die Haut aus, sprang in die Höhe und packte den riesigen Kronleuchter, um daran einige sehr athletische Übungen zu vollführen. Die Lichter blitzten durchs ganze Zimmer, es war wirklich sehr unterhaltsam. Doch als sie losließ und im Stil einer professionellen Akrobatin neben mir auf dem Sofa landete, löste sich der Leuchter aus seiner Verankerung und zerschellte krachend auf dem Boden. Während der Kristallregen auf uns niederging, kauerten wir uns hysterisch lachend aneinander. Und dann ging’s erst richtig los.
Mit Truman Capote, Autor von Kaltblütig , hatten wir auch unseren Spaß. Truman war einer von Micks Promifreunden, die sich an die Tour gehängt hatten, darunter auch Prinzessin Lee Radziwill
oder Prinzessin Radieschen, wie wir sie nannten. Truman hieß bei uns Truby. Weil er im Auftrag einer spendablen Zeitschrift unterwegs war, war er sozusagen auf Geschäftsreise. Backstage ließ er einmal einen zickigen Spruch los - er nörgelte herum wie ein alter Knacker, beschwerte sich tatsächlich über den Krach! Das ging mir ziemlich auf den Sack. Die Show war gelaufen, ich befand mich bereits im siebten Himmel. Dem Hurensohn musste eine Lektion erteilt werden - dieses großkotzige New-York-Gehabe, wirklich ätzend. Wir waren hier schließlich in Dallas! Die Sache lief dann ein bisschen aus dem Ruder. Ich weiß noch, wie wir im Hotel gegen Trumans Tür polterten, die ich schon mit Ketchup von einem Servierwagen vollgeschmiert hatte . Komm raus, du alte Tunte! Was willst du eigentlich hier? Ich zeig dir gleich, was kaltblütig heißt! So ist das eben auf Tour, Truby! Komm raus und sag das noch mal, hier auf dem Flur! Wenn man die Geschichte aus dem Zusammenhang reißt, stehe ich da wie der letzte Johnny Rotten. Er muss mich wirklich ziemlich provoziert haben.
Eine andere Anekdote mit Capote ist jedoch zum Schreien komisch: Aus unerfindlichen Gründen fand Truman Gefallen an Bobby. Nach seinem Gastspiel bei den Stones saß Truby in der Johnny Carson Show. Johnny fragt: »Was denken Sie über dieses ganze Trara, das um den Rock’n’Roll gemacht wird? Und über die merkwürdigen Sachen, die Sie angestellt haben?« - »Na ja«, antwortet Truman, »ich war auf Tour mit den Stones.« Natürlich sitzt Bobby vor dem Fernseher und hört, wie Johnny sagt: »Dann erzählen Sie doch ein bisschen von Ihren Erlebnissen. Wen haben Sie so kennengelernt?« - »Oh«, erwidert Truman, »ich habe da einen entzückenden jungen Mann aus Texas kennengelernt.« Während Bobby brüllt: »Nein! Halt den Mund!« Natürlich hatte Bobby sofort die Texas League of Gentlemen an der Strippe: »Also Sie und Truman, was?«
Aus zwei Gründen erinnere ich mich an unseren Auftritt in Boston am 19. Juli 1972. Zunächst mal, weil uns die Bostoner Polizei höchstpersönlich zum Stadion eskortiert hat, nachdem uns ihre Kollegen in Rhode Island am liebsten weggesperrt hätten. Wir waren von Kanada nach Providence geflogen, und natürlich wurde erst mal unser Gepäck durchsucht. Ich machte es mir inzwischen auf dem Kotflügel eines Löschzugs gemütlich, ein schönes, altmodisches Ding mit geschwungenen Schutzblechen. Plötzlich explodierte irgendwas in meinem Gesicht, irgendwas Heißes - ein Typ hatte mir direkt in die Fresse geblitzt. Ich sprang auf, schnappte mir die Kamera und trat dem Fotografen in den Arsch. Verpiss dich! Prompt wurde ich verhaftet. Mick, Bobby Keys und Marshall Chess bestanden darauf, ebenfalls verhaftet zu werden. Das muss ich Mick lassen. Drüben in Boston brodelte es derweil im puerto-ricanischen Viertel, die wollten ein bisschen Aufstand machen, und deshalb meinte der Bürgermeister von Boston: So, ihr lasst diese Arschlöcher jetzt laufen, wir haben hier schon genug Ärger am Hals, da brauchen wir nicht auch noch einen Stones-Krawall. Und tatsächlich: Wir durften gehen und wurden sogar in Windeseile nach
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