Light Dragons
geht. Ich wollte gerade deiner … äh …« Ich machte eine vage Geste zu May hinüber.
»Gefährtin«, sagte er.
»Genau.« Ich ließ mir nichts anmerken, aber ich fand das Wort als Bezeichnung für eine Partnerin seltsam. Aber wie die Leute sich innerhalb ihrer vier Wände nannten, interessierte mich nicht. »Ich wollte ihr gerade sagen, dass ich glaube, du verwechselst mich mit jemandem. Ich heiße nicht Ysolde. Mein Name ist Tully, Tully Sullivan.«
»Tatsächlich«, sagte er höflich und setzte sich auf den Sessel, auf dem May gesessen hatte. Sie hockte sich auf die Armlehne. Zwar berührten sie sich nicht, aber ich spürte die Elektrizität zwischen ihnen.
»Ich bin Lehrling bei einem Magier«, erklärte ich. »Du hast doch eben erwähnt, dass du Dr. Kostich kontaktieren willst – er wird dir sicher gerne erklären, dass du mich mit jemandem verwechselst.«
»Wir wissen, dass du Dr. Kostichs Lehrling bist. Er hat dich uns vor fast zwei Monaten vorgestellt, als du zum Wohnsitz des grünen Wyvern gekommen bist, um einen Angriff zu verhindern.«
»Wyvern?« Das Wort war schon einmal gefallen, aber erst jetzt drang es durch den Nebel, der um mein Gehirn herumwaberte. Wenn es das bedeutete, was ich glaubte, dann konnte ich mir auch ihr merkwürdiges Verhalten erklären. »Diese … oh! Deshalb habt ihr Drachen erwähnt. Ihr seid Drachen, oder?«
»Mein Vater ist ein Drache, und May ist meine Gefährtin«, sagte Gabriel und ergriff Mays Hand. Tipene ist ebenfalls ein silberner Drache, genau wie Maata, die du in Kürze kennenlernen wirst. Und wie du.«
Ich hätte ja gelacht, aber mein Hirn schlich immer noch im Schneckentempo dahin. Also lächelte ich ihn stattdessen nur an. Kein Wunder, dass sie sich so seltsam benahmen – sie waren Drachen! »Weißt du, in gewisser Weise ist es sehr aufregend, weil ich noch nie einem Drachen begegnet bin. Aber natürlich habe ich von euch gehört. Wer hat das nicht? Aber ich kann euch versichern, dass ich nicht zu euch gehöre. Nicht, dass etwas Falsches daran wäre, ein Tier zu sein. Mit euch ist alles in Ordnung. Drachen sind bestimmt ganz nette Leute. Ich kenne eben nur außer euch keine, und auch euch habe ich gerade erst kennengelernt. Ach, zum Teufel, ich rede dummes Zeug, nicht wahr?«
»Ja«, sagte Kaawa. »Aber das ist schon in Ordnung. Wir verstehen das.«
»Wirklich?«, fragte ich hoffnungsvoll. »Das ist gut, denn ich verstehe rein gar nichts mehr, seitdem ich aufgewacht bin. Und schon gar nicht, warum ihr mich für eine von euch haltet.«
»Du bist Ysolde de Bouchier, silberner Drache und Gefährtin von Baltic, der einst der Wyvern der schwarzen Drachen war«, erklärte Kaawa, deren Blick bis in die Tiefen meiner Seele zu dringen schien. Unbehaglich wand ich mich auf meinem Sessel.
»Ich glaube, ich wüsste es, wenn ich ein Feuer speiender Gestaltwandler mit einer Vorliebe für Gold wäre«, sagte ich sanft. Ich wollte sie nicht aufregen, denn sie machte einen netten Eindruck auf mich, auch wenn sie ein bisschen merkwürdig war. Ich durchforstete mein Gehirn nach allem, was ich über Drachen wusste. »Leider weiß ich nicht besonders viel über euch, obwohl in der letzten Zeit bei den Magiern über euch geredet wurde. Dr. Kostich musste sich mit der unkontrollierbaren, unverantwortlichen Gefährtin eines Wyvern auseinandersetzen, die offensichtlich auch eine Dämonenfürstin ist. Aber ansonsten – tut mir leid, ihr müsst mich mit jemandem verwechseln.«
May bedachte Gabriel mit einem zweifelnden Blick. »Vielleicht irrst du dich ja?«, sagte sie.
Er verzog nachdenklich das Gesicht, aber seine Mutter schüttelte den Kopf. »Nein, ich irre mich nicht«, sagte Kaawa entschieden. »Ich habe zwar Ysolde de Bouchier erst einmal gesehen, aber ihr Bild hat sich mir für alle Zeit in mein Gedächtnis eingebrannt. Du bist Ysolde.«
Ich rieb mir die Stirn. Plötzlich war ich müde, obwohl ich fünf Wochen lang geschlafen hatte. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll, um zu beweisen, wer ich bin. Fragt doch Dr. Kostich. Ihr könnt auch die anderen Lehrlinge fragen. Ich bin ein Mensch. Mein Name ist Tully. Ich lebe in Spanien, mit meinem Sohn, meinem Mann und meiner Schwägerin.«
»Mann?« Kurz blickte Gabriel mich überrascht an, doch dann verzog er amüsiert die Mundwinkel. »Du bist verheiratet und hast ein Kind?«
»Ja, und ich sehe nicht, was so lustig daran sein soll, eine Familie zu haben«, sagte ich und warf dem Mann namens Tipene, der vor sich hin
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