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Liliane Susewind – Mit Elefanten spricht man nicht! (German Edition)

Liliane Susewind – Mit Elefanten spricht man nicht! (German Edition)

Titel: Liliane Susewind – Mit Elefanten spricht man nicht! (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya Stewner
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Lilli stellte fest, dass seine mächtige Hand mehr als doppelt so groß war wie ihre.
    »Wie geht es dir?«, fragte sie. »Lebst du gern hier?«
    Der Gorilla schnaufte verdutzt und schien noch immer nicht genau zu wissen, was er von der ganzen Sache halten sollte. Doch bevor er antworten konnte, hörte Lilli, wie jemand das Affenhaus betrat. Schnell zog sie ihre Hand zurück.
    »Mein Gott, geh da weg, Mädchen!« Ein Mann in einem grünen Overall hetzte herbei und zerrte Lilli von der Scheibe fort. »Das hier ist kein Streichelzoo!«
    »Tut mir leid«, murmelte Lilli und schaute so schuldbewusst drein wie möglich.
    »Gehörst du zu der Schulgruppe, die eben hier durchgegangen ist?«
    Lilli nickte.
    »Deine Kameraden sind jetzt im Elefantenhaus«, sagte der Mann, der offenbar ein Tierpfleger war. »Komm, ich bring dich hin.« Er nahm Lilli an die Hand und führte sie aus dem Affenhaus. Während sie das Gebäude verließen, schüttelte der Pfleger verwundert den Kopf, denn die Affen führten sich auf, als seien sie allesamt verrückt geworden. Sie sprangen aufgekratzt durcheinander, schlugen gegen die Scheiben und schrien etwas, das der Tierpfleger nicht verstehen konnte: »Komm zurück!«

Chaos im Elefantenhaus
    Lilli folgte dem Pfleger zum Elefantenhaus, einem alten und etwas verwahrlost wirkenden Gebäude. Als sie es betreten wollten, mussten sie sich regelrecht hineinquetschen, denn die vier Klassen, die sich vor dem Elefantenkäfig versammelt hatten, füllten das kleine Haus vollkommen aus. Lilli spähte vorsichtig über die anderen hinweg zu dem Elefanten. Sie sah sofort, dass es sich um ein weibliches Tier handelte, obwohl sie nicht hätte sagen können, woran sie das erkannte. Lilli wusste aber nicht nur augenblicklich, dass es eine Elefantenkuh war, sondern auch, dass es dem Tier nicht gutging. Die graue Riesin stand mit hängendem Kopf und schlaff hinunterbaumelndem Rüssel in ihrem kleinen schäbigen Käfig und schien die Menschen um sie herum kaum wahrzunehmen. Erst da fiel Lilli ein, dass sie die Elefantin schon einmal gesehen hatte: auf dem Foto in der Zeitung, das die Dickhäuterin bei einem Wutanfall gezeigt hatte. Schon damals hatte Lilli gedacht, dass das Tier traurig aussah, und jetzt verstärkte sich dieser Eindruck noch. Die Elefantenkuh bekam nichts von dem mit, was um sie herum geschah, und starrte teilnahmslos ins Leere. Lilli trat einen Schritt vor, um sie noch genauer zu betrachten, da blieb ihr Fuß an etwas hängen, und sie stolperte. Sie versuchte sich abzufangen, verlor aber das Gleichgewicht und fiel hin. Als sie sich wieder aufrichtete, standen Trixi und ihre Freundinnen im Halbkreis um sie herum. Eine von ihnen hatte ihr offenbar ein Bein gestellt. Das Mädchen mit der Stupsnase und den Segelohren rieb sich gerade den Fuß, als hätte sie damit zugetreten. Trixi hatte die Arme vor der Brust verschränkt und stand breitbeinig in der Mitte der Mädchen.
    »Warum versteckst du dich denn, Susewind?«, spottete sie. »Hast du etwa Angst vor uns?«
    Lilli presste trotzig die Lippen aufeinander und schwieg.
    »Glaubst du, wir bemerken den Riesenabstand nicht, mit dem du schon die ganze Zeit hinter uns herschleichst? Hast du die Hosen etwa so voll, dass du nicht schneller laufen kannst?!«
    Die Mädchen verfielen in blökendes Lachen, wodurch einige andere Schüler auf die Pöbelei aufmerksam wurden. Jesahja war einer von ihnen. Lilli ahnte aber, dass er sich diesmal nicht für sie einsetzen würde. Es war eine Sache, ihr – unbemerkt von den anderen – durch einen lustigen Spruch aus der Patsche zu helfen, aber eine andere, seine eigene Beliebtheit aufs Spiel zu setzen, indem er der völlig uncoolen Außenseiterin beistand. Lilli musste sich also selbst helfen. Sie fasste sich ein Herz und sagte so laut und fest, wie sie konnte: »Lasst mich in Ruhe!« Dann drehte sie sich um und drängelte sich durch die Umstehenden weiter nach vorn. Die Mädchen folgten ihr nicht.
    Als Lilli sich so unüberhörbar wehrte, zuckte ein Ohr der Elefantenkuh ein klein wenig in die Richtung, aus der die Stimme kam. Niemand bemerkte es, und niemand hätte dieser winzigen Bewegung irgendeine Bedeutung beigemessen, aber in diesem Moment erwachte die Elefantin aus ihrem Dämmerschlaf. Sie hob ein klein wenig den Blick, um sich die Menschen vor ihrem Käfig genauer anzusehen.
    Währenddessen lauschten die Schüler dem Pfleger, der inzwischen nach vorn getreten war und über Elefanten und ihre Besonderheiten sprach.

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