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Life - Richards, K: Life - Life

Titel: Life - Richards, K: Life - Life Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Richards
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spielen und so singen, wer solche Lieder schreiben und solche Shows abliefern kann, der muss einfach ein großartiger Bursche sein. Für den Film spielten wir auf seinem wie auf unserem Equipment. Später fand ich heraus, dass er der Produktionsgesellschaft die Benutzung seiner Verstärker in Rechnung gestellt hatte. Von Anfang an - mit dem ersten Takt am ersten Abend im Fox Theatre in Saint Louis - warf Chuck alle sorgfältig ausgetüftelten Pläne über den Haufen und spielte andere Arrangements in anderen Tonarten. Nicht dass das sonderlich wichtig gewesen wäre. Chuck Berry war besser, als er live jemals wieder sein wird. Wie ich schon bei meiner Rede für ihn in der Hall of Fame zugegeben hatte: Ich habe jedes Lick geklaut, das er jemals gespielt hat. Ich war es ihm einfach schuldig, auch bei
seinen größten Provokationen das Maul zu halten und klein beizugeben. Aber er hat sich wirklich verdammt schlecht benommen - im Film ist das nicht zu übersehen. Es fällt mir extrem schwer, mich klaglos schikanieren zu lassen, und genau das hat Chuck mit mir und allen anderen getan.
    Was ich jedoch im Innersten meines Herzens für ihn empfinde, das kommt in dem Fax zum Ausdruck, das ich ihm eines Tages geschickt habe, nachdem ich ihn zum millionsten Mal im Radio gehört hatte:

    Sehr geehrter Herr Berry,
ich wollte Ihnen mitteilen,
dass ich Sie trotz aller Ups & Downs noch immer liebe!
Ihr Werk ist so wertvoll & zeitlos,
ich verehre Sie noch immer!
So einen wie Sie wird es nie wieder geben.
Und wenn, dann könnte ich das nicht ertragen.
Vielleicht geht es Ihnen mit mir ja genauso!
Alles Liebe, mein Bruder!
Wofür auch immer das gut sein mag.
     
    Keith Richards’05
     
    PS: Ihr Englisch ist besser als meins!
    Micks großer Verrat bestand in der Ankündigung vom März 1987, dass er mit seinem zweiten Soloalbum, Primitive Cool , auf Tour gehen würde. Ich betrachtete das als einen fast vorsätzlichen Versuch, die Rolling Stones zu beerdigen, den ich ihm nur schwer verzeihen kann. Ich hatte bereits 1986 mit den Stones touren wollen und hatte mich schon da über Micks Hinhaltetaktik geärgert. Jetzt war alles klar. Nach fünfundzwanzig Jahren wollte Mick den Laden Rolling Stones zusperren, wie Charlie es ausdrückte. So sah es aus. Die Stones gingen zwischen 1982 und 1989 nicht auf Tour und zwischen 1985 und 1989 auch nicht mehr ins Studio.
    »Nach all den Jahren und in meinem Alter kann es nicht sein, dass die Rolling Stones … mein einziger Lebensinhalt sind«, sagte Mick. »Ich habe ja wohl das Recht, mich auf andere Art auszudrücken.« Und das tat er. Die andere Art, sich auszudrücken, bestand darin, mit einer anderen Band Rolling-Stones-Stücke zu singen.

    Ich hatte wirklich nicht geglaubt, dass Mick es wagen würde, ohne die Stones auf Tour zu gehen. Dass er zu einem solchen Schlag ins Gesicht fähig wäre. Aber ich lag falsch. Es war wie ein Todesurteil, wenn auch noch nicht amtlich. Und wofür? Ich raste vor Wut, und ich war verletzt. Mick ging auf Tour.
    Also heizte ich ihm ordentlich ein, hauptsächlich über die Presse. »Wenn er statt mit den Stones mit irgendeiner Schmock’n’Balls-Band auf Tour geht, dann schneide ich ihm seine gottverdammte Gurgel durch«, war meine erste Breitseite. Worauf er hochmütig konterte: »Ich liebe Keith, ich bewundere ihn … aber ich glaube kaum, dass wir je wieder zusammenarbeiten können.« Ich kann mich gar nicht mehr an alles erinnern, was ich an Hohn und Spott über ihm ausgoss. Disco Boy, Jagger’s Little Jerk Off Band, soll er doch gleich bei Aerosmith anheuern - mit solchen Sachen fütterte ich die dankbare Boulevardpresse. Es war wirklich übel. Einmal fragte mich ein Reporter: »Wann hört ihr beiden endlich auf, euch mit Dreck zu bewerfen?« - »Frag den Drecksack«, lautete mein Antwort.
    Irgendwann dachte ich mir: Was soll’s, lass ihm seinen Spaß. Soll er doch losziehen und auf die Schnauze fallen. Er hatte demonstriert, dass ihm Freundschaft, Kameradschaft, alles, was nötig ist, um eine Band zusammenzuhalten, egal waren. Er hatte uns hängenlassen. Ich glaube, Charlies Urteil war damals noch harscher als meins.
    Ich sah einen Videoclip von Micks Show. Die Gitarristen waren Keef-Doppelgänger, die im Gleichschritt mit Superstarposen zu glänzen versuchten. Ich wurde gefragt, was ich von der Show hielte, und sagte, es ist schon traurig, dass er den Großteil mit Songs von den Stones bestreitet. Wenn er schon was Eigenes machen will, dann solle er

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