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Life - Richards, K: Life - Life

Titel: Life - Richards, K: Life - Life Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Richards
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süchtig.« Aber selbst das hält diesen einsichtigen Menschen nicht davon ab, wieder damit anzufangen.
     
    Während ich in der Klinik war, brachte Anita ein paar Häuser weiter unsere Tochter Angela zur Welt. Als ich aus dem Horror wieder auftauchte, nahm ich meine Gitarre und schrieb an einem Nachmittag »Angie«. Ich saß im Bett, fühlte mich einigermaßen normal, konnte endlich meine Finger wieder bewegen und auf die richtigen Stellen legen und hatte nicht mehr das Gefühl, als müsste ich das Bett vollscheißen oder die Wände hochklettern. Ich sang einfach »Angie, Angie«. Damit war keine bestimmte Person gemeint, es war einfach ein Name, wie »ohhh Diana«. Ich wusste ja noch nicht, dass Angela mal Angela heißen würde, als ich »Angie« schrieb. Damals erfuhr man vom Geschlecht seines Kindes erst, wenn es das Licht der Welt erblickte. Tatsächlich gab Anita ihr den Namen Dandelion. Den zweiten Namen Angela erhielt sie nur, weil sie in einem katholischen Krankenhaus geboren wurde, das auf einem zweiten, einem »anständigen« Namen bestand. Als sie dann etwas größer war, sagte sie zu mir: »Wehe, du nennst mich noch einmal Dandy!«

Bild 8

    © Ethan Russell

    KAPITEL 9

    Aufbruch zur großen’72er-Tour. Dr. Bill packt seine Medizintasche aus, Hugh Hefner lädt uns ein, ich lerne Freddie Sessler kennen. Umzug in die Schweiz, später nach Jamaika. Unterwegs geraten Bobby Keys und ich in Schwierigkeiten, werden aber vom Ananas-König von Hawaii rausgehauen. Ich kaufe ein Haus auf Jamaika, Anita landet dort im Knast und wird ausgewiesen. Gram Parsons stirbt, während ich auf der Liste der nächsten Todeskandidaten lande. Ronnie Wood stößt zur Band.
    Die große, hässliche’72er-Tour der Stones begann am 3. Juni. Dass ein sensibler Mensch wie Keith in dieser Situation seinen Stoff brauchte, leuchtet ein, aber mir hat das Zeug nie geholfen. Ich hoffte bloß auf bessere Zeiten. Der Idealismus der’69er-Tour war in einer Katastrophe geendet. Bei der’72er-Tour hatten wir Truman Capote, Terry Southern, Prinzessin Lee Radziwill und Robert Frank im Schlepptau (hätte die Saturday Review gezahlt, wäre William S. Burroughs auch dabei gewesen). Weitere Attraktionen waren ein reisender Arzt, scharenweise Dealer und Groupies, ausschweifende Sex-und-Drogen-Partys. Die öffentlichen Exzesse und Orgien, die ich bei dieser Tour als Beobachter oder Beteiligter miterlebte, könnte
ich jetzt bis ins intimste Detail schildern; aber ab einem bestimmten Punkt verschwimmen die ganzen Fettuccine auf edlem Samt, die ganzen warmen Urinpfützen auf Luxusteppichen, die ganzen Flutwellen spritzender Geschlechtsorgane zu einem undefinierbaren Brei. Irgendwann kennt man das zur Genüge. Die Details sind zu vernachlässigen.
    - Stanley Booth, Keith: Standing in the Shadows
     
    So etwas habe ich noch nie erlebt. Ich bin schon mit vielen außergewöhnlichen Menschen gereist, aber auf diesen Reisen war das Interesse immer auf die Umgebung gerichtet … Auf Tour mit den Stones aber wird die Außenwelt völlig ausgeblendet. Du kommst überhaupt nicht nach draußen, weißt nie, in welcher Stadt du gerade bist.
    - Robert Frank, Fotograf und Regisseur, Cocksucker Blues
    D ie’72er-Tour lief unter verschiedenen Namen: »Cocaine and Tequila Sunrise Tour« oder auch STP, »Stones Touring Party«. Durch Berichte wie Stanley Booths Auflistung unserer Ausschweifungen wurde das Ganze zum Mythos. Ich persönlich habe das alles nicht mitbekommen. Stanley hat sicher übertrieben - vielleicht war er noch ein bisschen grün hinter den Ohren. Aber tatsächlich wollten uns die besseren Hotels keine Zimmer mehr geben; ein Holiday Inn war schon das höchste der Gefühle. Damals buchten wir zum ersten Mal ganze Etagen, die niemand sonst betreten durfte. Manche von uns - ich zum Beispiel - legten nämlich Wert auf Privatsphäre und Sicherheit. Nur so konnten wir in Ruhe feiern. Wenn es Schwierigkeiten gab, wurden wir vorgewarnt.
    Zahlenmäßig war unser Gefolge mächtig gewachsen: Roadies, Techniker, Mitläufer, Groupies. Zum ersten Mal mieteten wir ein
Privatflugzeug mit aufgemalter Schleckzunge. Wir waren ein Piratenstaat unter eigener Flagge, im großen Stil unterwegs, mit Anwälten, Clowns und anderen Bediensteten. Die Jungs, denen wir die Leitung der Operation übertragen hatten, mussten mit einer ramponierten Schreibmaschine und den Telefonen im Hotel oder auf der Straße auskommen. Bestenfalls. Damit mussten sie eine Tournee durch dreißig

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