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Life - Richards, K: Life - Life

Titel: Life - Richards, K: Life - Life Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Richards
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meine Augen legt sich ein roter Schleier, und dann bin ich zu allem fähig. Es ist furchtbar. Ich hasse es, wenn mich jemand in eine Situation bringt, in der Gewalt ins Spiel kommt. Dann kriegst du fast noch mehr Angst vor dir selbst als vor jedem möglichen Gegner. Weil du nämlich weißt, dass du den Punkt ohne Wiederkehr erreicht hast, dass du jetzt zu allem fähig bist. Du könntest töten, einfach so, und dann würdest du aufwachen und fragen: »Was ist passiert?« - »Na ja, du hast ihm den Hals gebrochen.« Die paar Male,
wo ich diesen Punkt erreichte, hatte ich definitiv Angst vor mir selbst. Vielleicht hat es was damit zu tun, dass ich als Kind oft verprügelt wurde, weil ich der Kleinste in der Klasse war. Auf jeden Fall geht das sehr weit zurück.
    Mein Security-Mann und Freund Gary Schultz war einmal dabei, als mir so ein kleines französisches Arschloch in einem Pariser Nachtclub wirklich auf den Sack ging. Er war völlig dicht. Ich war mit Lil da, die er anzubaggern versuchte. Ich sagte ihm nur: »Was hast du gesagt?« - »Was?« In der Hand hielt ich ein Weinglas mit langem Stiel. Ich schlug den Fuß ab, setzte ihm den Stiel an den Hals und zwang ihn in die Knie. Dabei hoffte ich, dass ich das eigentliche Glas nicht zerbrechen würde, denn dann hätte ich nicht mehr die Oberhand gehabt. Er hatte nämlich einen Haufen Freunde dabei, und ich musste nicht nur mit ihm, sondern auch mit seinen Kumpels fertigwerden. Also musste ich das so dramatisch wie möglich erscheinen lassen. »Schafft den Kerl weg.« Und sie taten es. Sonst hätten uns seine Kumpels allesamt plattgemacht.
    Ein Messer sollte höchstens eingesetzt werden, um Zeit zu gewinnen, die Knarre, damit man seinem Anliegen Nachdruck verleihen kann. Aber man muss dabei überzeugend sein. Zum Beispiel - ich erinnere mich da an einen Zwischenfall zu jener Zeit -, wenn man in Paris versucht, ein Taxi zu bekommen, und das als Ausländer. Da stehen zwanzig Wagen hintereinander in einer Reihe und warten. Du gehst also zum ersten, und der schickt dich zu dem dahinter, und der schickt dich wieder nach vorn. Und dann merkst du, aha, es geht gar nicht um die Fuhre, ihr wollt bloß die Leute verarschen; und das ist dann der Moment, wo du anfängst, genervt zu grummeln und mit den Füßen im Staub zu scharren. Für sie ist es ein Spaß, Ausländer so vorzuführen, und ich habe auch schon gesehen, wie sie es bei alten Damen machten. Aber mir reichte es langsam. Ich ließ also einen von ihnen mein Messer sehen
und sagte: »Du fährst mich, und zwar jetzt gleich.« Erst später erfuhr ich, dass sie mit Franzosen aus der Provinz noch viel mieser umspringen.
    In Paris wurde mir klar, dass ich mich endgültig vom Heroin verabschiedet hatte. Etwa ein Jahr später traf ich Wonder Woman Lynda Carter und Mick und noch ein paar andere zum Abendessen. Ich weiß nicht, warum Mick das arrangiert hatte. Er ist irgendwie komisch in solchen Dingen. Er sagte: »Komm mit in den Bois de Boulogne. Ich bin da mit einem Typen verabredet.« Mick dachte, er würde Kokain bekommen. Also machten wir den Deal im Park, die Gesellschaft löste sich auf, und wir gingen nach Hause. Aber die Tüte war voller Heroin, nicht Koks. Typisch Mick Jagger. Er hatte keinen blassen Schimmer. »Mick, das hier ist kein Koks, Mann.« Ich schaute mir diese große, wunderbare Tüte mit Stoff an. Draußen vor dem Apartment in der Rue Saint-Honoré regnete es. Ich sah mir das Zeug an, nahm - ich geb’s zu - etwa ein Gramm davon raus und tat es in ein Briefchen, bevor ich den Rest einfach auf der Straße verteilte. Ich glaube, das war der Moment, an dem mir klar wurde, dass ich endgültig kein Junkie mehr war. Obwohl ich eigentlich schon seit zwei, drei Jahren von dem Stoff runter war, zeigte mir erst dieses Ereignis, dass der Stoff keine Macht mehr über mich hatte.
     
    Mit Anita war es unwiderruflich vorbei, als ihr junger Freund sich in einem Bett in unserem Haus das Hirn wegpustete. Ich war dreitausend Meilen entfernt in Paris, um eine Platte aufzunehmen, aber Marlon war da. Er hörte, wie Anita schrie, und sah, wie sie blutüberströmt die Treppe runtergelaufen kam. Es heißt, der Junge hätte sich beim russisch Roulette ins Gesicht geschossen. Ich hatte ihn kennengelernt. Er war ein verrückter junger Kerl, siebzehn Jahre alt, Anitas kleiner Freund. Ich sagte ihr: »Hör mal, Baby, mit
uns beiden ist es vorbei, finito, aber das ist nicht der richtige Kerl für dich.« Und er hat mich letztendlich

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