Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lilith Parker: Insel Der Schatten

Lilith Parker: Insel Der Schatten

Titel: Lilith Parker: Insel Der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Wilk
Vom Netzwerk:
sog überrascht die Luft ein. Sie hatte noch nie erlebt, dass sich eine Spinne so verhalten hatte! Normalerweise flohen diese Tiere vor einem Menschen. Was nun geschah, war noch weit merkwürdiger: Die Spinne ließ nacheinander ihre Beine auf- und abhüpfen, so als ob sie auf der Stelle tanzen würde. Ein angenehmes Kitzeln durchströmte Lilith und ließ sie auflachen. Prompt musste sie daran denken, wie Emma und sie sich an Liliths erstem Schultag Miss Tinkelton als Riesenspinne beim Yoga vorgestellt hatten. Lilith hob ihre Hand, sodass sie die Spinne direkt vor Augen hatte.

    »Man könnte meinen, du willst mich aufmuntern!«, raunte sie der Spinne lächelnd zu. »Wenn du nicht so behaarte Beine hättest, würde ich dich als Haustier behalten!«
    Mit der Spinne in der Hand lief Lilith zum Fenster, öffnete es und setzte sie auf die Fensterbank. Bereitwillig marschierte sie los und seilte sich – von ihrem unsichtbaren Faden gehalten – nach unten in den Garten ab. Lilith sah ihr so lange hinterher, bis sie sie schließlich aus den Augen verlor.
    Erst am späten Abend trieb Lilith der Hunger nach unten in die Küche. Als sie ihre Tante alleine beim Geschirrspülen vorfand, atmete sie erleichtert auf. Mildred hatte ihre blonden langen Haare im Nacken zusammengebunden und ihre Hände steckten in rot geblümten Handschuhen. Begleitet vom Rasseln des Bestecks und dem Plätschern des Spülwassers summte sie eine leise Melodie. Lilith bot sogleich an, ihr zu helfen, doch Mildred lehnte mit einem dankbaren Lächeln ab.
    »Lieb von dir, aber ich bin fast fertig. Es ist nur noch das Teegeschirr von heute Mittag übrig. Wenn du Hunger hast, kannst du dir ein Stück Kuchen aus dem Kühlschrank nehmen. Elia fand ihn übrigens vorzüglich«, setzte sie sichtlich erfreut hinzu.
    »Bin ich froh, dass der weg ist«, murmelte Lilith.
    Mildred sah erstaunt auf. »Wen meinst du denn?«
    »Diesen Nekrobas natürlich.« Lilith öffnete die Kühlschranktür und holte sich das letzte Kuchenstück heraus. »Er war irgendwie unheimlich, findest du nicht?«

    »Elia? Unheimlich?« Mildred lachte auf. »Blödsinn, Lilith, das bildest du dir nur ein. Wenn du ihn besser kennengelernt hast, wirst du feststellen, dass er ein sehr sympathischer und zuvorkommender junger Mann ist.«
    »Wenn ich ihn näher kennengelernt habe?«, wiederholte Lilith. »Heißt das, er kommt öfters hierher?«
    »Er wohnt für einige Tage bei uns«, informierte Mildred sie. »Elia möchte sich die Insel ansehen und da habe ich ihm eines unserer Zimmer angeboten. Er hat sich sehr über unsere Gastfreundschaft gefreut und sie dankend angenommen.«
    Lilith erbleichte. Bei dem Gedanken, mit Nekrobas unter einem Dach zu wohnen, krampfte sich ihr Magen schmerzhaft zusammen. Sie stocherte lustlos in ihrem Kuchenstück herum.
    »Dann ist er wohl ein Bekannter von dir?«, griff sie das Thema schließlich wieder auf.
    Mildred sah verwirrt auf. »Wer?«
    »Na, dieser Nekrobas. Ich hatte den Eindruck, ihr seid von seinem Besuch ganz begeistert.«
    Mildred hielt einen Moment lang inne und runzelte die Stirn. In ihre Augen trat wieder ein seltsam entrückter Ausdruck.
    »Nein, ich habe ihn noch nie zuvor gesehen.«
    »Und dann lässt du ihn hier wohnen?«, entfuhr es Lilith ungläubig. »Du weißt doch überhaupt nichts über ihn! Er könnte ein Dieb oder ein Mörder sein.«

    Diesem Mann traute Lilith alles zu. Sie konnte ihre Tante einfach nicht verstehen – wie kam Mildred nur dazu, diesem Unbekannten Unterschlupf zu gewähren? Dabei hatte Lilith selbst erlebt, wie abweisend und misstrauisch man in Bonesdale jedem noch so freundlich gesinnten Fremden begegnete.
    Mildred unterbrach ihre Arbeit, um ihrer Nichte einen strengen Blick zuzuwerfen. »Was soll denn das, Lilith? Wir alle finden Elia sehr nett und freuen uns, dass er bei uns wohnt – nur du musst an ihm herummeckern.« Sie beförderte einen frisch gespülten Teller scheppernd in die Ablage. »Ich erwarte von dir, dass du dich ihm gegenüber höflich und anständig verhältst, hast du das verstanden? Und jetzt ist Schluss mit diesem Thema!«
    Lilith klappte erstaunt den Mund zu. Würde sie sich eigentlich nie mit ihrer Tante unterhalten können, ohne dass es in einem Streit endete?
    Lilith ließ den Kuchen stehen und ging ohne ein weiteres Wort zurück in ihr Zimmer. Der Appetit war ihr gründlich vergangen.
    »Lilith, warte mal!«
    Matt bahnte sich einen Weg durch die aus den Klassenzimmern herausströmenden

Weitere Kostenlose Bücher