Life - Richards, K: Life - Life
Schiss vor unserem Applaus. Ein Monat Pause. Wenn sich in der Zwischenzeit nichts ergibt, gehen wir danach wieder hin. Den ganzen Tag geübt. Bringt hoffentlich was. Übe hartnäckig Fingerpicking. Viele Möglichkeiten, glaube ich. Trotzdem sauschwer. Krieg die Finger nicht unter Kontrolle. Fühlen sich an wie Scheißspinnenbeine.
Samstag, 26.
£16
Ealing - Rick & Carlo
Band klingt ein bisschen eingerostet. Trotzdem ganz anständig. Publikum geht tierisch ab. Stickig, rammelvoll. Herrlich!!! £2
Lee war da.
Komisch, kann irgendwie die neuen, kniffligen Sachen, die ich geübt habe, nicht einbauen. Bin zu verkrampft. Jungs ein bisschen zynisch in letzter Zeit.
Montag, 28.
Toss’ Schwester sagt, Lee ist verrückt nach mir, will aber nicht wie eine Idiotin dastehen. Ob ich es ihr nicht ein bisschen leichter machen könnte. Hab ich ganz gut hingekriegt, glaube ich.
Lee und ich hatten uns getrennt, und das war die Wiederannäherung - zu beiderseitiger Zufriedenheit. »Toss« war die Kurzform für Tosca, ihre Freundin.
Samstag, 2.
£16
Ealing
Charlie & Bill
Fabelhafter Abend, volles Haus. Sound wieder da, Bombenerfolg.
Charlie fabelhaft.
An jenem Abend, dem 2. Februar, spielten wir mit Charlie und Bill als Rhythmusgruppe. Die endgültige Besetzung der Stones!
Ohne Charlie hätte ich es nie geschafft, mich zu verbessern und weiterzuentwickeln. Charlie hat ein großartiges Gefühl für die Musik. Er hatte es von Anfang an. In seinem Spiel steckt unglaublich viel Persönlichkeit und Subtilität. Die Größe seines Schlagzeugs war lächerlich, verglichen mit dem, was die meisten Schlagzeuger heutzutage benutzen. Die bauen eine Festung um sich auf. Ein irrwitziger Wall aus Trommeln. Charlie kann mit seinem einfachen klassischen Set alles spielen. Er protzt nicht rum, aber dann hörst du ihn und es reißt dich fast von den Beinen . Und er spielt mit Humor. Ich liebe es, seinen Fuß durch die Bassdrumbespannung zu beobachten. Selbst wenn ich ihn nicht höre, ich brauche ihn nur zu sehen und kann mit ihm spielen. Charlie hat einen Trick, den er, glaube ich, Jim Keltner oder Al Jackson abgeschaut hat. Die meisten Schlagzeuger spielen die Hi-Hat auf allen vier Schlägen, Charlie lässt den zweiten und den vierten, den im Rock’n’Roll sehr wichtigen Backbeat, aus und lässt den Trommelstock
oben. Er setzt an und zieht zurück. So behält die Snare den vollen Klang, ohne dass im Hintergrund was dazwischenfunkt. Schon vom Zusehen könnte man Herzrhythmusstörungen bekommen. Er macht eine zusätzliche Bewegung, die vollkommen unnötig ist. Sie verzögert das Timing, weil sie einen kleinen zusätzlichen Aufwand erfordert. Die scheinbare Trägheit in Charlies Spiel kommt von dieser unnötigen Bewegung alle zwei Beats. Das ist sehr schwer - den Rhythmus für einen Beat zu unterbrechen und dann wieder reinzukommen. Aber es hat auch was mit Charlies Körperbau zu tun, damit, wie er den Beat fühlt. Die Handschrift jedes Schlagzeugers zeigt sich darin, um wie viel die Hi-Hat der Snare voraus ist. Charlie ist mit der Snare weit zurück und mit der Hi-Hat voraus. Die Art, wie er den Beat dehnt, und wie wir darüber spielen, ist ein Geheimnis des Stones-Sounds. Charlie ist im Grunde ein Jazz-Schlagzeuger, was bedeutet, dass der Rest der Band in gewisser Weise eine Jazzband ist. Er steht auf einer Stufe mit den Besten, mit Elvin Jones oder Philly Joe Jones. Er hat das Gespür und die Geschmeidigkeit, und er spielt sehr ökonomisch. Charlie hat früher auf Hochzeiten und Bar-Mizwas gespielt, er kennt sich also auch mit Schnulzen aus. Das alles lernt man, wenn man früh anfängt, wenn man schon als sehr junger Kerl in den Clubs spielt. Ein Gefühl fürs Showgeschäft, ohne selbst eine Show abzuziehen. Bah-BAM. Ich habe mich daran gewöhnt, mit ihm zu spielen. Nach vierzig Jahren sind Charlie und ich uns näher, als wir es selbst ausdrücken können oder überhaupt wissen. Wir sind so weit, dass wir uns auf der Bühne gelegentlich den Frevel erlauben, den anderen in eine ganz garstige Falle tappen zu lassen.
Der Jazz war der Grund, warum ich Stu und Charlie in den Anfangszeiten ziemlich oft rüde anblaffte. Wir mussten uns den Blues einverleiben, und stattdessen erwischte ich die beiden
manchmal, wie sie sich heimlich Jazzplatten anhörten. »Hört auf mit dem Scheiß!« Herrgott, ich versuchte nur, ihnen ihre Gewohnheiten auszutreiben und eine Band aus uns zu machen. »Ihr müsst euch Blues anhören. Hört euch
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