Lilientraeume
Ahnung, aber du kannst darauf wetten, dass er eine hat.«
»Ich glaube, du irrst dich.« Hope füllte die Gläser wieder auf. »Das behaupte ich, weil ich ihm wirklich ziemlich ähnlich bin. Wahrscheinlich gibt es eine Art Basisplan mit bestimmten Eckdaten und Zielvorstellungen. Doch bestimmt nichts Konkretes. Und selbst wenn er flexibel genug wäre, seine Planung zu ändern.« Sie hob eine Hand und zeigte auf den Raum, in dem sie saß. »Hab ich schließlich auch gemacht.«
»Klar, anpassen kann er sich schon.« Effizienz und Organisationstalent waren schließlich ohne diese Fähigkeit nicht denkbar. Obwohl in ihren Augen diese Mischung eine gewisse Steifheit erzeugte. »Okay, da wir die Sache gerade gedanklich durchspielen: Wäre dieser Test für mich und das Ergebnis positiv gewesen, hätte er seine Pläne mit ziemlicher Sicherheit umgestellt. Und Schritt eins wäre gewesen, mich zu heiraten.«
»Und das findest du falsch?«
»Nein! Nein, das nicht. Nur würde ich nicht bloß deshalb heiraten wollen, weil es in einer Situation das Richtige zu sein scheint.«
»Besser als etwas zu tun, von dem man von vornherein weiß, dass es falsch ist«, warf Hope lakonisch ein.
»Du weißt, was ich meine. Wenn ich heirate, muss ich es wirklich wollen. Weil ich innerlich dazu bereit, total verliebt und von dem Gedanken hingerissen bin, den Rest meines Lebens mit einem bestimmten Menschen zu verbringen.«
Hope griff in eine Schale mit rosa Pfefferminzbonbons. »Du würdest also Nein sagen.«
»Das weiß ich nicht.«
»Ich schon. Du sähest dich gezwungen, dir und allen anderen etwas zu beweisen, und ihn gehen lassen. Ihn zurückweisen und kränken.« Hope schlug ihre Beine übereinander und sah Avery über den Rand ihres Sektglases hinweg an. »Du würdest allen zeigen wollen, dass du für dich selbst sorgen kannst und dass er nicht verpflichtet ist, dich zu heiraten. Dass er zwar die Verantwortung für das Kind mit dir teilen und ein wichtiger Bestandteil seines Lebens werden soll, dir persönlich gegenüber aber keinerlei Verpflichtung hat.«
»Das klingt ein bisschen hart.«
»Nein, es entspricht den Tatsachen und klingt einfach nach dir – nach dem für dich typischen Stolz, nach deinem großen Herzen und nach den Problemen, die du immer noch mit deiner Mutter hast.«
»Hätten meine Eltern geheiratet, wenn sie nicht schwanger geworden wäre?« Avery kippte den Rest ihres Sekts hinunter. »Wohl eher nicht.«
»Sieh es mal anders. Wäre das mit der Schwangerschaft nicht passiert, würdest du jetzt nicht hier sitzen und dir diese Fragen stellen. Die Sache hat also auch einen durchaus positiven Aspekt.«
»Wie kann man nur so praktisch und logisch denken?«
»Glaub mir, es hilft. Meistens zumindest. Hör zu, ich stand selbst erst vor Kurzem vor einer schwierigen Entscheidung. Ob ich herkommen sollte oder nicht. Ich musste in den letzten Monaten viel darüber nachdenken und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich mich richtig entschieden habe, denn ich fühle mich hier sehr glücklich. Glücklicher sogar als in meiner besten Zeit mit Jonathan. Im Nachhinein sieht manches anders aus, das sollte man immer bedenken. Und zur Not eingefahrene Denkweisen und Überzeugungen über Bord werfen.«
Avery dachte kurz nach. »Ich versteh, was du damit sagen willst, aber vergleichen lässt es sich nicht. Der Kerl war ein Idiot, den du einfach abschießen musstest.«
»Ja, nur dachte ich sehr lange, er sei mein Idiot.« Hope stieß lachend mit ihr an und fügte nach einem Blick auf ihre Uhr hinzu: »Wir sollten langsam anfangen, das Büfett aufzubauen.«
Kaum hatten sie damit begonnen, als Clare an die Foyertür klopfte. »Tut mir leid, ich bin ein bisschen früh dran. Ich musste die Jungs zum neuen Haus bringen, weil Beckett und seine Brüder sich allen Ernstes einbilden, sie könnten sich dort nützlich machen. Gott steh ihnen bei.« Sie stutzte und schaute sich um. »Aber hallo, diese Blumenpracht! Das ist ja ein Traum.«
»Wenn du jetzt schon hin und weg bist, komm erst mal in den Speisesaal. Vielleicht solltest du vorher den Mantel ausziehen. Gib her. Wir haben für deine Gäste einen eigenen Garderobenständer dort hinten aufgestellt. Wie fühlst du dich übrigens? Du kannst ganz offen reden, denn außer Hope und mir ist bisher noch niemand da.«
»Gut.« Lachend schüttelte sie ihre sonnenhellen Haare. »Okay, morgens ist es nicht so toll. Doch wenn ich mich übergeben muss, sag ich mir immer, dass Beck und ich ein
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