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Life - Richards, K: Life - Life

Titel: Life - Richards, K: Life - Life Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Richards
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auf der Matte stehen.
    Der Variety Club war damals so was wie der innere Zirkel des Showgeschäfts. Man wusste nicht, ob das Freimaurer waren oder eine Wohltätigkeitsorganisation. Diese Clique beherrschte das Showgeschäft, eine bizarr archaische, englische Showbiz-Mafia. Wir platzten in diese Verhältnisse hinein, um sie zu zerstören. Sie spielten immer noch ihr Spiel. Billy Cotton. Alma Cogan. Wir erkannten, dass diese Promis, von denen nur sehr wenige Talent hatten, einen unglaublichen Einfluss besaßen. Wer durfte wo spielen, wer hielt die Türen zu, wer öffnete sie dir? Glücklicherweise hatten die Beatles ihnen schon gezeigt, was Sache war. Da zeichnete sich schon was ab. Trotzdem wussten sie nicht so recht, wie sie sich verhalten sollten, als wir daherkamen.
    Der einzige Grund, warum Decca uns einen Plattenvertrag gab, war der, dass Dick Rowe die Beatles abgelehnt hatte. EMI hatte sie sich geschnappt, und er konnte sich den gleichen Fehler nicht zweimal erlauben. Decca war zu allem entschlossen - mich wundert noch heute, dass Dick Rowe seinen Job überhaupt behalten hatte. Damals war für die alles, was mit »populärer Unterhaltung« zu tun hatte, eine vorübergehende Modeerscheinung. Erst mal schicken wir sie zum Friseur und dann bringen wir sie auf Linie. Wir bekamen also nur deshalb einen Plattenvertrag, weil sie es sich nicht leisten konnten, es zweimal zu versauen. Sonst hätten die uns nicht mal mit der Kneifzange angefasst. Eine Welt voller Vorurteile. Und dieses ganze System hieß Variety Club, ein Kopfnicken hier, ein Augenzwinkern da. Ohne Frage erfüllte das System damals seinen Zweck, aber plötzlich mussten sie feststellen, hallo, wir sind im zwanzigsten Jahrhundert! Und das 1964.

    Von dem Augenblick an, als Andrew auftauchte, entwickelte sich alles unglaublich schnell. Zumindest ich hatte das Gefühl, dass die Dinge uns davonliefen. Ich erkannte aber auch, dass wir den Kopf schon in der Schlinge hatten, dass wir gar nicht mehr zurückkonnten. Am Anfang zögerte ich noch, aber Andrew wusste, dass ich mich nicht lange sträuben würde. Wir dachten ziemlich ähnlich - wie können wir die Zeitungsleute aus der Fleet Street für uns einspannen? Ein Anstoß kam von einer Fotosession, als einer der Fotografen zu Andrew sagte: »Die sind so dreckig.« Andrew war immer ein Mann schneller Entscheidungen: Er beschloss, dass er ihnen von jetzt an das liefern würde, worauf sie sich ohnehin schon eingeschossen hatten. Er entdeckte plötzlich den Kick des Gegensätzlichen. Durch seine Arbeit mit Epstein bei den Beatles war er mir in dieser Hinsicht weit voraus. Aber er fand in mir zugegebenermaßen einen willigen Partner. Engere Freunde wurden wir erst später, aber zu der Zeit sah ich Andrew so, wie er uns sah: »Ich kann diese Penner benutzen.«
    Es war unglaublich einfach, die Medien zu manipulieren. Wir konnten machen, was wir wollten. Wir ließen uns aus Hotels rauswerfen und pissten in Garageneinfahrten. Letzteres war allerdings reiner Zufall. Bill musste unbedingt pinkeln, und er pisst und pisst, eine halbe Stunde lang, und er wird einfach nicht fertig. Jesus, wo kam bloß das ganze Zeug her, so klein wie er war? In Bristol checkten wir nur deshalb im Grand Hotel ein, um uns wieder rausschmeißen zu lassen. Andrew rief in der Fleet Street an und sagte, wenn sie sehen wollten, wie die Stones wegen unpassender Garderobe aus dem Grand Hotel rausgeschmissen würden, dann sollten sie um die und die Zeit da sein. Andrew verarschte sie nach Belieben, wegen nichts kamen die sofort angehechelt. Das rief natürlich entsprechende Reaktionen hervor. »Würden Sie Ihre Tochter einen von denen heiraten lassen?« Ich weiß nicht, ob Andrew
diesen Satz einem Schreiberling diktiert hatte, oder ob sie sich das selbst bei einem flüssigen Lunch aus den Fingern saugten.
    Wir waren unausstehlich. Aber diese Leute waren dermaßen was von selbstgefällig! Die wussten nicht, wie ihnen geschah. Das war der reinste Blitzkrieg, eine Attacke auf das gesamte PR-System. Und plötzlich merkst du, diese Werbeleute da draußen, die brauchen einen, der ihnen sagt, was sie tun sollen.
    Während wir unsere PR-Gags abzogen, ließ sich Andrew von seinem schwulen Muskelprotz-Chauffeur Reg, einem ziemlich üblen Burschen, in einem Chevrolet Impala herumkutschieren. In jenen Tagen kam es einem Wunder gleich, wenn man von einem Rockjournalisten im New Musical Express mit einem Vierzeiler bedacht wurde. Und natürlich war es wichtig, weil

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