Liliane Susewind – Tiger küssen keine Löwen (German Edition)
zusätzlich auf meine Art und Weise bestrafen. Erstens wegen der Sache mit dem Otter. Zweitens, weil du kein Besuchsrecht für den Zoo hattest und dich trotzdem hier aufgehalten hast. Und drittens, weil du deiner Schwester dabei geholfen hast, drei Kindern eine giftige Kobra auf den Hals zu hetzen!«
Trixi grinste noch immer. »Was wollen Sie denn tun? Mich verprügeln? Das dürfen Sie nicht.«
»Nein, hier wird niemand verprügelt. Ich habe da eine andere Idee: Du kommst ein halbes Jahr lang jeden Tag nach der Schule her und hilfst unseren Pflegern beim Ausmisten der Ställe.«
O nein, dachte Lilli und schloss für einen Augenblick die Augen. Sie würde Trixi von nun an nicht nur in der Schule, sondern auch noch ständig im Zoo begegnen!
»Ich soll Dreck schippen?« In Trixis Stimme schwang eine leichte Unsicherheit mit. »Dazu können Sie mich nicht zwingen!«
»Das werden wir ja sehen. Ich telefoniere noch heute mit euren Eltern. Wenn ich ihnen sage, was ihr beide getan habt, werden sie mir bestimmt zustimmen, dass ihr eure Strafen voll und ganz verdient habt.«
»Nein!«, rief Trixi und sah auf einmal wirklich alarmiert aus. »Bitte rufen Sie nicht unsere Eltern an!«
»Selbstverständlich werde ich das tun«, entgegnete Frau Essig-Steinmeier säuerlich. »Und bilde dir bloß nicht ein, Trixi, dass ich dich auch nur eine Minute lang allein im Zoo herumlaufen lasse. Wenn du zum Ausmisten herkommst, wird dich ständig einer unserer Pfleger begleiten, damit du keinen Unfug anstellst.«
Lilli merkte Finns Gesichtsausdruck an, dass er auf keinen Fall dieser Pfleger sein wollte.
»Mist«, stieß Trixi hervor. Sie schien endlich zu begreifen, dass ihr kein Schlupfloch blieb, durch das sie sich aus der Affäre ziehen konnte.
»Und nun zu dir, Trina«, sagte die Direktorin schroff und Trina zuckte zusammen. »Du bist hiermit fristlos entlassen.«
Trina starrte Frau Essig-Steinmeier mit offenem Mund an. »Das können Sie doch nicht machen!«
»Natürlich kann ich das. Ich hatte dich bereits nach der Sache mit Ronni verwarnt. Damals hast du mir hoch und heilig versprochen, dich zu bessern. Aber dann hast du eine Giftschlange auf drei Kinder losgelassen!« Die Direktorin schäumte vor Wut. »Glaubst du ernsthaft, dass ich dich noch länger bei uns arbeiten lassen würde? Ich hätte dich schon damals feuern sollen.«
»Aber Oberst Essig … ich …«, stammelte Trina mit Tränen in den Augen. »Ich hab es doch nicht so gemeint. Wir wollten Lilli und Jesahja nur ein bisschen ärgern.«
»Schluss jetzt!« Die Direktorin hob die Hand und starrte die Korks-Schwestern finster an. »Ihr beide geht jetzt nach Hause. Und wenn ich euch einen Rat geben darf: Erzählt euren Eltern selbst, was passiert ist, bevor ich das tue. Abmarsch!« Sie wies mit ausgestrecktem Arm zur Tür.
Trina und Trixi trollten sich mit angsterfüllten Mienen. Diesmal wandte sich keine der Schwestern zu Lilli, um ihr einen hämischen Blick zuzuwerfen.
Raubkatzen außer Rand und Band
Sobald Trixi und Trina das Reptilienhaus verlassen hatten, seufzte Lilli erleichtert auf. Am liebsten hätte sie keine der Korks-Schwestern jemals wiedergesehen, aber das war leider unmöglich. Schließlich gingen sie und Trixi in dieselbe Klasse, und ein halbes Jahr lang würde sie ihr nun auch fortwährend im Zoo begegnen. Da war weiterer Ärger vorprogrammiert.
Frau Essig-Steinmeier schnippte voller Tatendrang mit den Fingern. »So, und nun gehen wir zu Shankar und Samira. Mir nach!«
Im Gänsemarsch eilten sie zu den Raubtierkäfigen. Die Direktorin schritt voran, dann folgten Finn, Lilli und Jesahja.
Vor dem Gehege des Leoparden saßen Frau von Schmidt und Smoky. Die beiden schienen sich blendend mit Fürst Feodor zu unterhalten. Die gefleckte Raubkatze reckte die Nase in die Höhe und sprach hoheitsvoll mit den beiden kleinen Katzen. Dabei leuchteten Feodors Augen begeistert, und Lilli ahnte, dass er lange nicht mehr so glücklich gewesen war. Frau von Schmidt schwärmte immer wieder von seinen »glanzvollen Tupfen« und Smoky pflichtete ihr wortreich bei.
Der Menschentrupp ging schmunzelnd weiter. Shankar und Samira saßen aneinandergeschmiegt in Shankars Gehege. Als der Löwe und die Tigerin Lilli sahen, sprangen sie auf und liefen zum Gitter.
»Lilli, geht es dir gut?«, fragte Samira aufgeregt. Ihre goldenen Augen suchten Lilli voller Sorge nach Verletzungen ab. »Dieses merkwürdige Langtier hat dir doch nichts getan?«
»Es ist alles in Ordnung«,
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