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Life - Richards, K: Life - Life

Titel: Life - Richards, K: Life - Life Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Richards
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mit Mick hatte ich mit niemandem über einen längeren Zeitraum Songs geschrieben, aber mit Mick schrieb ich ja nicht
mehr viel. Für die Winos schrieben wir unsere eigenen Songs. Erst bei der Arbeit mit Steve Jordan merkte ich, wie sehr mir das gefehlt hatte. Und wie wichtig es für mich war, mit jemandem im Team zu schreiben. Wenn die Band im Studio war, komponierte ich oft an Ort und Stelle. Ich stand da, spielte mit den Vokalen und grölte herum - was mir so einfiel. Das war eine Arbeitsweise, an die sich Waddy am Anfang gewöhnen musste.
    Waddy Wachtel: Das war schon komisch. Keiths Vorgehensweise beim Komponieren sah so aus: »Stellt ein paar Mikros auf.« - »Häh? Also gut.« - »Okay, wir singen das jetzt mal.« - »Singen jetzt mal was?« - »Wir singen das jetzt.« - »Wovon redest du? Was sollen wir denn singen? Wir haben nichts.« - »Na und? Los, dann denken wir uns eben was aus.« - So lief das. So arbeitete er. Steve und ich stehen also mit ihm vor den Mikros rum, und er singt: »What the fuck … that feels good« , und versucht ein paar Zeilen aus sich rauszukitzeln. Schmeiß einfach alles an die Wand, mal sehen, was hängen bleibt. Das war im Wesentlichen seine Arbeitsweise. Verblüffend! Und es hat tatsächlich geklappt.
    Ich begann, anders zu schreiben und anders zu singen als früher. Zum einen schrieb ich nicht für Mick - Songs, die er auf der Bühne zu peformen hatte. Aber hauptsächlich lernte ich singen. Zuerst schrieb ich die Songs in einer tieferen Tonlage, was mir erlaubte, mit weniger hoher Stimme zu singen als in Songs wie »Happy«. Auch die Melodien waren anders als die Stones-Melodien. Und ich lernte, ins Mikro zu singen, und nicht, wie ich es früher auf der Bühne getan hatte, mich hin und her zu bewegen und dabei Luftgitarre zu spielen. Don Smith richtete Mikro und Kompressor so ein, dass ich meine Stimme im Kopfhörer richtig laut hörte, was
zur Folge hatte, dass ich nicht mehr so laut sang und schrie, wie ich es früher immer getan hatte. Ich fing an, ruhigere Sachen zu schreiben, Balladen, Liebeslieder. Songs, die aus dem Herzen kamen.
    Wir gingen auf Tour. Plötzlich war ich der Frontmann. Also, Jungs, wir spielen jetzt das. Auf einmal hatte ich Verständnis für Micks Macken. Wenn du jeden gottverdammten Song singst, dann musst du deine Lungen trainieren. Du lieferst jeden Tag eine Show von über einer Stunde ab, und dabei musst du nicht nur rumhüpfen und Gitarre spielen, sondern auch noch singen. Das geht auf die Stimmbänder. Manche Leute mögen meine Stimme, manche hassen sie. Aber sie hat Charakter. Ich bin nicht Pavarotti, aber seine Stimme gefällt mir sowieso nicht. Leadsänger in einer Band zu sein, laugt einen ganz schön aus. Allein das Atmen. Ein Song nach dem anderen - das haut fast jeden um. Man pumpt eine unglaubliche Menge Sauerstoff raus. Manchmal ging ich nach einer Show von der Bühne und dirket ins Bett. Manchmal machten wir natürlich auch durch bis zur nächsten Show, aber oft sagte ich den Jungs, ich muss in die Kiste. Auf der Tour mit den Winos hatten wir den Spaß unseres Lebens. Standing Ovations nach fast jeder Show. Wir spielten in kleinen Läden, waren immer ausverkauft und konnten unsere Kosten decken. Die Musiker auf der Bühne waren umwerfend. Jeden Abend spielten sie fabelhaft, wir schwebten förmlich. Es war wirklich magisch.
    Im Endeffekt verkauften weder Mick noch ich viele Platten mit unseren Soloausflügen. Warum? Weil die Leute ihre gottverdammten Rolling Stones haben wollen. Ich kann wenigstens auf zwei erstklassige Rock’n’Roll-Scheiben und meine Glaubwürdigkeit verweisen. Mick wollte sich als Popstar auf eigene Rechnung etablieren. Er zog seine Fahne auf und musste sie dann wieder einholen. Ich bin deswegen nicht schadenfroh, aber es hat mich auch
nicht überrascht. Auf lange Sicht musste er zu den Stones zurückkehren - um seine Identität zurückzugewinnen und damit sich selbst zu retten.
     
    Hier, Bruder, kommen also die Mill Stones, die Mühlsteine, die dich vorm Ertrinken retten. Ich würde sicher nicht derjenige sein, der den ersten Schritt auf Mick zu macht. Ich war drüber weg. Unter seinen Bedingungen hatte ich kein Interesse an den Stones. Ich hatte ein gutes Album im Gepäck, ich fühlte mich wohl. Ich hätte sofort noch ein weiteres Album mit den Winos nachgeschoben. Aber dann kam ein Anruf, und mit ein bisschen Shuttle-Diplomatie wurde die Lage sondiert. Die Organisation des daraufhin vereinbarten Treffens war

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