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Lilly Höschen (01): Walpurgismord

Lilly Höschen (01): Walpurgismord

Titel: Lilly Höschen (01): Walpurgismord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Exner
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denke, du wirst mir irgendwann vielleicht dankbar sein, wenn du es nicht weißt.«
    »Ich liebe Marie. Bitte sag mir, wo sie ist.«
    »Nun, du bist hartnäckig. Ich sag dir nur eines: Sie ist da, wo Hexen hingehören. Und um Mitternacht regelt sich alles von selbst.«
    Jetzt wurde Amadeus laut:
    »Bist du von allen guten Geistern verlassen? Sie hat dir nichts getan! Und ich habe dir auch nichts getan. Sag mir, wo Marie ist!«
    »Aber, aber. Wer wird sich denn so ereifern? Ich hatte auch niemandem etwas getan. Und trotzdem wurde ich von allen beschissen. Meine Frau treibt es mit meinem besten Freund. Und plötzlich habe ich keinen Sohn mehr.«
    Georgs Ton war jetzt nicht mehr gespielt freundlich wie am Anfang, sondern bitter. Und Amadeus hatte sich wieder etwas beruhigt und sagte leise:
    »Du warst immer mein Vater. Ob du mich gezeugt hast oder nicht. Ich wollte nie einen anderen Vater haben.«
    »Hast du aber. Und du scheinst dich ja blendend mit ihm zu verstehen. Blut ist offenbar dicker als Wasser.«
    »Aber das ist doch nicht meine Schuld. Bitte sag mir, wo Marie ist. Lebt sie noch? Was hast du ihr angetan?«
    Amadeus‘ Stimme war gebrochen. Er kämpfte mit den Tränen, während Georg wieder seinen ironischen Ton anschlug:
    »Benimm dich nicht wie eine Memme. Und jetzt lass mich in Ruhe. Ich habe keine Lust mehr, mit dir zu reden. Ich bin erschöpft. Hau ab, geh mir aus den Augen.«
    Den letzten Satz hatte er mit einer wegwerfenden Handbewegung unterstrichen. Jetzt sprang Amadeus auf und stürzte sich über den Tisch, um Georg zu greifen.
    Dieser konnte ausweichen. Schneider hielt Amadeus von hinten fest und zog ihn mit den Worten weg: »Es hat keinen Sinn. Wir gehen jetzt raus.«
    Tief erschüttert betraten Amadeus und Kommissar Schneider den Flur. Gisela Berger ging mit ihm in ihr Büro, während sich Schneider kurz mit dem Staatsanwalt beriet. Sie beschlossen, wieder in den Verhörraum zu gehen und Georg Besserdich zu bearbeiten. In Giselas Büro brach Amadeus schließlich zusammen. Georg Besserdich sagte kein Wort mehr. Der Kommissar und der Staatsanwalt redeten auf ihn ein, der eine mit Engelszungen, der andere mit Drohungen. Georg schwieg.
    Es war mittlerweile 19 Uhr. Schneider war es gelungen, seine gesamte Mannschaft trotz des Walpurgiswochenendes zu mobilisieren. Zusammen mit dem Staatsanwalt und dem Polizeidirektor saßen alle im Konferenzraum, um zu beratschlagen.
    »Es bleiben uns noch fünf Stunden«, sagte Schneider. »Wenn ich die Anspielungen von Georg Besserdich richtig deute, dann hat er sie in seiner Gewalt. Und sie wird um Mitternacht sterben. Wir kennen ja den Brauch, dass um Mitternacht eine Strohhexe verbrannt wird. Wenn er es wirklich ernst meint, dann könnte das heute mit einem lebendigen Menschen geschehen.«
    »Könnte es nicht sein, dass er nur spinnt, um sich wichtig zu machen?«, fragte ein Mitarbeiter.
    »Genau das hoffe ich«, antwortete Schneider. »Aber wir müssen davon ausgehen, dass er es ernst meint.«
    »Warum wird er nicht weiter vernommen?«, wollte ein anderer wissen.
    »Im Moment sind eine Beamtin und ein Psychologe bei ihm. Sie bearbeiten ihn so gut es geht. Aber er sitzt nur da und schweigt.«
    Der Staatsanwalt haute auf den Tisch und rief:
    »Verdammt noch mal! Vielleicht wäre es besser, ich ginge in den Vernehmungsraum. Ob die freundliche Beamtin und der Psychofritze irgendetwas aus diesem sturen Bock herauskriegen, das möchte ich bezweifeln. Und die Zeit läuft uns davon. Ich will nicht noch eine Tote.«
    »Herr Huber«, sagte Kommissar Schneider in seiner besonnenen Art, »ich weiß, dass die Zeit rennt. Aber wenn irgendjemand etwas bei diesem Mann erreichen kann, dann ist es der Psychologe. Weder Sie noch ich werden im Moment etwas ausrichten. Bei uns blockt er völlig ab. Deshalb lassen Sie uns jetzt den Kopf zusammennehmen und überlegen, wo wir Marie suchen können. Wo kann er sie hingebracht haben?«
    Gisela meldete sich zu Wort. Mit ernster Miene las sie vor, was Georg Besserdich zu Amadeus gesagt hatte:
    » Sie ist da, wo Hexen hingehören. Und um Mitternacht regelt sich alles von selbst. Diesen Ort müssen wir finden. Also, wo gehören Hexen hin?«
    Mehrere Kollegen riefen durcheinander: In die Hölle, zum Teufel, auf den Brocken, Hexentanzplatz. Hexen fliegen durch die Luft.
    »Das ist doch schon mal ein Anfang«, sagte Schneider. »Nun lassen Sie uns mal überlegen. Marie arbeitete letzte Nacht in Wernigerode. Sie wurde zuletzt gegen vier Uhr gesehen.

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