Liliane Susewind – Tiger küssen keine Löwen (German Edition)
bestätigte die Direktorin. »Und obwohl du geflunkert hast und das eigentlich nicht in Ordnung ist, bin ich sehr froh über deinen Anruf. Jetzt steht uns nichts mehr im Weg. Wir können das Experiment wagen und die Tigerin und den Löwen in ein gemeinsames Gehege verlegen.«
Lilli jauchzte. »Wirklich? Samira und Shankar dürfen zusammen sein?« Sie lachte vor Freude laut auf. In dem Terrarium hinter Lilli wuchs ein Zweig durch ihr Lachen derartig schnell in die Höhe, dass sich der kleine Gecko, der auf ihm saß, den Kopf an der Decke des Terrariums stieß.
»Wir müssen aber noch eine wichtige Sache erledigen, bevor wir zu Samira und Shankar gehen, um ihnen die guten Neuigkeiten mitzuteilen.«
»Was für eine Sache?«, fragte Lilli, die es kaum erwarten konnte, der Tigerin und dem Löwen zu erzählen, dass nun alles gut werden würde.
Frau Essig-Steinmeiers Gesicht wurde ernst. »Ich habe ein Wörtchen mit Trina und Trixi Korks zu reden.«
Die Schwestern Korks
»Finn, ruf mit deinem Handy Trina an«, befahl Frau Essig-Steinmeier. »Sie soll auf der Stelle herkommen und ihre Schwester mitbringen.«
Finn holte sein Handy heraus und wählte Trinas Nummer. Trina nahm offenbar ab, denn gleich darauf wiederholte Finn die Anweisung der Direktorin in einem Tonfall, der keinen Widerspruch duldete.
»Und wenn sie nicht in zehn Minuten hier auftauchen, werde ich sie holen!«, sagte die Direktorin so laut, dass Finn ihre Worte nicht wiederholen musste.
Trina und Trixi benötigten keine zehn Minuten, um im Reptilienhaus zu erscheinen. Anscheinend hatten sie sich in der Nähe des Gebäudes aufgehalten, um verfolgen zu können, was geschah.
Lilli dachte voller Bitterkeit, dass die beiden wahrscheinlich darauf gehofft hatten, dass Jesahja oder sie von einem Krankenwagen abgeholt werden würden. Was Trina und Trixi getan hatten, war so böse, dass Lilli bei dem Gedanken daran tiefe Wut in sich aufsteigen spürte.
Trina und Trixi betraten das Reptilienhaus mit eingezogenen Köpfen. Die beiden wussten wohl genau, was ihnen nun blühte. Auf ihren sommersprossigen Gesichtern spiegelte sich die Furcht vor der unvermeidlichen Strafe. Doch Anzeichen von Bedauern konnte Lilli nicht erkennen.
»Trina Korks, Trixi Korks«, sagte Frau Essig-Steinmeier in eiskaltem Tonfall. »Stimmt es, dass ihr beide diese drei Kinder im Reptilienhaus eingeschlossen habt?«
Trina und Trixi blickten zu Boden. »Wir …« Trina zupfte unbehaglich an ihrem blonden Zopf.
»Raus mit der Sprache!«, donnerte die Direktorin. »Hast du das Terrarium der Königskobra geöffnet, Trina Korks? In der Absicht, diese Kinder in Lebensgefahr zu bringen?«
Trina schluckte schwer. »Sie sagen das so, als hätte ich versucht, sie umzubringen.«
Der Zeigefinger der Direktorin schnellte vor und piekste in Trinas Schulter. »Das hast du ja auch! Willst du mir etwa weismachen, du hättest nicht gewusst, dass euer widerlicher Plan diese drei Kinder hätte töten können?«
Trina biss sich auf die Lippe und murmelte etwas Unverständliches.
»Was?«
»Wir wollten sie nur ein bisschen erschrecken …«
Trixi fiel ihrer großen Schwester ins Wort. »… und ihnen klarmachen, dass sie gegen uns keine Chance haben. Wir sind nämlich schlauer als Mister Superhirn. Jetzt haben die zwei wenigstens kapiert, dass sie sich nicht mit uns anlegen dürfen.« Trixi lachte kalt, doch Trina lachte nicht mit. Stattdessen stieß sie ihre Schwester unsanft in die Seite, um sie zum Schweigen zu bringen. Im Gegensatz zu Trixi schien Trina zu verstehen, wie ernst die Sache war.
»Ihr werdet beide bestraft«, informierte Frau Essig-Steinmeier sie kühl. »Ich rufe noch heute die Polizei an, und ich bin mir sicher, dass man dort ebenfalls der Meinung sein wird, dass ihr beide eine deftige Lektion verdient habt.«
»Ich bin noch ein Kind!«, rief Trixi grinsend. »Ich bin noch nicht strafmündig.«
»Woher kennst du dieses Wort, Trixi Korks?« Der Finger der Direktorin piekste nun mehrmals in Trixis Schulter. »Hast du etwa schon häufiger etwas derartig Schlimmes getan? Und bist du bisher immer ohne Strafe davongekommen?«
Trixi zuckte scheinbar unbeteiligt mit den Schultern.
»So wie bei Captain Caruso?« Frau Essig-Steinmeier blickte zuerst Trixi und dann Finn strafend an. »Davon habe ich viel zu spät erfahren.«
Finn senkte schuldbewusst den Kopf, und die Direktorin fixierte wieder Trixi. »Gleichgültig, was die Polizei unternimmt, ich werde dich und deine Schwester
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