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Liliane Susewind – Mit Elefanten spricht man nicht! (German Edition)

Liliane Susewind – Mit Elefanten spricht man nicht! (German Edition)

Titel: Liliane Susewind – Mit Elefanten spricht man nicht! (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya Stewner
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Elefantin, die sich dank der eintretenden Ruhe langsam beruhigte. Lilli wusste, dass es nicht richtig war, einfach zu gehen, ohne mit Marta oder dem Pfleger gesprochen zu haben. Doch ihr fehlte der Mut dazu.
    Stattdessen brachte sie Pia zum nächsten Toilettenhäuschen, wo sich das Mädchen wortlos und mit zitternden Händen säuberte. Pia schien noch viel zu benommen zu sein, um ihre Gedanken zu ordnen. Als sie fertig war, setzten sich Lilli und sie auf die Stufen vor dem Häuschen. Nach einer Weile sagte Pia leise: »Du wirst es den anderen erzählen, oder? Und dann haben sie was, womit sie mich aufziehen können.«
    »Warum sollten sie dich aufziehen? Sie sind doch deine Freundinnen!«
    Pia schnaubte verächtlich durch die Nase. »Freundinnen kann man die nicht gerade nennen«, sagte sie verbittert. »Ich bin nur mit ihnen zusammen, damit sie mich nicht fertigmachen.«
    »Was?«
    »Ich bin auch erst vor einem halben Jahr in diese Klasse gekommen, und anfangs haben sie mich genauso behandelt wie jetzt dich. Da hab ich dann irgendwann mitgemacht, um vor ihren Attacken sicher zu sein.«
    »Oh.«
    »Ich war noch gemeiner zu dir als die anderen, damit die Mädchen nicht denken, dass ich mich mit dir anfreunden will oder Mitleid mit dir habe, weil du auch neu bist. Und deshalb hab ich dir eben auch das Bein gestellt. Es … es tut mir leid.«
    Überrascht zog Lilli die Stirn in Falten.
    »Aber ich … ich kann mich nicht gegen sie stellen, verstehst du?«, fuhr Pia fort. »Wenn ich dir helfen würde, dann wäre ich auch wieder in der Schusslinie.«
    Lilli schwieg.
    »Ich gehe jetzt wieder zu ihnen. Und wenn du ihnen von meinem … Missgeschick erzählen willst, dann ist das deine Entscheidung.« Pia stand auf. »Trotzdem danke«, sagte sie und steuerte auf die Gruppe zu, die sich unterhalb des Elefantenhauses am Weg sammelte. Lilli blieb noch eine Minute lang sitzen, bevor sie sich dem Schülerzug wieder anschloss, der nach dem Schock im Elefantenhaus direkt zum Ausgang marschierte, ohne sich die restlichen Tiere anzuschauen.

Zivilcourage
    Ein paar Stunden später am selben Nachmittag saß Lilli zwischen den Büschen im Garten und grübelte. Der gequälte Blick der Elefantin ging ihr nicht mehr aus dem Kopf, und ebenso wenig der Gedanke, dass sie, Lilli, etwas an Martas trauriger Situation hätte ändern können, aber nichts getan hatte. Auch das Gespräch mit Pia gab ihr zu denken. Pia verhielt sich im Grunde genau wie Jesahja. Beide schienen Lilli eigentlich zu mögen, aber in der Schule wollten sie das nicht zeigen, weil sie nicht riskieren wollten, sich unbeliebt zu machen. Allerdings war Lilli sicher, dass diese Gefahr bei Jesahja gar nicht bestand – er war der Star der Schule und konnte tun und lassen, was er wollte. Entweder hatte er keine Ahnung, wie beliebt er war, oder er war einfach gemein, dachte Lilli und zog einen Schmollmund. Da raschelten die Blätter der Zweige neben ihr, und Jesahja schlüpfte in ihr Versteck.
    »Ich habe gehofft, dass du hier bist«, sagte er ohne Umschweife und setzte sich zu ihr.
    Lilli hob kaum den Kopf. »Wieso?«, fragte sie, ohne ihn anzusehen. »Weshalb redest du überhaupt mit mir, wenn du mich eigentlich gar nicht leiden kannst?«
    Jesahja blickte sie überrascht an, schien dann aber schnell zu begreifen, worum es ging. »Bei den Lamas hab ich dir den Hals gerettet«, entgegnete er nach kurzer Überlegung.
    »Das ist wahr«, gab Lilli zu, »aber warum hast du das gemacht, wenn du mich eigentlich für jemanden hältst, mit dem man nicht mal gesehen werden darf?«
    Jesahja senkte den Kopf und spielte nervös an seinem Schnürsenkel. »Lilli …«, murmelte er. »Du weißt doch, wie es in der Schule läuft.«
    »Warum …«, begann Lilli zögernd, doch Jesahja schnitt ihr das Wort ab.
    »Ich will in der Pause nicht allein auf der Bank sitzen!«, brach es aus ihm heraus, und er klang, als hätte er wirklich Angst davor.
    »Jesahja!« Lilli straffte die Schultern, denn sie hatte ihm etwas Wichtiges zu sagen. »Kapierst du nicht, dass du niemals allein auf der Bank sitzen würdest? Egal, mit wem du redest, und egal, wie oft du dich im Unterricht meldest?«
    Einen Augenblick lang starrte Jesahja Lilli ungläubig an, dann ließ er den Kopf in die Hände sinken und verfiel in brütendes Schweigen.
    »Glaubst du wirklich?«, fragte er schließlich zweifelnd. »Was, wenn du dich irrst?«
    »Ich bin mir sicher. Wenn alle wüssten, wie klug du bist, fänden sie dich nur noch

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