Life - Richards, K: Life - Life
sich tatsächlich aufs Bett und sagte: Jetzt komm schon.
Unterdessen lebte ich noch mit Lil zusammen. Über Nacht verschwand ich für zehn Tage und mietete mich im Carlyle ein. Lil fragte sich natürlich, wo ich abgeblieben war. Aber sie kam ziemlich schnell dahinter. Damals waren wir schon achtzehn Monate zusammen, wir hatten uns in unserem Apartment richtig nett eingerichtet. Lil war großartig, und ich hatte sie kurzerhand abserviert … das musste ich irgendwie wiedergutmachen.
Mich hat interessiert, wie Patti diese lang zurückliegenden Ereignisse sieht.
Patti Hansen: Für mich war Keith ein unbeschriebenes Blatt. Ich interessierte mich nicht besonders für seine Musik. Natürlich wusste ich, wer die Rolling Stones waren, ich hörte schließlich Radio, aber das war nicht mein Ding. März’79 ging ich dann an meinem Geburtstag ins Studio 54. Ich hatte gerade mit einem Typen Schluss gemacht, mit dem ich ein paar Jahre zusammen gewesen war, und tanzte mit meiner Freundin Shaun Casey. Sie sah, wie Keith reinkam. Er setzte sich in eine kleine Nische, und da der Laden bald dichtmachte, ging sie zu ihm und sagte: »Meine beste Freundin hat heute Geburtstag; spendierst du ihr eine Flasche Champagner? Uns geben sie keinen mehr.« Übrigens wäre sie eine gute Freundin von Bill Wyman. Sie stellte uns kurz vor, Keith und mich, aber daran kann ich mich kaum erinnern. Ich ging wieder tanzen, wahrscheinlich war es schon drei Uhr morgens. Ich glaube, Keith war zum ersten
Mal im Studio 54, und dabei sollte es auch bleiben. Aber ich war ständig dort, und deshalb hat er mich da auch entdeckt.
Im Dezember’79 arbeitete ich dann mit Jerry Hall in Richard Avedons Studio. Bald steigt eine große Party für Keith Richards, meinte sie, ob ich nicht Lust hätte mitzukommen. Dabei waren Jerry und ich gar nicht befreundet, wir modelten nur zusammen. Ich kannte weder sie noch Keith. Aber als es so weit war, trank ich ein bisschen Wodka mit einer Freundin und sagte, los, gehen wir auf diese Party im Roxy, schauen wir uns den Typen mal an. Die meisten meiner Freunde waren schwul, daher machte es mich ziemlich nervös, einen Kerl kennenzulernen, der mich auch kennenlernen wollte. Das Ganze war ein abgekartetes Spiel, also ein bisschen billig und nuttig. Aber es war Ende der Siebziger, und ich war dreiundzwanzig. Wir fuhren also hin, und dann gab es einen wundervoll hilflosen Schmetterlingeim-Bauch-Moment, als ich da saß und er mich umgeben von tausend Leuten anschaute. Als die Sonne aufging, hatten Billy und ich genug. Wir fuhren zurück zu mir, aber anscheinend hatte ich Keith irgendwann im Laufe der Nacht meine Nummer gegeben, denn ein paar Tage später rief er um zwei Uhr morgens an: »Du warst so plötzlich verschwunden. Und hey, warum treffen wir uns nicht im Tramps?« Da trat irgendeine Band auf. Einer meiner schwulen Freund meinte: Tu’s nicht! Geh nicht hin, Patti, geh nicht hin! Ich erwiderte: Ich geh hin. Das wird toll.
Nach diesem Abend im Tramps waren wir fünf Tage lang ununterbrochen zusammen unterwegs. Im Auto, in irgendwelchen Apartments oder in Plattenläden in Harlem. Und am fünften Tag, als ich endlich das Gefühl hatte, dass es
vorangeht, fuhren wir zu Mick. Glaube ich jedenfalls. Mick schmiss eine Riesenparty. Ich war ein erfolgreiches Model, hatte schon einige Vogue -Cover gehabt, aber dieses High-Society-Leben lag mir immer noch nicht, und bei Mick tummelten sich wirklich die oberen Zehntausend. Also sagte ich zu Keith, ich glaube, ich geh lieber heim. Das hier ist nichts für mich. Danach gingen wir wieder getrennte Wege.
Kurz darauf war ich draußen auf Staten Island - Silvester mit der Familie. Ich weiß noch, wie ich nach Mitternacht ins Auto stieg und mit Höchstgeschwindigkeit zurück in die Stadt raste. Als ich ankam, bemerkte ich ein paar Blutstropfen auf der Treppe zu meinem Apartment, und oben an der Tür lehnte Keith. Er wartete auf mich. Keine Ahnung, was passiert war, vielleicht hatte er sich den Fuß aufgeschnitten oder so. Mein Apartment lag an der Kreuzung Fifth Avenue/Eleventh Street, während er zu jener Zeit in der Eighth Street arbeitete, so weit ich mich erinnern kann. Offensichtlich hatten wir uns bei mir verabredet. Es war wundervoll.
Keith suchte uns eine Bleibe, das Carlyle Hotel. Ich weiß noch, wie perfekt er alles einrichtete. Die Beleuchtung, die Vorhänge, die er extra aufhängen ließ, die wunderschönen Tücher über den Lampen. Es war ein Zimmer mit zwei getrennten Betten.
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