Life - Richards, K: Life - Life
gefälligst Muddy an.« Sie durften sich nicht mal Armstrong anhören, dabei liebe ich Armstrong.
Bill glaubte immer, wir schauten auf ihn herab, weil sein richtiger Nachname Perks war. Er hatte einen Job ohne jede Perspektive in Südlondon. Und er war verheiratet. Man muss wissen, dass Brian sehr klassenbewusst war. »Bill Perks« war ihm irgendwie suspekt. Laut Phelge hat Brian mal gesagt: »Ich wünschte, wir könnten uns einen andern Bassisten besorgen. Diese öligen Haare, was für ein verschissener Ernie.« Zu der Zeit hatte Bill mit seiner Haartolle immer noch was von einem Teddy Boy. Aber das war alles nur Oberfläche. In der Zwischenzeit war Brian der Leithammel unserer Gang.
Im Februar zahlten wir Ratenkäufe ab. Ich kaufte in einem Monat zwei Gitarren.
Jan., 25.
Freier Tag
Will neue Gitarre kaufen: Harmony oder Hawk?
Der Preis für die Harmony ist gut. Was ist mit Garantie? Die Hawk hat Garantie, außerdem ist der Gitarrenkoffer dabei. Beide kosten £84.
2 Thumbpicks besorgt - Harmony mit zwei Pick-ups gekauft, in Sunburst Finish, mit zweifarbigem Gitarrenkoffer. £74.
Mittwoch, 13. (Februar)
Proben.
Neue Gitarre von Ivor’s! Wunderbares Instrument!! Was für ein Sound!!! Neue Nummern: »Who Do You Love?« & »Route 66«. Großartig! Überarbeitung von »Crawdaddy« fabelhaft. (Alles Brians Ideen). [Immerhin gebe ich es zu.]
Wo wir spielen, geht immer mehr die Post ab.
Samstag, 9.
£18
Raten für Verstärker fällig
Ealing
Collyers’ All-niter? [durchgestrichen]
Bullenheiß und rammelvoll: rekordverdächtig.
Band kocht. Hab ein paar richtige kleine Mädchen als Fans.
£2
Zwischenstopp in der Wohnung.
Bill £6 für den Vox bezahlt.
Montag, 11.
Freier Tag. Todlangweilig.
Die letzten beiden Einträge verweisen auf zwei Ereignisse aus heiterem Himmel: unsere erste Aufnahme und der Richmond-Gig.
Donnerstag, 14.
Manor House
Ziemlich gut, aber kaum Leute. Blues by 6 verscheuchte sie alle. Muss mich an die neue Gitarre gewöhnen. Neue Nummern klappten gut. Stu sagt, Glyn Johns will Aufnahmen mit uns machen, nächsten Mo. oder Do., hat vor, sie an Decca zu verkaufen. £1
Freitag, 15.
Red Lion
Mieser Sound in dem Laden.
Schlägerei.
Angebot für Richmond Station Hotel: ab nächsten So. jeden So., Glücksfall.
Innen auf dem Umschlag des Tagebuchs steht: »Wongin’ the pog«. Und direkt daneben, im Bereich »Persönliche Informationen«, habe ich unter »Im Falle eines Unfalls bitte informieren« geschrieben: »Meine Mum«.
Wongin’ the pog bedeutete so viel wie: Die Leute rasten aus, lassen die Sau raus und gehen die Wände hoch. »Wie ist die Lage da draußen?« - »Sind voll dabei. Wongin’ the pog , was? Immerhin.« Dann wurden wir nämlich bezahlt. Bei unseren Gigs wurde es immer heißer und enger. Auf einmal ritten wir durch London wie auf einer Welle. Die ganze Straße runter standen sie an, drei Schlangen um den gesamten verdammten Block. Irgendwas machen wir richtig, sagten wir uns, wir müssen nicht mehr darum betteln. Jetzt ging es nur noch darum, die Sache am Laufen zu halten.
Viel Platz hatten wir nie, aber das war uns nur recht. Vor allem für Mick war es ideal. Auf kleinen Bühnen, auf denen man sich kaum umdrehen konnte, kam sein Talent am besten zur Geltung. Vielleicht war er nie wieder so gut. Ich glaube, seine Bewegungen rühren großteils von diesen winzigen Bühnen her. Erst musste die Anlage untergebracht werden, dann wir. Da blieb oft nur eine winzige Fläche, etwa so groß wie ein Tisch. Nicht viel, um sich drauf auszutoben. Keinen Meter hinter Mick stand schon die Band, er war mittendrin. Keine räumliche Trennung. Ja, Mick gehörte zur Band, denn er spielte viel Mundharmonika. Ich glaube, in England war er damals der einzige Leadsänger, der auch noch Mundharmonika spielte. Und die Mundharmonika war - und ist es noch heute, zumindest manchmal - ein zentraler Bestandteil des Sounds, vor allem beim Blues.
Mick Jagger brauchte nicht viel - selbst eine winzige Bühne konnte er beackern wie kein zweiter. Abgesehen von James Brown vielleicht. Er bog sich, er drehte sich, er schüttelte die Maracas - C’mon, Baby! Wir saßen auf unseren Stühlen und spielten, er tänzelte um uns herum. Es war so eng, man konnte sich kaum rühren. Eine schwungvolle Bewegung mit der Gitarre, und schon hatte man einen Kollegen im Gesicht getroffen. Mick hatte immer vier Maracas in der Hand. Ist lange her, dass ich ihn darauf angesprochen habe. Er war
Weitere Kostenlose Bücher