Life - Richards, K: Life - Life
Ewigkeit hassen. Da warf er das Handtuch. Letzteres hatte den Ausschlag gegeben, das war mir klar. Der ganze Machoscheiß war bedeutungslos. Er wollte mich nur auf die Probe stellen.
Greg war ebenfalls eine harte Nuss. Eigentlich ein netter, hart arbeitender Kerl mit acht Kindern, ein Baby nach dem anderen.
Ich habe in eine religiöse Familie eingeheiratet, komplett mit Kirchenbesuchen, Gebetskreisen und so weiter. Meine Vorstellung von Religion sieht ein bisschen anders aus. Den Himmel fand ich zum Beispiel nie besonders spannend. Was soll ich da? Überhaupt erscheint es mir viel wahrscheinlicher, dass sich Gott in seiner unendlichen Weisheit mit einem einzigen Jenseits begnügt hat. Kommt ja auch billiger. Ich glaube, Himmel und Hölle sind ein und dasselbe, nur dass im Himmel alle Wünsche in Erfüllung gehen, man sieht Mama und Papa wieder und alle guten Freunde, alle umarmen sich und küssen sich und klimpern auf ihren Harfen. Die Hölle ist derselbe Ort - kein Fegefeuer oder so - nur dass du unsichtbar bist. Die anderen laufen an dir vorbei, keiner erkennt dich. Du kannst winken, soviel du willst: »Ich bin’s, dein Vater!« Du hockst mit deiner Harfe auf deiner Wolke, kannst aber mit niemandem spielen, weil dich niemand sieht. Das ist die Hölle.
Pattis dritter Bruder Rodney war Marinegeistlicher, als wir uns kennenlernten. Also führten wir theologische Auseinandersetzungen. Sag mal, Rodney, wer hat dieses Buch wirklich geschrieben? Ist es das Wort Gottes oder doch eher die bearbeitete Fassung? Hat da irgendwer drin rumgepfuscht? Darauf wusste er natürlich nichts zu sagen. Diese Kabbeleien machen uns bis heute großen Spaß. Ihm ist das richtig wichtig, er liebt die Herausforderung. Manchmal hat er eine Woche später plötzlich eine Antwort parat: »Der Herr meint …« - »Ach ja, meint er das?« Ich musste mir die Gunst von Pattis Familie hart erkämpfen, aber wenn sie dich erst mal akzeptiert hat, dann geht sie für dich durchs Feuer.
Diese Herzensangelegenheiten waren eine willkommene Ablenkung, da sich die Atmosphäre zwischen Mick und mir zunehmend verschlechterte. Es kam ganz plötzlich, und als ein ziemlicher
Schock. Es ging los, als ich endlich vom Heroin runtergekommen war. Für unsere 1980er-Platte Emotional Rescue schrieb ich einen Song namens »All About You«, den ich sogar selber sang, damals eine echte Seltenheit. Die Lyrics-Experten sind sich einig, dass er von der Trennung von Anita handelt, und tatsächlich klingt er nach einem wütenden Boy-Girl-Song, einem verbitterten Liebeslied über den Moment, wenn man endgültig die Flinte ins Korn wirft:
If the show must go on
Let it go on without you
So sick and tired
Of hanging around with jerks like you
In einem Song geht es niemals nur um ein Thema, aber wenn es in diesem Song überhaupt um irgendetwas ging, dann wahrscheinlich um Mick. Ich fuhr die Krallen aus, denn er hatte mich tief verletzt: Mir war klargeworden, dass ihm meine Junkie-Existenz in gewisser Hinsicht sehr gut in den Kram gepasst hatte - als Junkie pfuschte ich ihm wenigstens nicht ins Alltagsgeschäft rein. Aber jetzt war ich clean, jetzt war ich wieder da, und zwar mit der Einstellung: Okay, vielen Dank, ab heute nehm ich dir mal ein bisschen was ab. Danke, dass du das die ganzen Jahre lang alles allein geschmissen hast, als ich nicht richtig bei der Sache war. Aber du wirst schon sehen, ich mach das wieder gut.
Und ich hatte ja nicht richtig Scheiße gebaut; ich hatte nur mich selbst in die Scheiße geritten. Ihm hatte ich ein paar tolle Songs geliefert. »War knapp, Mick, aber ich hab’s überstanden«, und er hatte selbst ein paar haarige Situationen hinter sich. Wahrscheinlich hatte ich insgeheim mit einem Anfall von Dankbarkeit gerechnet: Gott sei Dank, Kumpel, und so weiter.
Micks Reaktion aber fiel ganz anders aus: Ich habe hier das Sagen! Eine knallharte Zurückweisung. Manchmal fragte ich: Okay, was läuft hier gerade, wie gehen wir mit diesem oder jenem um? Schweigen. Er wollte einfach nicht mit mir reden. Langsam kapierte ich, dass Mick sämtliche Fäden in der Hand hielt und keine Lust hatte, auch nur einen einzigen davon abzugeben. Oder irrte ich mich? Bisher war mir nie aufgefallen, dass er so ein Machtmensch, so ein Kontrollfreak war. Ich hatte immer gedacht, dass wir alle an einem Strang zögen, das wäre unsere Arbeitsweise. Ich war ein idealistischer Idiot. Mick hatte sich in die Macht verliebt, während ich … nun ja, künstlerisch tätig
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