Lilians Verfuehrung
Unterlippe und sah durch einen Spalt im Vorhang aus dem Fenster. Der Garten, der zum Haus gehörte, war parkähnlich riesig. Falls das Wetter morgen mitspielte, würde sie Marc bitten, ihn mit ihr zu erkunden. Sie war gern draußen an der freien Natur, zu Hause in Seattle nutzte sie jede Gelegenheit , auch bei Regenwetter . Sie brauchte den Ausgleich zum Bürojob , und wenn sie nicht so schrecklich faul wäre, würde sie vielleicht sogar joggen .
Bürojob – an den hatte sie den ganzen Tag nicht gedacht . Ob man sie schon vermisste ? Unsinn, am ersten Urlaubstag ...
„Guten Abend! Das Restaurant öffnet erst in einer halben Stunde. Sind Sie neu bei uns?“
Die unbekannte Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Lilian drehte sich um und sah in die strahlendsten blauen Augen, die sie je gesehen hatte. In das schönste Gesicht, das einem Mann gehören konnte. Wie aus Stein gemeißelt, mit klaren Linien , ähnelte er einer griechischen Statue. Sie riss den Mund auf und stotterte verlegen.
„Äh ... ich warte auf meinen Betreuer , er wollte ... ich bin heute Mittag angekommen.“
Der fein geschnittene Mund verzog sich zu einem aparten Lächeln. Er war noch jung, sehr jung, und so schön, dass er durchaus eine Frau hätte sein können, wenn da nicht doch eine gewisse Herbe in seinen Zügen gewesen wäre. Sie schluckte nervös.
Himmel, was war denn in sie gefahren? Sonst ließ sie sich doch auch nicht so sehr von Äußerlichkeiten beeindrucken. Es musste an dem Ambiente liegen, und natürlich an dem, was sie den ganzen Tag lang hier gesehen und getan hatte, dass sie sich wie elektrisiert fühlte durch seinen Anblick .
„Dann sind Sie sicherlich hungrig! Ich bringe Ihnen das Menü , einen Moment.“ Er ging zu der Durchreiche und kehrte mit einer großen Karte aus Pergamentpapier zurück. Lilian atmete schwer, den wiegenden Gang seiner schmalen Hüften beobachtend. Schwul, natürlich. Er musste schwul sein, waren schöne Männer das nicht immer? Wie er sich bewegte - weich und sinnlich, aber nicht affektiert. Sie hätte ihm stundenlang zusehen können. Es lag eine Sinnlichkeit in seinen Bewegungen, die sie als ehemalige Ballettelevin berührte.
„Hallo, Claude.“ Marc runzelte die Stirn und stellte zwei Gläser mit einer klaren Flüssigkeit, von der sie hoffte, dass es Wasser war, auf den Tisch. Alkohol hatte sie für heute wahrlich genug gehabt, jedenfalls sollte sie vor dem Essen nichts mehr trinken, wenn sie halbwegs klar bei Verstand bleiben wollte.
„Schön dich zu sehen - Marc.“ Claude grinste frech und reichte Lilian die Karte. Dankbar versteckte sie sich hinter dem aufgeklappten Papier und schielte auf die zwei Männer, die sich plötzlich so seltsam benahmen. Es schien fast so, als wolle Marc sein Terrain abstecken, wie ein Hund, der sein Revier verteidigt. Sie unterdrückte ein Lächeln und vertiefte sich in die Speisekarte, die wirklich seltene kulinarische Genüsse bot.
Austern - die hatte sie noch nie gegessen und konnte sich auch nicht vorstellen, dass sie ihr schmecken würden. Aber immerhin sagte man ihnen aphrodisierende Fähigkeiten nach, ebenso wie dem Ingwer, der in Form einer Karotten-Kürbiscremesuppe angeboten wurde, und dem Spargel, den sie nicht mochte. Nicht wegen seiner Form, wie Karen immer unkte, sondern wegen der Konsistenz.
Leider knurrte ihr Magen inzwischen so laut, dass jeder um sie herum es hören musste, also durfte sie wohl nicht zu wählerisch sein und irgend etwas von der Karte nehmen.
Marc setzte sich an den Tisch und verfolgte mit seinen Blicken den schönen Kellner , der flotten Schrittes in die Küche marschierte.
„Hat er dich angebaggert?“
„Was?“ Sie sah irritiert von der Karte auf und direkt in seine warmen, braunen Augen .
„Claude - hat er dich angemacht? Er ist ein ganz schlimme r Finger, nimm dich vor ihm in A cht.“ Marc zwinkerte ihr zu.
„Nein, ganz und gar nicht. Außerdem war ich mir ziemlich sicher, dass er schwul ist?“
Marc lachte schallend und warf den Kopf in den Nacken.
„Das ist großartig“, prustete er. Er konnte sich kaum beruhigen.
„Na, bei Gelegenheit werde ich ihm das sagen. Das sollte ihm einige schlaflose Nächte bereiten.“ Jetzt blitzten seine Augen schalkhaft.
„Ich hätte nicht gedacht, dass es dieses Konkurrenzgezicke auch unter Männern gibt“, meinte Lilian lapidar und scannte die Karte nach etwas ab , das sie kannte und ganz sicher mögen würde. Zum Glück gab es auch Fleischgerichte, und so entschied sie
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