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Liliane Susewind – Mit Elefanten spricht man nicht! (German Edition)

Liliane Susewind – Mit Elefanten spricht man nicht! (German Edition)

Titel: Liliane Susewind – Mit Elefanten spricht man nicht! (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya Stewner
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Heu und beachteten die vier Klassen gar nicht, die sich nun vor dem Zaun verteilten. Doch als Lilli herangetrottet kam, schienen die Tiere aus ihrer Teilnahmslosigkeit zu erwachen. Ein Lama nach dem anderen hob den Kopf und stellte wachsam die Ohren auf. Angespannt traten sie auf der Stelle, bis plötzlich alle Tiere wie auf Kommando losrannten. Die gesamte Herde galoppierte auf den Zaun zu, vor dem Lilli in zweiter Reihe stand. Dann bremsten die Lamas ab, stampften mit den Füßen auf und reckten die Hälse, um eine bessere Sicht auf Lilli zu bekommen. Diese stand wie angewurzelt da und wünschte sich, sie hätte sich unsichtbar machen können. Da hörte sie vor sich eine Stimme rufen: »Diese Fans lassen einen aber auch wirklich nie in Ruhe!« Es war Jesahja, der sich gerade scherzhaft aufplusterte und so tat, als seien die Lamas von ihm fasziniert. Überrascht starrte Lilli ihn an. Die Umstehenden begannen nach Jesahjas Spruch sofort zu lachen. Als die weiter entfernt Stehenden wissen wollten, was denn so komisch sei, wurde durch die Reihen geraunt: »Er sagt, das sind alles seine Fans!« Das Lachen setzte sich daraufhin im Kreis fort, bis alle von Jesahjas Scherz so abgelenkt waren, dass niemand mehr fragte, warum sich die Lamas eigentlich so merkwürdig verhielten. Die Tiere standen noch immer aufgebracht am Zaun und suchten offensichtlich nach etwas. Aber dann rief Jesahja den Lamas zu: »Autogramme gibt es später!« Wieder hatte er alle Lacher auf seiner Seite, und das Ganze wurde nun endgültig als witzige Einlage betrachtet. Lilli atmete erleichtert auf.
    Schließlich ging es weiter. Lilli wartete auf eine Gelegenheit, Jesahja einen dankbaren Blick zuzuwerfen, aber er sah nicht in ihre Richtung.
    Als Nächstes kamen sie ins Affenhaus. Lilli ging wieder langsamer und vergrößerte so den Abstand zwischen sich und den letzten Schülern. Sie hatte noch nie einen echten Affen gesehen, vermutete aber, dass diese Tiere wahrscheinlich am stärksten auf sie reagieren würden, da Affen dem Menschen am ähnlichsten waren. Sie hatte sich nicht getäuscht.
    Lilli betrat das Affenhaus, nachdem die Letzten aus ihrer Gruppe es schon wieder verlassen hatten. Es befanden sich auch keine anderen Besucher dort, Lilli war ganz allein. Hinter großen Glasscheiben kletterten, rauften und hangelten lautstark Gorillas, Schimpansen und Orang-Utans. In dem Augenblick, in dem sich Lilli vor die Scheibe des ersten Geheges stellte, wurde es still im Affenhaus. Einem Orang-Utan fiel vor Überraschung der Apfel, an dem er gerade geknabbert hatte, aus dem Maul. Der auf dem Boden rollende Apfel war für ein paar Sekunden das einzige Geräusch. Alle Affenaugen richteten sich auf Lilli, und die Tiere schienen in ihren Bewegungen wie eingefroren zu sein. Lilli sah sich schnell noch einmal nach anderen Menschen um. Niemand war hier. Sie wusste, dass es riskant war, aber sie konnte nicht widerstehen. Sie wandte sich an die Affen und sagte laut – um durch die Scheiben gehört zu werden: »Guten Tag.«
    Auf der Stelle brach Chaos aus. Alle Affen kreischten ohrenbetäubend durcheinander und liefen aufgescheucht umher. Einige Schimpansen rempelten sich gegenseitig an und zeigten laut rufend auf Lilli. Ein Orang-Utan hüpfte vor Aufregung auf der Stelle und raufte sich dabei die Haare, während ein Weibchen sich die Ohren zuhielt, weil es selbst so laut schrie. Ein Gorilla aus dem Nebenkäfig sprang an die Scheibe und fing an, heftig gegen das Glas zu trommeln. Er brüllte dabei aus Leibeskräften, sodass die Scheibe erzitterte. Jeder andere Mensch wäre vor Angst zurückgezuckt, aber Lilli verstand ja, was der Gorilla brüllte: »Was ist das denn? Was ist das denn?« Er war einfach nur völlig verblüfft. Allerdings machte er wirklich einen Heidenlärm, und Lilli fürchtete, dass die Scheibe jeden Augenblick zerbrechen würde oder ein paar Zoowärter aufkreuzen könnten. Der Gorilla wollte sich gar nicht mehr beruhigen und trommelte sich richtig in Rage. Lilli zögerte kurz und kletterte dann über die Sicherheitsabsperrung, sodass sie dicht vor der Scheibe stand – und damit direkt vor dem tobenden Gorilla.
    »Es ist alles in Ordnung«, sagte sie freundlich, aber der Gorilla erschreckte sich trotzdem. Er verstummte sofort und ließ die muskelbepackten Arme sinken. Lilli legte ihre Hand auf die Scheibe und lächelte ihn an. Einen Moment lang neigte der Gorilla verstört den Kopf, dann hob er seine große schwarze Pranke ebenfalls an das Glas.

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