Life - Richards, K: Life - Life
doch wenigstens die Songs von seinen beiden Soloalben spielen. Er gibt den Solokünstler, und dann lässt er zwei
Miezen zu »Tumbling Dice« herumhüpfen. Die Rolling Stones haben immer hart daran gearbeitet, sich ihre Integrität zu bewahren - soweit das möglich ist in der Musikindustrie. Aber die Art, wie Mick seine Solokarriere betrieb, torpedierte all das, und das machte mich rasend.
Etwas hatte Mick grundlegend falsch eingeschätzt. Er war wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass jede Truppe guter Musiker mit ihm so harmonieren würde wie die Rolling Stones. Aber er hörte sich nicht an wie er selbst. Er hatte zwar hervorragende Musiker, aber das Ergebnis war ungefähr so wie bei der Fußballweltmeisterschaft. England ist nicht Chelsea oder Arsenal. Das Spiel ist ein anderes, du musst mit einem anderen Team zusammenarbeiten. Er hatte die besten Leute angeheuert, und zu denen musste er eine Beziehung aufbauen. Was nicht gerade Micks Stärke ist. Klar, er konnte rumstolzieren, sich einen Stern auf die Garderobentür pappen lassen und die Band wie Tagelöhner behandeln. Nur kommt so nicht automatisch gute Musik zustande.
Ich sagte mir: Scheiß drauf, und beschloss, selbst eine Band aufzumachen. Ich wollte Musik machen, notfalls ohne Mick. Ich schrieb einen Haufen Songs. Ich veränderte meinen Gesangsstil, wie zum Beispiel bei »Sleep Tonight«. Meine Stimme klang jetzt anders als früher, tiefer, und mit der Art von Balladen, die ich angefangen hatte zu schreiben, funktionierte das ziemlich gut. Also trommelte ich ein paar Leute zusammen, mit denen ich schon immer hatte arbeiten wollen. Der Erste stand von Anfang an fest. Man konnte fast sagen, dass die Zusammenarbeit zwischen mir und Steve Jordan schon in Paris während der Aufnahmen zu Dirty Work begonnen hatte. Steve ermutigte mich; er hörte etwas in meiner Stimme, von dem er glaubte, es würde auf Schallplatte gut rüberkommen. Wenn mir eine Melodie einfiel, an der ich herumbastelte,
sang ich sie ihm vor. Im Team blühe ich auf - wenn ich was geschrieben habe, brauche ich die Bestätigung, dass es gut ist. In New York machten wir erste Versuche, zusammen Songs zu schreiben. Dann jammten wir mit seinem Kumpel Charley Drayton, einem Bassisten, der auch ein außergewöhnlich begabter Schlagzeuger ist, in Woodys Haus. Danach waren wir eine Zeit lang auf Jamaika, und er wurde mein Freund. Steve und ich stellten fest, dass wir zusammen Songs schreiben können. Er ist der Einzige. Außer Jagger/Richards gibt es nur Jordan/Richards.
Steve soll selbst erzählen, wie unsere Zusammenarbeit begann.
Steve Jordan: In der Zeit, als wir zusammen Songs schrieben, standen Keith und ich uns sehr nahe. Das war, bevor wir die Band zusammenstellten, als wir noch zu zweit waren. Wir gingen in ein Studio namens Studio 900, gleich um die Ecke von meiner und nicht weit entfernt von seiner Wohnung in New York. Dort verkrochen wir uns. Als wir das erste Mal da waren, haben wir zwölf Stunden am Stück gespielt. Keith ging nicht einmal raus, um zu pissen! Es war unglaublich, es war die pure Liebe zur Musik, die uns verband. Für ihn war es eindeutig ein Akt der Befreiung. Er trug so viele Ideen mit sich herum, die unbedingt rausmussten. Er war sehr wütend, das kam in den Texten zum Ausdruck, die er schrieb. Er trug sein Herz auf der Zunge. Viele Stücke waren sehr konkret. Sie drehten sich um seinen alten Partner. »You Don’t Move Me« war so ein typischer Song, der schließlich auf Talk Is Cheap landete, seinem ersten Soloalbum.
Am Anfang hatte ich nur diese Zeile, »You don’t move me anymore«. Ich hatte keine Ahnung, in welche Richtung ich damit wollte. Es konnte ein Kerl sein, der mit seinem Mädchen spricht,
oder umgekehrt. Als ich mich dann an die erste Strophe machte, erkannte ich schnell, wohin es mich zog. Das Ziel war plötzlich klar, es hieß Mick. Aber ich wollte gnädig sein. Auf meine Art.
What makes you so greedy
Makes you so seedy.
Steve und ich waren der Meinung, wir sollten ein Album aufnehmen, und so fingen wir an, die Kernmannschaft der X-Pensive Winos zusammenzustellen - der Name fiel mir erst später ein, als ich die Flasche Château Lafite entdeckte, die im Studio als leichtes Erfrischungsgetränk gedient hatte. Tja, für diese erstaunliche Bruderschaft war nichts zu gut. Als Steve mich fragte, wen ich in der Band haben wollte, nannte ich als Ersten Waddy Wachtel. Steve sagte: »Du nimmst mir die Worte aus dem Mund, Bruder.« Ich kannte Waddy
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