Lilly Höschen (01): Walpurgismord
sein Erzeuger um ihn. Alles ist wunderbar. Er führt ein Leben wie Gott in Frankreich.«
»Gut, lassen wir das fürs erste.«
Die Tür wurde von außen geöffnet und ein Beamter kam herein, um Schneider etwas ins Ohr zu flüstern. Dieser schaute besorgt und verwundert drein und sagte:
»Gisela, gehen Sie doch bitte mit dem Kollegen mit und informieren Sie sich genau, was da los ist. Ich möchte jetzt nicht hier weg. Wenn es wirklich unbedingt nötig ist, dann holen Sie mich.«
Der Kollege führte Gisela in ein Besprechungszimmer, in dem sich Amadeus aufhielt.
»Hallo. Was machen Sie denn hier?«
»Marie ist verschwunden.«
»Was heißt verschwunden?«
»Sie hat heute Nacht im Hotel in Wernigerode gearbeitet. Ihr Dienst sollte um 7 Uhr enden. Aber als die ersten Kollegen um 6 Uhr an die Rezeption kamen, wo sie Dienst hatte, war sie nicht mehr da. Es hat sich niemand etwas dabei gedacht. Es hätte ja sein können, dass sie irgendwo im Haus etwas zu erledigen hatte. Als sie dann überhaupt nicht mehr aufgetaucht ist, hat man sich natürlich gewundert. Und vor einer Stunde hat man entdeckt, dass ihr Auto noch auf dem Parkplatz steht. Da hat eine Kollegin bei Maries Eltern angerufen. Und die haben bei mir angerufen. Ich war gerade in Goslar, und deshalb bin ich gleich vorbeigekommen. Ich mache mir Sorgen. Es ist nicht ihre Art, sich nicht zu melden.«
»Vielleicht ist ihr Auto kaputt. Oder Sie hat einen Termin in Wernigerode.«
»Es ist jetzt 16 Uhr. Sie hatte um 7 Uhr Dienstende. Was soll sie denn den ganzen Tag gemacht haben? Noch dazu, ohne ihren Eltern oder mir Bescheid zu sagen?«
»Etwas anderes: Ich habe schon versucht, Sie zu erreichen. Wir haben Georg Besserdich festgenommen.«
»Was?!«, rief Amadeus und bekam den Mund nicht mehr zu.
»Wo ist er?«
»Ein paar Zimmer weiter. Er wird gerade verhört.«
»Könnte es sein, dass er etwas mit Maries Verschwinden zu tun hat?«
»Lassen Sie mich überlegen. In welchem Hotel arbeitet Marie? Haben Sie die Nummer?«
Gisela nahm das Telefon, und Amadeus diktierte ihr die Nummer. Es wurde sofort abgenommen.
»Kriminalpolizei Goslar, Berger, guten Tag.«
»Guten Tag.«
»Ich müsste wissen, ob bei Ihnen ein Hermann Rehm wohnt.«
Die Dame am anderen Ende der Leitung war etwas verdattert und sagte: »Oh, ich weiß nicht, ob ich Ihnen da so einfach Auskunft geben darf.«
»Sie dürfen nicht nur, Sie müssen. Es ist sehr wichtig.«
»Moment bitte, ich schau im Computer nach. Ja, der ist hier seit zwei Wochen.«
»Eine andere Frage: Hat sich Marie Schindler inzwischen bei Ihnen gemeldet?«
»Nein. Ich bin heute morgen gegen 7 Uhr gekommen und habe sie den ganzen Tag nicht gesehen.«
»Falls Sie sich bei Ihnen meldet oder Ihnen einfällt, wo sie sich aufhalten könnte, bitte ich Sie, mich sofort anzurufen.«
»Ich habe aber gleich Dienstschluss.«
»Dann geben Sie diese Information bitte an Ihre Kollegen weiter und auch an Ihre Direktion. Meine Telefonnummer sehen Sie auf dem Display.«
»Selbstverständlich.«
»Vielen Dank.«
Gisela legte auf.
»Und?«, sagte Amadeus und sah Gisela fragend an.
»Er wohnt tatsächlich in dem Hotel.«
Jetzt wurde Amadeus blass im Gesicht.
»Ich gehe in den Vernehmungsraum; Sie warten bitte hier«, sagte Gisela und stürmte davon, bevor Amadeus etwas sagen konnte.
Er wusste auch gar nicht, was er sagen sollte. Plötzlich fühlte er sich leer, hilflos, ausgelaugt. Was, wenn Georg Besserdich Marie wirklich etwas angetan hatte? Plötzlich stieg Wut in ihm auf. Er wäre am liebsten in den Vernehmungsraum gelaufen und hätte es aus Georg rausgeschüttelt.
Eine Minute später kam Gisela zurück und im Schlepptau hatte sie Kommissar Schneider und den Staatsanwalt.
»Ich hoffe, Sie haben eine gute Erklärung, dass Sie uns mitten aus dieser wichtigen Vernehmung holen«, sagte der Staatsanwalt.
»Die habe ich«, war Giselas Antwort und erklärte im Beisein von Amadeus ihre Vermutung. Der Staatsanwalt konnte es nicht fassen und sagte mit fragendem Gesicht:
»Das Schwein hat sich also in dem Hotel, wo Marie arbeitet, eingemietet, sie ausspioniert und dann irgendetwas mit ihr angestellt?«
»Genau das ist meine Befürchtung«, antwortete Gisela.
Jetzt verlor Amadeus die Fassung und brüllte heraus: »Lassen Sie mich mit ihm reden. Ich hole es schon aus ihm raus.«
Schneider legte beschwichtigend seine Hand auf Amadeus‘ Arm und sagte:
»Zorn ist ein schlechter Ratgeber. Ich gehe jetzt wieder rein und versuche es.
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