Liliane Susewind – Mit Elefanten spricht man nicht! (German Edition)
– liefen hin und her, um ihre Busse zu finden. Lilli gelangte zu ihrer Klasse, indem sie einfach Herrn Gümnich folgte. Niemand bemerkte sie, als sie sich unauffällig neben die anderen stellte, die auf dem Bürgersteig in Grüppchen lärmten und lachten.
Um neun Uhr stiegen alle in die Busse und fuhren zum Zoo. Lilli saß allein am Fenster und versuchte sich zu beruhigen. Sie nahm sich fest vor, keinen Mucks von sich zu geben und keinesfalls zu lachen. Aber sie würde heute wahrscheinlich sowieso nicht viel zu lachen haben.
Nach zwanzig Minuten Fahrt waren sie da. Lilli hatte in ihrem ganzen Leben noch nie einen Zoo betreten. Obwohl sie sich brennend für all die verschiedenen Tierarten interessierte, war das Risiko aufzufallen doch immer viel zu groß gewesen. Beim Aussteigen entdeckte Lilli Jesahja, der – umringt von einer Schar seiner Fans – vor einem der anderen Busse stand. Jesahja war mehr als überrascht, Lilli zu sehen. Immerhin hatte sie ihm erzählt, dass sie zu Hause bleiben würde. Verzweifelt warf Lilli ihm einen hilfesuchenden Blick zu, schaute aber schnell wieder weg, als ein Junge, der neben Jesahja stand, ebenfalls in ihre Richtung sah.
Die Schüler setzten sich nun gemächlich in Bewegung und gingen zum Eingang des Zoos hinüber. Jesahja schlenderte auffällig langsam voran und gab Lilli damit die Möglichkeit, aufzuholen, sodass sie schließlich kurz hinter ihm ging. Als einem Mädchen weiter vorn die Colaflasche hinunterfiel und alle einen Moment lang auf die braune Suppe in Scherben blickten, die sich nun auf dem Boden ausbreitete, drehte sich Jesahja rasch um und zischte: »Bleib ganz hinten!«
»Was?«, fragte Lilli und war zu besorgt, dass jemand Jesahjas Kontaktaufnahme mitbekommen könnte, als dass sie sofort verstanden hätte, was er meinte.
»Geh ganz am Schluss! Dann sind die anderen schon an den Tieren vorbei, wenn du kommst«, flüsterte er schnell, bevor er sich wieder umdrehte und mit den anderen über die kaputte Flasche lachte. Lilli sah blitzschnell nach rechts und links. Niemandem war aufgefallen, dass Jesahja mit ihr gesprochen hatte. Mit klopfendem Herzen ließ sie sich zurückfallen – so weit, dass sie schließlich die Letzte war, die durch das Tor in den Zoo hineinging.
Als Erstes kamen sie an ein paar müden Papageien und Flamingos vorbei, die kaum den Kopf wandten, als Lilli mit ein paar Metern Abstand zum Rest der Gruppe an ihnen vorüberhuschte. Die Papageien sahen ziemlich gerupft und benommen aus, und Lilli fragte sich, ob die Zootiere eigentlich gern hier lebten. Aber da tauchte schon das Seehundbecken, die erste Hauptattraktion des Zoos, vor ihr auf. Der ganze Schülerzug war stehen geblieben und sah den flinken Schwimmern zu. Lilli kam so langsam wie möglich heran und hielt sich dann geduckt im Hintergrund.
Lilli hoffte schon, dass vielleicht gar nichts geschehen würde, als plötzlich einer der Seehunde aus dem Pool sprang. Er robbte auf einen kleinen Felsvorsprung in seinem Gehege und drehte sich mit hochgereckter Nase im Kreis, als suche er etwas. Dann fiel sein Blick auf Lilli, die nur halb verdeckt hinter den anderen stand, und er stutzte. Mit großen Knopfaugen schaute der Seehund sie an. Lilli versteckte sich hinter einem großen Jungen. Sobald sie aber aus dem Blickfeld des Seehunds verschwand, begann das Tier laut zu grölen. »Wo ist das kleine Menschenmädchen?« Lilli machte sich ängstlich ganz klein, denn sie dachte, dass das Bellen des Seehunds gewiss auffallen müsse, aber die Gruppe der Schulkinder setzte sich wieder in Bewegung, als sei nichts geschehen. Lilli wurde klar, dass die anderen nichts weiter als einen brüllenden Seehund wahrnahmen. Offenbar fanden sie ihn lustig, aber nicht merkwürdig. Lilli ging mit der Gruppe fort und ignorierte die immer leiser werdenden Rufe des verwunderten Seehunds, so gut sie konnte.
Ähnlich war es bei den Tapiren und den Bergziegen. Die Tiere glotzten verdutzt, wenn Lilli auftauchte, und fingen an zu rufen oder – im Falle der Ziegen – zu meckern, wenn Lilli weiterging, ohne sie zu beachten. Lilli dankte Jesahja im Stillen für seinen Rat, sie solle Abstand zu den anderen halten. Auf diese Weise wunderten sich nur ein paar vereinzelte Zoobesucher über das seltsame Verhalten der Tiere. Lillis Schulkameraden bekamen jedoch von den erstaunlichen Vorgängen nichts mit.
Dann kamen sie zu den Lamas. Die Weitspucker standen gelangweilt in ihrem großflächigen Gehege, mampften im Zeitlupentempo
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